Dachau:"Einer muss den Anfang machen"

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Der Vorsitzende des Kunstkreises Dieter Kleiber-Wurm. (Foto: Jørgensen)

Wie der Karlsfelder Kunstkreis gegründet wurde

interview Von Bärbel Schäfer

Seit seiner Gründung im Mai 1977 hat sich der Karlsfelder Kunstkreis zu einem wichtigen Bestandteil im kulturellen Leben der Gemeinde und des Landkreises entwickelt. Der Motor ist sein Gründer Dieter Kleiber-Wurm. Dass der Kunstkreis mittlerweile im Jahr sechs Ausstellungen durchführt und viele Kontakte zu überregionalen Künstlern pflegt, ist auch dem Einzug in die eigenen Galerieräume am Drosselanger vor 20 Jahren zu verdanken. Dort feierte der Kunstkreis kürzlich gemeinsam mit der Gemeinde das Jubiläum der Ausstellungstätigkeit. Für den Vorsitzenden Dieter Kleiber-Wurm war die Galerie der Durchbruch für die Kunst in Karlsfeld.

SZ: Der Kunstkreis Karlsfeld ist neben der KVD in Dachau heute der größte Verein bildender Künstler im Landkreis. Er war aber nicht immer so stark wie heute. Was bedeutete 1996 der Einzug in eine eigene Galerie?

Kleiber-Wurm: Mitte der Neunzigerjahre hatten wir 14 Mitglieder und schon lange Wanderjahre im Rathaus, im Foyer des Bügerhauses und in der Sparkasse hinter uns. Was Räume und Dauer der Ausstellungen anlangt, mussten wir immer Zugeständnisse machen. Der Verein hatte schon seit Längerem keine neuen Mitglieder mehr gewinnen können und das Bürgerhaus war als Ausstellungsort nicht mehr attraktiv genug. Uns war klar, dass es so nicht weitergehen konnte. 1995 standen wir vor der Frage, ob wir uns auflösen sollen.

Der Kunstkreis hat sich dann doch nicht aufgelöst. Woran lag das?

Ich saß 1994 für die SPD im Gemeinderat und Bürgermeister Fritz Nustede zeigte mir die Pläne für das Lärmschutzgebäude am Drosselanger. Das Planungsbüro hatte "Galerie" daneben geschrieben. Die Idee war geboren und der Gemeinderat stimmte bald zu. Der Ausbau der Räume folgte rasch, denn am 6. März fanden Kommunalwahlen statt und die Galerie war als Wahllokal vorgesehen. Das war für uns ideal. Wir haben unsere Bilder aufgehängt und uns gefreut, dass viele Leute, um zur Wahl zu gehen, die neue Kunstwerkstatt besuchen mussten.

Der Kunstkreis hat bald einen Aufschwung erlebt?

Wir sollten uns eigentlich die Räume mit dem Vivaldi-Orchester teilen. Doch nach einigen Proben stellte die Leiterin Monika Fuchs-Warmhold fest, dass sich die Akustik nicht eignet. Das war für uns ein Glück, denn seitdem nutzen wir die Galeriekunstwerkstatt alleine und können mehrere Ausstellungen im Jahr machen. Mittlerweile sind es durchschnittlich sechs. Aktuell haben wir 27 Mitglieder und heuer mit Aysim Woltmann die 109. Ausstellung.

Das ist beachtlich. Sie machen auch noch Ausstellungen außerhalb der eigenen Galerie?

Das erste große Projekt war die Ausstellung "Seh am See" 1986. Seitdem findet sie alle zwei Jahre am Karlsfelder See statt. Karlsfelder Künstler und Gastaussteller aus ganz Deutschland, der Schweiz, Österreich, Belgien und Frankreich beteiligen sich daran. Wir kooperieren auch mit der Malschule von Zita B. Riedl und seit mehr als 15 Jahren mit der Korneliuskirche. Seit 2000 finden in der Kirche und im Innenhof weit beachtete Ausstellungen zu geistlichen und gesellschaftskritischen Themen statt. Zuletzt "Miteinander" im vergangenen Jahr.

Die Freilichtausstellung "Seh am See" ist ein Alleinstellungsmerkmal des Kunstkreises. Warum gibt es seit 30 Jahren keine Nachahmer?

Wir finden das auch sehr bedauerlich, vor allem, weil wir auch mit Künstlern anderer Kunstkreise der Region zusammenarbeiten. Frido Niepmann und andere Olchinger Künstler beteiligen sich regelmäßig an der "Seh am See". Es wäre schön, wenn sich am Olchinger See auch so etwas entwickeln würde. Aber da fehlt der Funke.

Was waren die Highlights in 20 Jahren Ausstellungen am Drosselanger?

Die Gedenkausstellung an Franz Grau 1998, zwei Jahre später die Ausstellung mit Lackbildern des Designers Walter Maurer und im Herbst 2014 der Zeitzeuge Max Mannheim er, der ein anerkannter Maler ist und seine Bilder mit ben jakov signiert .

Sie sind streng bei der Aufnahme?

Ja, wir sind kritisch. Wir vertreten ja viele unterschiedliche Richtungen und haben eine abwechslungsreiche Linie, die in die Moderne geht, was immer das heißt. Manfred Schmölz ist die einzige Ausnahme. Bei seiner Bewerbung waren wir von seinen großen Aquarellen begeistert. Unsere Mitglieder konzentrieren sich auf Malerei, Bildhauerei, Zeichnung, Grafik und Fotografie. Auch Schmuck und Kunst aus Glas haben wir schon ausgestellt. Nur im Bereich Videokunst hatten wir noch nie eine Bewerbung. Das liegt vermutlich am Alter unserer Mitglieder. Bei Neuaufnahmen wird das Augenmerk auf einen eigenen, durchgängigen Stil gelegt. Andernfalls verweisen wir einen Bewerber gerne an die Freie Malgruppe. In 20 Jahren haben wir rund 20 Bewerbungen abgelehnt.

Nächstes Jahr wird der Kunstkreis Karlsfeld 40. Wie geht es weiter?

Zunächst einmal haben wir heuer noch ein spannendes Ausstellungsjahr mit ruhigen Bildern von Hans-Peter Opheiden, Arbeiten von Klaus-Peter Kühne und aus dem Malstudio von Zita B. Riedl. Im Herbst stellt Rodrigue Towanou aus Benin aus. Darauf freue ich mich besonders, weil er modern malt mit ganz leichtem afrikanischem Einfluss. Keine Folklore. Am 16. und 17. Juli feiern wir 30 Jahre "Seh am See". Zu unserem 40-jährigen Bestehen im nächsten Jahr haben wir einen Festausschuss gebildet. Das Jubiläum am 13. Mai 2017 fällt auf einen Samstag und vielleicht gibt es ja eine schöne Geburtstagskunstparty.

Was bedeutet für Sie persönlich der Kunstkreis Karlsfeld?

Am Freitag, dem 13. Mai 1977, habe ich zusammen mit Wolfgang Seehaus, Klaus Herbrich, Anita Neuhaus, Achim Pabst, Ottilie Patzelt und den mittlerweile verstorbenen Rainer Burghardt, Edeltraut Klapproth und Hans Märkl im Alten Rathaus den Kunstkreis Karlsfeld gegründet. "Einer muss den Anfang machen", schrieb ich damals in die Einladung. Als gelernter Werbekaufmann habe ich 13 Jahre lang bei Krauss-Maffei die monatlichen Kunstausstellungen organisiert und kannte schon damals viele Künstler. Seit der Gründung bin ich ununterbrochen erster Vorsitzender. Selbst sehe ich mich nicht als Künstler, allenfalls als ein Gestalter. Je nach Situation versuche ich Gedanken zu gestalten. Ich freue mich, dass die Gruppe zusammenhält.

Haben Sie je ans Aufhören gedacht?

Nein. So lange mich die anderen wollen und es gesundheitlich geht, macht es mir große Freude, den Kunstkreis zu leiten.

© SZ vom 07.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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