Dachau:Ein geschliffenes Juwel

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Sechs Jahre Bauzeit, fast 30 Millionen Euro Kosten: Die Generalsanierung des Klosters Indersdorf ist so gut wie abgeschlossen. Für die Realschule Vinzenz von Paul bricht eine neue Ära an. Rektor Anton Wagatha zieht zufrieden Bilanz - in fünf Monaten verabschiedet er sich in den Ruhestand

Von Robert Stocker

Die Südwestfassade an der Maroldstraße ist noch eingerüstet, ebenso wie das Schiff und die Türme der Klosterkirche. Im Kreuzgang frischt eine Restauratorin die Bemalung des Deckengewölbes auf, Arbeiter werkeln in den Gängen und Räumen des Verwaltungstrakts. Es sind die letzten Arbeiten an einem Großprojekt, das 2011 begonnen hat und jetzt kurz vor der Vollendung steht: die Generalinstandsetzung des Klosters Indersdorf, in dem die kirchliche Realschule Vinzenz von Paul untergebracht ist. Anton Wagatha sitzt in seinem Büro und atmet tief durch: "Jetzt bin ich froh, wenn es zu Ende ist." Der Stress in den vergangenen Jahren hat ihn ein bisschen mitgenommen. In fünf Monaten liegt er endgültig hinter ihm. Dann verabschiedet sich der 66-jährige Rektor in den Ruhestand. Ein Jahr hat er ohnehin drangehängt. "Ich wollte das Projekt als Schulleiter noch zu Ende bringen." Jetzt ist das Werk so gut wie vollbracht. Der Abschluss der umfassenden Klostersanierung wird am Freitag, 28. April, mit einem Gottesdienst und einem Festakt gefeiert.

Sechs Jahre dauerte die Generalsanierung. Das Projekt wurde in drei Bauabschnitte unterteilt, die jeweils zwei Jahre in Anspruch nahmen. Die Arbeiten begannen an der Südost-Seite, dann kam der Nordwest-Flügel dran. Der letzte Bauabschnitt war der Südwest-Trakt des Klosters, an dem sich der Eingang zur Kirche befindet. Fast 30 Millionen Euro wurden verbaut. Den Löwenanteil davon finanziert die Erzdiözese München und Freising, die auch Träger der kirchlichen Realschule ist. Maximal knapp sieben Millionen Euro steuert der Landkreis als Investitionskostenzuschuss bei. Ein Aufwand, der für Anton Wagatha gerechtfertigt ist. Das Kloster sei ein barockes Juwel und identitätsstiftend für Markt Indersdorf. Die Geschichte des Ortes ist untrennbar mit dem Augustiner Chorherrenstift verbunden. Das Stift war eine Keimzelle für die Gemeinde. "Die Menschen bekamen durch das Kloster Arbeit und Brot", so Wagatha. Und von den Chorherren ein bisschen Bildung.

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(Foto: Toni Heigl)

Bei den Bauarbeiten für die Generalsanierung wurde ein großes Fresko entdeckt, das vermutlich aus dem 15. Jahrhundert stammt.

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(Foto: Toni Heigl)

Rektor Anton Wagatha kehrt bald in sein angestammtes Büro zurück.

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(Foto: Toni Heigl)

Gänge und Räume wurden nach oben hin geöffnet, das heißt endlich auch mehr Licht.

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(Foto: Toni Heigl)

Das Deckengewölbe der Brauerei ist frisch gestrichen.

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(Foto: Toni Heigl)

Der Biergarten könnte im Frühjahr 2018 öffnen.

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(Foto: Toni Heigl)

Fast fertig mit der Renovierung: das Kloster Indersdorf.

Der Rektor war in die Planung der Generalsanierung voll eingebunden. "Ohne meine Zustimmung passierte nichts", sagt Wagatha. Klar - die Arbeiten mussten mit dem Schulbetrieb abgestimmt werden. Wenn ein Bauabschnitt beendet war, konnte die Schule diesen Gebäudeteil wieder nutzen. Schüler und Lehrer mussten flexibel sein. Das galt auch für Rektor Wagatha. Dreimal ist er während der Bauarbeiten mit seinem Büro umgezogen. Bald kehrt er in sein angestammtes Domizil zurück, das sich im ersten Stock des Verwaltungstrakts im Südwest-Flügel des Klosters befindet. "Hier begann meine Odyssee", sagt er. Dort wird er die letzten fünf Monate seiner Amtszeit verbringen.

Der Verwaltungstrakt ist für Wagatha das Highlight des Umbaus. Zwischenmauern und Decken wurden herausgenommen, Gänge und Räume nach oben geöffnet. So kann in das Gebäude viel Licht eindringen, es ist hell und wirkt großzügig. Das gilt auch für das Sekretariat neben Wagathas Büro, das über ein besonderes Schmuckstück verfügt: eine kostbare Holztür aus dem 17. Jahrhundert. Sie ist noch in eine dicke Schutzfolie eingehüllt und führt in einen kleinen Nebenraum des Sekretariats, der künftig als Archiv dienen soll.

Vom Erdgeschoss des Südwest-Flügels fährt künftig ein behindertengerechter Aufzug ganz nach oben. An dieser Stelle, erzählt Wagatha, habe sich ein Geheimgang der Chorherren befunden. Er führte zum Barocksaal des Klosters, in dem die Chorherren mit Abgesandten hoher Häuser verhandelten. In dem Geheimgang wurden die Gespräche der Emissäre belauscht, die sie untereinander vor den Verhandlungen führten. So waren die Hausherren gut präpariert. Die ehemalige Klosterpforte an der Maroldstraße dient künftig als Unterrichtsraum für textile Gestaltung. Die Chorherren nutzten ihn einst als Pferdestall. Eine Zwischenmauer wurde abgebrochen. In dem Raum steht eine zentrale Säule, die in das Deckengewölbe übergeht. Sie wurde aufwendig restauriert. Spezialisten sind gerade damit beschäftigt, das originale Dekor am Gewölbe des Kreuzgangs zu restaurieren. Von hier aus blickt man in den Innenhof, der ebenfalls ein neues Gesicht erhält. Ein gepflasterter Weg umrandet jetzt das Karree. Der Hof wird neu bepflanzt und mit Sitzgelegenheiten ausgestattet. Schüler können dort ihr Essen verzehren. Um mehr Platz im Hof zu schaffen, wurde ein Toilettenanbau aus dem 19. Jahrhundert weggerissen. Vom Kreuzgang führen jetzt Durchgangstüren in den Innenhof.

Natürlich achteten der Hausherr und die Denkmalschützer darauf, dass wertvolle Relikte erhalten blieben. So wie das kunstvolle Eisengitter, das einst am Hochgrab von Pfalzgraf Otto IV. in der Klosterkirche befestigt war. Seit dem 17. Jahrhundert steht es am Abgang zur Rosenkranzkapelle im heutigen Verwaltungstrakt. Auch ein frei gelegtes Fresko im ersten Stock, das vermutlich aus dem 15. Jahrhundert stammt, blieb unversehrt. Die erhaltenen Fragmente zeigen eine Ölbergszene. Das Kunstwerk soll hinter eine Glasscheibe kommen. Ein kleiner Torbogen im Nordwest-Trakt liegt bereits hinter Glas. Er ist mit der Wittelsbacher Raute bemalt und wurde bei den Arbeiten für den zweiten Bauabschnitt entdeckt. Der Bogen war der Zugang zu einem Längsbau, der abgerissen worden ist. Denkmalpflege und Brandschutz konkurrierten miteinander. Die Experten auf beiden Seiten führten manchmal einen heißen Disput, wie beides zu vereinbaren ist. Brandschutztüren wurden eingezogen, eine Brandschutztreppe führt über ein Dach des Innenhofs. Im gesamten Gebäude gebe es zwei Fluchtwege, sagt Wagatha.

Auf das "schönste Lehrerzimmer der Welt" ist der Rektor besonders stolz. Einst diente der Raum den Chorherren als Oratorium. Er ist mehrere Meter hoch; die Decke wurde entfernt und der Dachstuhl freigelegt. Eine Wendeltreppe führt zu einem offenen Raum hinauf, in dem sich zwölf Computer-Arbeitsplätze für Lehrkräfte befinden. Von dort blickt man auf das Lehrerzimmer hinab. Für die Planungen der gesamten Sanierung zeichnet der Münchner Architekt Roland Jesse verantwortlich. Aus Sicht von Wagatha hat er einen sehr guten Job gemacht. "Wir haben jetzt viel Licht und Bewegungsfreiheit. Die Kinder werden sich hier wohl fühlen."

© SZ vom 11.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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