Theater in Dachau:Die Jagd nach dem sprechenden Kaninchen

Lesezeit: 3 min

Der ASV Dachau bringt den Kinderbuchklassiker "Alice im Wunderland" auf die Jugendbühne. Das Szenenbild ist so aufwendig wie noch nie

Von Franziska Hofmann, Dachau

Sie ist fleißig in der Schule und träumt manchmal vor sich hin. Ihr Leben ist komplett normal und langweilig, bis sie ein sprechendes Kaninchen mit einer Taschenuhr sieht und ihm in eine unterirdische Abenteuerwelt folgt. Die Jugendbühne des Theaters am Stadtwald in Dachau hat sich für seine Aufführung dieses Jahr ein Meisterwerk ausgesucht: das Märchen "Alice im Wunderland" von Lewis Carroll aus dem Jahr 1865. Der Klassiker der fantastischen Literatur ist nicht leicht umzusetzen, doch die Jugendbühne schaffte dies mit Bravour, wie die Premiere am Samstag zeigte.

Regisseur Bernhard Vieregg hatte den Kinderroman gelesen und wollte ihn dann unbedingt auf die Bühne bringen. Nachdem die Laiengruppe in den vergangenen Jahren "Peterchens Mondfahrt", "Hänsel und Gretel" und "Pinocchio" gespielt hat, sei es "jetzt mal wieder an der Zeit gewesen, eine weibliche Hauptrolle zu schaffen", sagt Vieregg. Da kam ihm Alice wie gerufen. "Die Geschichte ist so schön schräg." Kein Wunder: Das kleine Mädchen folgt einem sprechenden Kaninchen in seinen Bau unter einer Baumwurzel und fällt in ein Wunderland. Mit Getränken, die schrumpfen und Kuchen, die wachsen lassen, schafft sie es durch eine Tür, in der sie ein Abenteuer jenseits der Realität erwartet. Da sind sprechende Kaninchen noch das kleinere Übel.

Die Hauptrolle in dem Klassiker spielt Delia Layouni. Die Achtjährige steht fast durchgehend auf der Bühne und hat mit Abstand den meisten Text vorzutragen - was sie sehr gut meistert. "Ich bin sehr stolz", verriet sie nach der Vorstellung. Vieregg suchte sich die kleine Schauspielerin mit den braunen Locken aus, weil er von ihr am meisten erwartete. "Ich wusste, dass Alice von einer der jüngeren gespielt werden sollte und Delia bot sich einfach an. Gekannt habe ich sie vorher nicht, es war also reine Glückssache, ob sie das schafft", sagt Vieregg. Auch wenn andere Mädchen genauso gerne die Rolle der Alice spielen würden, gönnen sie es Delia.

Das Stück wurde von seiner Vielfalt an Ereignissen auf das Wesentliche heruntergebrochen: Der Streit mit der bösen Herzkönigin wird nur nebensächlich erwähnt und auch der Hutmacher bekommt weniger Auftritte als im Buch oder gleichnamigen Film. Dafür blieb auch keine Zeit: Mit Pause dauert das Stück etwa eineinhalb Stunden. Dafür übte Vieregg mit seinen Eleven schon seit September. Das Kindertheater leitet er bereits seit sechs Jahren. Insgesamt 22 Schauspieler im Alter von fünf bis 24 Jahren wirken an dem Theaterstück mit. Weil die Bühne noch von der Erwachsenengruppe besetzt war, konnte die Theatergruppe erst seit wenigen Wochen auf der Bühne proben. Mit dem großen Zeitdruck kamen die drei Bühnenbildner unter der Leitung von Adolf Morgott aber gut zurecht. Insgesamt zwölf verschiedene Hintergründe und Bühnenkonstellationen, die sie innerhalb von vier Wochen realisierten, ziehen die Zuschauer in den Bann des Wunderlands. Für die Theatergruppe ist das etwas Besonderes, da sind sich die älteren Schauspieler sicher: "So ein aufwendiges Bühnenbild gibt es nur ganz selten", sagt Stefan Krühler, der den weißen Ritter spielt. Für viele Mitwirkende und Zuschauer ist vor allem der Pilz eine Sensation, auf der die wortkarge Raupe sitzt.

Doch nicht nur das Bühnenbild erregt Aufsehen, auch die teils sehr aufwendigen Kostüme und die Maske machen die jungen Schauspieler auf der Bühne ganz groß. Vieregg ist zwar der Meinung, "es hätte nicht so viel Aufwand gebraucht", aber jetzt ist er doch froh, dass sich alle die Zeit nahmen, es so zu machen wie es ist. Mit der ersten Aufführung ist der Regisseur dennoch nicht so ganz zufrieden: "Es ist schon besser als in der Generalprobe, aber ein paar Sachen müssen wir noch überarbeiten." Zum Beispiel war das Kaninchen einmal nicht rechtzeitig auf der Bühne, oder die wichtige Schachtel war plötzlich vom Schauplatz verschwunden. All dies fiel den Zuschauern aber nicht auf, was Vieregg tröstet: "Es funktioniert, wie es funktioniert und so wie es funktioniert, ist es gut."

Zu sehen ist das Stück im Theatersaal des ASV Dachau erneut am Samstag, 19., und Sonntag, 20. Dezember, sowie an Heiligabend, jeweils um 13 Uhr. Karten gibt es im Vorverkauf bei der Dachauer Rundschau, Konrad-Adenauer-Straße 27.

© SZ vom 14.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: