Dachau:Bitte lächeln

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Die Zukunft der Pflege und neue Strukturen

Im Vorstand der Helios Kliniken GmbH in Berlin ist Karin Gräppi für die Pflege zuständig. Als Vorsitzende des Aufsichtsrats der Amper Klinikum AG hat sie im Herbst im Interview mit der SZ die Richtung für Dachau und Markt Indersdorf vorgegeben. Demnach ist die Qualität unabhängig von dem Verhältnis des Personals zu den Patienten zu sehen. Als viel wichtiger erachtet sie eine optimale interne Organisation. Gewerkschaften auf der einen sowie Arbeitgeber und Bundespolitik auf der anderen streiten seit Jahren über die Kriterien guter Pflege.

Christoph Engelbrecht, der neue Geschäftsführer der Amperkliniken AG, bekräftigt die Haltung der Aufsichtsratsvorsitzenden Karin Gräppi. Als Betriebswirtschaftler plädiert auch er für klare Organisationsstrukturen. Eines seiner Beispiele ist das Zusammenspiel von Patientenaufnahme und Entlassung. Hier komme es zu Reibungsverlusten, weil es tatsächlich schwierig ist, die Zeiten aufeinander abzustimmen. Meistens gerieten die Stationen unter Zeitdruck, weil die neuen Patienten schon warteten. Hier brauche es, wie in vielen anderen Fällen auch, "eine die Bereiche übergreifende Zusammenarbeit". Darin sieht er ein großes Thema für die Kliniken in Dachau und Markt Indersdorf.

Kürzlich beklagte sich ein Mann bei der SZ, dass seine Mutter im Dachauer Klinikum nachlässig versorgt worden sei. Die Pflegekraft habe Beschwerden brüsk abgewiesen. Christoph Engelbrecht erwartet von seinen Mitarbeitern, dass sie stets freundlich auftreten: "Wir müssen die Menschen mit einem Lächeln im Gesicht erreichen. Ich will nicht hören, dass eine Pflegekraft nicht freundlich war." Aber er sieht darin "tatsächlich eine große Herausforderung". Sie müsse mit einer "intelligenten Organisation" so bewältigt werden, dass tatsächlich für die Pflegekräfte "Freiräume" entstünden.

Der Betriebsratsvorsitzende Dieter Möbs kann verstehen, dass seinen Kollegen im Dachauer Klinikum ab und an die Stimmung fehlt, auch noch zu lächeln. In einigen Stationen bewege sich der Krankenstand wegen Überbelastung bei 30 Prozent der Belegschaft. Außerdem hält er von der Debatte über bessere Organisationsstrukturen, wie sie Helios insgesamt propagiert, wenig bis gar nichts. Stattdessen plädiert er für einen ganz anderen Blickwinkel, einen, der sich ausschließlich mit den qualitativen Ansprüchen der Pflege in jedem Einzelfall befasst. Er wünscht sich eine Bestandsaufnahme, die jede Stelle auf jeder Station danach beurteilt, was geleistet und was gekonnt werden muss. Daraus lassen sich seiner Ansicht nach mit Sicherheit erst Erkenntnisse ableiten, die eine gute Pflege garantieren. Dazu müsste Helios die Ansprüche formulieren, wann ein Patient die ihm und seiner Krankheit angemessene Behandlung erfahren hat. Dieser Anspruch schließt auch die Zeit für das Gespräch mit dem Patienten ein.

© SZ vom 20.04.2016 / we - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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