Dachau:Bauernaufstand gegen Lidl

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Dachauer Verband konfrontiert Discounter mit Fragebogen zur Qualitätssicherung

Von Benjamin Emonts, Dachau

Es war ausnahmsweise nicht der niedrige Milchpreis, sondern ein umstrittener Anforderungskatalog, den Anton Kreitmair am Donnerstag vor einer Lidl-Filiale im Dachauer Industriegebiet kritisierte. Erst vor elf Monaten hatte der CSU-Landtagsabgeordnete und Bezirkspräsident des Bayerischen Bauernverbands hier mit 70 Landwirten aus dem Landkreis Dachau gegen die Schleuderpreise der Discountmärkte protestiert. Nun stößt den Bauern sauer auf, dass Lidl offensichtlich etliche Anforderungen an die Milchbauern stellt, die den Discounter beliefern wollen. Es geht um Nachhaltigkeit, zu der die landwirtschaftlichen Betriebe aufgefordert werden.

Der Bayerische Bauernverband kontert nun landesweit. Um dem Handel vor Augen zu führen, wie irrwitzig die Anforderungen seien, wurden Lidl-Filialen in ganz Bayern Fragebögen ausgehändigt, um dem Discounter auf den Zahn zu fühlen. "Wenn sie an uns solche Anforderungen stellen, dürfen auch wir fragen, wie es mit der Nachhaltigkeit bei Lidl aussieht", sagte Bauernobmann Kreitmair. Der stellvertretenden Geschäftsleiterin der Dachauer Filiale überreichte er vor dem Geschäft den Fragebogen, um anschließend zu einer Generalkritik am Vorgehen des Discounters auszuholen. "Die Auflagen werden immer mehr. Es sind keine gesetzlichen oder politischen, sondern willkürliche vom Konzern", sagte Kreitmair.

Die Bauern fühlen sich von Lidl in zweierlei Hinsicht vor den Kopf gestoßen. Zum einen seien in dem Papier Anforderungen enthalten - etwa das Einstreuen von Stroh in den Ställen - die den Bauern finanzielle Anstrengungen abverlangten. Der Discounter sei im Gegenzug allerdings nicht bereit, den Bauern die entsprechenden Preise für Milchprodukte zu bezahlen, um die gestellten Anforderungen erfüllen zu können. So kritisierte der bayerische Bauernpräsident Walter Heidl in einem Brief an Lidl-Vorstandschef Sven Seidel: "Ohne Nachhaltigkeit definieren zu können, werden unseren Milcherzeugern zusätzliche Anforderungen, Dokumentationen und Kontrollen abverlangt. Das alles ohne auch nur einen Cent mehr Geld für unsere Bauern." Bauernobmann Kreitmair ergänzte nun: "Man kann nicht immer zum Nulltarif fordern. Wenn ich mehr Leistung will, muss ich mehr zahlen."

Zum zweiten fühlen sich die Bauern offenbar in ihrer Berufsehre verletzt. Forderungen, dass ein Stall nicht überbelegt sein dürfe, dass der Milchviehhalter seinen Tieren kein verschimmeltes Fressen vorsetzen oder sich generell mit der Fütterung der Kühe auskennen sollte, betrachten die Landwirte als selbstverständlich. Sie explizit darauf hinzuweisen, kommt ihrer Meinung nach einem Affront gleich. "Wenn gefordert wird, dass keine trächtigen Kühe geschlachtet werden dürfen, ist das eine Beleidigung für uns", sagte Simone Strobel, Geschäftsführerin des Bauernverbands in Dachau und Fürstenfeldbruck.

Mit dem Fragebogen will der Bayerische Bauernverband den Discounter nun mit seinen "eigenen Waffen schlagen", so heißt es in einer Pressemitteilung. Der Discounter wird bewusst mit überspitzten Fragen zu seiner Nachhaltigkeit konfrontiert. So heißt es etwa: "Haben Ihre Mitarbeiter während der Arbeitszeit freien Zugang zu Tageslicht?" Oder: "Existiert in Ihrer Verkaufsstelle eine Quengelzone, also ein Süßigkeitenregal an der Kasse, das das Kaufverhalten von Kindern manipuliert?" Hinzu kommen die Ökologie betreffende Fragen wie: "Wird das Gebäude durch Wärme aus erneuerbaren Energien beheizt?" Oder: Wie viel Prozent der Produkte verfügen über Mehrwegprodukte?"

Kreitmair forderte, dass die Fragen bis zum 15. August beantwortet werden. Der Umschlag, in dem sich der Fragebogen befindet, war bereits frankiert und mit der Adresse der Dachauer Geschäftsstelle des Bauernverbandes versehen. Der Bayerische Bauernverband behält sich vor, die Ergebnisse der Befragung öffentlich zu machen und auf etwaige Defizite hinzuweisen. Man darf gespannt sein, ob Lidl die Fragebögen beantwortet.

© SZ vom 15.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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