Dachau:Bauen in Eigenregie

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Welches Modell Bürgermeister Richard Reischl favorisiert

Von Anna-Sophia Lang

Viele Gemeinden haben eigene Baulandmodelle. In ihnen ist vorgeschrieben, dass ein Teil des Baulands, das bei der Ausweisung neuer Baugebiete entsteht, an die Gemeinde zu veräußern ist. Das soll Einheimischen günstiges Bauen ermöglichen. Einige Gemeinden passen ihre Modelle an, weil sich der Bedarf verändert hat. Andere diskutieren derzeit über eine Neuausrichtung: In Markt Indersdorf wird über eine flexiblere Verwendung der Flächen in Gemeindehand gesprochen, Petershausen hat einen Leitfaden zur sozialverträglichen Ortsentwicklung verabschiedet. Auch Hebertshausen hat sein Baulandmodell zum 1. Januar 2016 angepasst. Entstehen neue Baugebiete, müssen die Flächen der Gemeinde nicht mehr nur an Einheimische vergeben werden. Die Gemeinde entscheidet, für wen gebaut werden soll. Im Interview erklärt Bürgermeister Richard Reischl (CSU), wie das neue Modell funktioniert und warum die sozialgerechte Bodennutzung für ihn nicht in Frage kommt.

Herr Reischl, Hebertshausen hat seit 1991 ein Baulandmodell. Wie sah es aus?

Richard Reischl: Wenn ein neues Baugebiet ausgewiesen wurde, hat die Gemeinde mit dem Grundstückseigentümer vertraglich vereinbart, dass sie 20 Prozent des Grundes für Einheimischenmodelle erwirbt. Diese Grundstücke wurden nach gutachterlich ermitteltem Preis für Bauerwartungsland erworben und ausschließlich an Einheimische verkauft, für rund 60 Prozent des aktuellen Marktwertes.

So weit, so gut. Wo lag das Problem?

Mittlerweile reicht das nicht mehr. Erstens durften durch den Verkauf keine Gewinne erzielt werden. Folgekosten, die durch den Zuzug entstehen, waren also nicht abgedeckt. Außerdem haben die Gemeinden inzwischen eine Vielzahl an dringenden Aufgaben, für die gebaut werden muss: etwa den sozialen Wohnungsbau, Kinderbetreuung oder betreutes Wohnen. Wir müssen auch an die Asylbewerber denken, die zu uns kommen. Solche Projekte waren im bisherigen Baulandmodell nicht vorgesehen. Dabei muss die Gemeinde in diesen Bereichen investieren. Zusätzlich dazu haben wir 70 Anfragen von Bürgern, die in ihrer Heimatgemeinde bauen wollen. Boden ist aber kein unendlicher Schatz. Deshalb haben wir gesagt: Wir brauchen ein größeres Stück vom Kuchen.

Also haben Sie das Modell umgestellt.

Seit dem 1. Januar ist es so, dass die Gemeinde nicht mehr nur 20, sondern 40 Prozent der Fläche eines neuen Baugebiets vom Grundstückseigentümer abkauft. Für welche Zwecke dort gebaut wird, ist jetzt nicht mehr festgelegt. Wir können jetzt immer aufgrund der Bedürfnisse der Gemeinde und der jeweiligen Fläche entscheiden, was im konkreten Fall nützlich ist und in welchem Umfang.

Zum Beispiel?

In ein Baugebiet im abgelegenen Unterweilbach würden keine Wohnungen für Senioren passen, dort fehlt die Infrastruktur. In ein Baugebiet mitten in Hebertshausen schon, da gibt es Apotheken, Einkaufsmöglichkeiten und eine gute Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr. Auch Bauplätze nach dem Einheimischenmodell würden hier Sinn machen. Wir haben jetzt auch die Möglichkeit, Flächen im offenen Verkauf zu veräußern, um so Kindergärten oder Schulen zu finanzieren.

Es wird also nicht nur wegen dem Zuzug gebaut.

Kurz nach meinem Amtsantritt habe ich eine Umfrage unter den Senioren gemacht. Die hat gezeigt, dass sich viele wünschen, in Hebertshausen zu bleiben, selbst wenn sie nicht mehr selbstständig in ihren Häusern wohnen können. Das ist für mich ein wichtiger Punkt: Dass Menschen, die die Gemeinde ausmachen, sie geformt und aufgebaut haben, hier bleiben können.

Was ist das Problem der sozialgerechten Bodennutzung?

Das große Problem ist für uns die Prognose der Folgekosten im Vorhinein. Im Einzelfall, wenn es um größere Baugebiete geht, behalten wir uns eine Beteiligung des Investors auf diesem Weg zwar vor, als Joker. Aber wir haben Zweifel daran, ob die Prognose am Ende rechtlich haltbar ist und nicht vom Investor angefochten wird. Außerdem sind Projekte wie der soziale Wohnungsbau oder Seniorenanlagen in meinen Augen keine Sache für die freie Wirtschaft. Bauinvestoren sind ja keine Wohltäter, sie wollen Profit machen. Deshalb würde ich so etwas nie aus der Hand geben. Die Gemeinde muss bei diesen elementaren Aufgaben die Fäden in der Hand behalten.

© SZ vom 18.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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