Dachau:Ausstellung zur Wiederöffnung

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Versöhnungskirche gedenkt NS-Kriegsdienstverweigerer Gauger

Die Versöhnungskirche an der KZ-Gedenkstätte ist nicht einfach irgendeine Kirche. Der Entwurf des Mannheimer Architekten Helmut Striffler, der 2015 gestorben ist, wird Architekturstudenten bis heute von ihren Professoren vorgeführt. Die Form der Kirche auf dem Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers nimmt Geschichte und Bedeutung des Ortes auf, symbolisiert Schuld und Versöhnung, Leben und Tod, Bedrohung und Geborgenheit. Am Sonntag, 16. Oktober, wird die Kirche nach einer teilweisen Renovierung wieder eröffnet. Der Veranstaltungsraum, der als Winterkirche dient, wurde neu gestaltet und energetisch saniert, Sanitärräume und der Bürobereich wurden ausgebaut. Insgesamt hat der Umbau etwa 740 000 Euro gekostet. Bei der Feier zur Wiedereröffnung wird Johannes Striffler sprechen, Sohn des Architekten, der die Sanierung noch mit seinem Vater geplant hatte.

Vorher, ab 11 Uhr, findet in der Versöhnungskirche ein Gottesdienst statt. In ihm wird Martin Gauger gedacht, der sich in den 30er Jahren als einer der wenigen Juristen der Ideologie der Nationalsozialisten widersetzte. 1934 verweigerte er den Eid auf Hitler und wurde daraufhin aus dem Staatsdienst entlassen. 1935 bekam Gauger, Sohn eines Pfarrers, eine Stelle in der "Bekennenden Kirche", einer Oppositionsbewegung gegen die Nationalsozialisten innerhalb der evangelischen Kirche. Gauger trat schon 1937 für Widerstand gegen Willkürmaßnahmen des NSDAP-Reichskirchenministers ein, ohne Erfolg. Seine eigenen kritischen Veröffentlichungen wurden verboten. 1940 kam er der Aufforderung zur Musterung für den Wehrdienst nicht nach, bei seiner Flucht ins Ausland im selben Jahr wurde er verletzt und ins KZ Buchenwald deportiert. Am 15. Juli 1941 wurde Gauger in der Euthanasie-Tötungsanstalt Pirna-Sonnenstein im Alter von 35 Jahren ermordet. Erst im Juli 2006 entschuldigte sich der Leitende Bischof der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands bei seiner Schwester Hedwig.

Im Gedenkgottesdienst spricht sein Neffe Gerhard Gauger, seine Nichte Elisabeth Sunderland reist aus den USA an. Außerdem werden die Überlebenden Ernst Grube und Walter Joelsen dabei sein sowie Heinz Hermann Niemöller, dessen Vater mit Martin Gauger in der Bekennenden Kirche zusammenarbeitete und Häftling im KZ Dachau war. Die bayerische Synodalpräsidentin Annekathrin Preidel und Oberkirchenrat Martin Hauger kommen ebenfalls. Mit dem Gedenkgottesdienst wird die bis Ende Februar andauernde Ausstellung "Seine Kirche aber schwieg" des Berliner Antikriegsmuseums eröffnet.

© SZ vom 14.10.2016 / asl - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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