Dachau:Aufstand der Eltern

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Nach Protesten an der Grundschule Augustenfeld erheben sich nun Eltern der Mittelschule-Süd gegen die Stadt Dachau. Das Gebäude wird trotz Schimmelbefalls, PCB-Belastung und verheerender Toiletten seit Jahren nicht saniert.

Petra Schafflik

Die Mittelschule Dachau Süd wird trotz Schimmelbefalls, PCB-Belastung und verheerender Toiletten seit Jahren nicht saniert. (Foto: Toni Heigl)

Die Schulpolitik der Stadt ruft jetzt erneut den Widerspruch von Eltern hervor. Gerade hat der Elternbeirat der Grundschule Augustenfeld lautstark gefordert, endlich an den städtischen Grundschulen Jugendsozialarbeiter einzustellen. Nun melden sich Eltern von Schülern der Mittelschule-Süd öffentlich zu Wort. "Wir sind mit unserer Geduld am Ende", sagt Elternbeiratsvorsitzende Angelika Lutz. Seit Jahren werde die dringend nötige Sanierung der Schultoiletten ein ums andere Mal verschoben. Auch die mögliche Belastung der Klassenräume mit krebserregendem PCB macht den Eltern Sorgen. In das vom Bauausschuss soeben verabschiedete Maßnahmenpaket, mit dem diese Probleme angepackt werden sollen, haben die Eltern kein Vertrauen.

Zu oft seien in der Vergangenheit Zusagen nicht eingehalten worden. "Unsere Kinder stehen offenbar nicht auf Platz eins der Prioritätenliste", sagt Schülermutter Sabine Messmer. Vor drei Wochen erst hat der Bauausschuss des Dachauer Stadtrats ein Sanierungsprogramm beschlossen, das die wichtigsten Mängel am 1970 errichteten Schulgebäude beheben soll. Für 1,4 Millionen Euro sind neue WC-Anlagen ebenso geplant wie Verbesserungen beim Brandschutz. Auch eine Art PCB-Management ist vorgesehen für die Schule, die zurzeit 275 Schüler in 13 Klassen besuchen und die zentral im Schulverbund Dachau den Mittlere Reife-Zweig anbietet. Im Gebäude soll künftig durch regelmäßiges Lüften und Reinigen die Einhaltung gesetzlicher PCB-Grenzwerte sichergestellt und überwacht werden. Doch obwohl Vertreter der Eltern in der entscheidenden Sitzung des Gremiums anwesend waren, verstummt der Protest nicht. Im Gegenteil. Denn auf Beschlüsse und offizielle Zusagen vertrauen die Eltern nicht mehr, die sich seit Jahren schon vertröstet fühlen. Immer wieder hätten die Zuständigkeiten bei der Stadt gewechselt, seien die Planungen neu aufgerollt worden. "Das Thema Toilettensanierung beschäftigt uns und unsere Vorgänger im Amt des Elternbeirats seit über zehn Jahren", sagt Vorsitzende Angelika Lutz. Zuletzt sei voriges Jahr dem damaligen Schulleiter Albert Sikora verbindlich die WC-Sanierung über die Sommerferien 2012 versprochen worden. "Passiert ist nichts." Deshalb glauben die Eltern auch nicht der schriftlichen Zusage des Oberbürgermeisters Peter Bürgel (CSU), dass nun zu Pfingsten definitiv die Handwerker anrücken sollen. Das wäre in fünf Wochen. "Aber die Bauarbeiten sind noch gar nicht ausgeschrieben", sagen die skeptischen Eltern. Dabei sei der Zustand der Toiletten "wirklich schlimm", betont Messmer. "Die Schüler trinken lieber den ganzen Vormittag nichts, nur um kein WC aufsuchen zu müssen", berichtet Elternsprecherin Lutz.

Kritik ruft auch der Umgang der Stadt mit der PCB-Belastung der Schulräume hervor. Im Schulhaus wurden 2003 Räume und Bauteile saniert, nachdem zuvor eine Belastung mit der chemischen Verbindung PCB festgestellt worden war. Dieser Stoff steht in Verdacht, krebsfördernd zu wirken. Trotzdem ist in der Raumluft der Mittelschule immer noch PCB in geringer Konzentration messbar. Die Ergebnisse liegen mit einer Ausnahme aber unter dem als langfristig tolerabel geltenden, sogenannten Vorsorgewert. Das geht aus den Sitzungsunterlagen des Bauausschusses hervor.

Eltern und auch Schulleitung warten dagegen immer noch auf schriftliche Informationen. Trotz mehrfacher Anfrage "haben wir nichts erhalten", so die Elternbeiratsvorsitzende. Jetzt wurde ein langfristig terminierter Informationsabend mit dem Gesundheitsamt storniert. Bei den Eltern keimt die Sorge, "dass hier womöglich gezielt etwas vertuscht wird", sagt die Elternsprecherin. Das Misstrauen der Eltern geht aber viel weiter. Die gesamte Projektplanung überzeuge nicht, beklagt Elternsprecherin Lutz. Das jetzt beschlossene Sanierungsprogramm umfasst auch einen neuen Anstrich für die Fassade, ein Austausch der "uralten Fenster", die teilweise massiven Schimmelbefall aufweisen, sei aber nicht vorgesehen. "Macht das Sinn?" fragt Lutz.

Auch vermeintliche Kleinigkeiten sorgen für Ärger: Der Brotzeitverkauf wurde vor Wochen plötzlich geschlossen, weil der Raum Brandschutzauflagen nicht erfülle. Viele Schüler kämen aber ohne Frühstück in die Schule, die Verpflegung in der Pause sei deshalb wichtig. Doch die wenig aufwendige Nachrüstung des Raums sei bislang nicht in Angriff genommen worden. "Nichts geht vorwärts", sagt Lutz. In der geballten Elternkritik spiegelt sich das Gefühl, die Mittelschule stehe nicht im Fokus städtischer Aufmerksamkeit. "Es gibt Zusagen, aber konkrete Taten fehlen", sagt Lutz. Um Druck zu machen, protestieren die Eltern nun erstmals öffentlich.

© SZ vom 15.04.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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