Unmut bei der Herbstversammlung:Aufruhr bei den Metzgern

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Dachauer Fleischer beklagen ausufernde Regularien und Kontrollen. Die regionalen Kleinbetriebe sehen ihre Existenz bedroht und werfen der Politik vor, die großen Unternehmen zu bevorzugen

Von Felix Wendler, Dachau

Kämpferisch wollte sich die Metzgerinnung Dachau-Freising geben. Dieser Tenor prägte die diesjährige Herbstversammlung. Die Gefahr für das regionale Metzgerhandwerk durch die Großbetriebe stand im Mittelpunkt des Zusammentreffens. Von der Politik forderte man mehr Gehör für die Probleme selbstschlachtender Metzger, die durch ausufernde Regularien und Kontrollen in ihrer Existenz bedroht würden.

Angesichts der bewegten jüngeren Vergangenheit im bayerischen Fleischerverband, bemühte man sich zudem, die Neuausrichtung des Verbandes hervorzuheben. 28 Mitglieder der Metzgerinnung Dachau-Freising kamen dazu am Montagabend in der Tafernwirtschaft Fischer in Dachau zusammen. Mit den stellvertretenden Landräten aus Freising und Dachau, Robert Scholz (Freie Wähler) und Marianne Klaffki (SPD), waren auch Vertreter der Politik der Einladung gefolgt.

Neuer Wind im Fleischerverband

"Wir wollen uns auf Sachthemen konzentrieren", gab Werner Braun die Richtung des Abends vor. Braun ist sowohl Obermeister der Metzgerinnung Dachau-Freising als auch stellvertretender Landesinnungsmeister von Bayern. Lars Bubnick, der erst im Oktober das Amt des Geschäftsführers im Fleischerverband Bayern übernommen hatte, zeigte sich in Dachau selbstbewusst und versprach, einen neuen Wind in den Deutschen Fleischerverband (DFV) zu bringen. Man müsse die Leistungen des Verbandes stärker nach außen kommunizieren, erklärte er. Außerdem wolle er sich für die Stärkung des Lokalen einsetzen. Bubnick räumte der Regionalinnung gegenüber dem Bundesverband Priorität ein. "Die Dachauer Innung alleine ist größer als manche Landesverbände", merkte der Landesgeschäftsführer an. Zwar sei das regionale Übergewicht auch ein Hinweis auf Probleme anderer Landesverbände, was aber nichts an der Führungsrolle der bayerischen Innung ändere.

Selbstschlachtende Betriebe bemängeln, dass die Regularien nicht umsetzbar seien. Die Metzgerei Blank überlässt es den Bauern zu schlachten. (Foto: Niels Jørgensen)

Die anwesenden Metzger hörten zunächst interessiert zu. Erst als Bubnick auf die aktuellen Herausforderungen zu sprechen kam, entbrannte eine Diskussion. "Kleine regionale Betriebe und die Nahversorgungskette sind in Gefahr", mahnte der neue Geschäftsführer an. Aus dem Publikum wandte sich ein Metzger direkt an die Politiker und stellte die Grundsatzfrage: "Wollt ihr uns überhaupt noch, als selbstschlachtende Betriebe?" Die Frage stieß auf große Zustimmung. Scholz ergriff zuerst das Wort und versicherte, man wolle "kleine und mittelständische Strukturen erhalten." Er ergänzte jedoch: "Wir sind an die Gesetze gebunden." Als Reaktion darauf machte sich Unmut breit. Von bekannten Floskeln war die Rede. Weitere Wortmeldungen beklagten eine Gängelung durch Veterinäre und die Politik beim Thema Schlachtung. "Drei Metzger schlachten, fünf Tierärzte schauen zu", richtete ein Metzger seinen Vorwurf an Klaffki.

Ungleichbehandlung in der Branche

Ein anderer kritisierte die Ungleichbehandlung in der Branche und warf eine Bevorzugung der großen Betriebe vor. Großbetriebe könnten auf eigene Veterinäre und Anwälte zurückgreifen, die bei der Schlachtung alle Schlupflöcher ausnutzen und so gesetzliche Vorgaben umgingen. "Die Rahmenbedingungen sind nicht für alle gleich", fasste er die allgemeine Stimmungslage im Raum zusammen. Klaffki betonte als Reaktion darauf die Bedeutung einer "großen Bandbreite an regionalen Handwerksbetrieben" und hob zudem die Rolle der Metzger als Ausbildungsbetriebe hervor. "Um auf die Eingangsfrage einzugehen: Wir wollen und brauchen euch."

Die Mitglieder der Metzgerinnung zeigten sich kompromissbereit und versuchten zu verdeutlichen, dass sie kein Problem mit klaren Regularien oder einer regelmäßigen Kontrolle durch das Veterinäramt hätten. "Wir wollen ja mit ihnen zusammenarbeiten", meldete sich ein selbstschlachtender Metzger zu Wort. Die Regeln zur Betäubung bei der Schlachtung seien aber theoretischer Natur und in der Praxis schlicht nicht umzusetzen. Dies hätten ihm auch die Veterinäre selbst bestätigt. Er forderte deshalb, "den Druck von den Veterinären zu nehmen". Dafür müsse die Politik umsetzbare Regeln einführen. Klaffki versprach, sich der Sache anzunehmen, was zumindest auf Skepsis stieß.

Als im weiteren Verlauf des Abends zu weiteren Tagesordnungspunkten übergegangen wurde, beruhigte sich die Stimmung im Raum wieder etwas. Bubnick positionierte sich klar gegen die Reduzierung der Ausbildungsdauer auf zwei Jahre. Zudem appellierte er an die Metzger, offene Stellen in ihren Betrieben auch für Quereinsteiger auszuschreiben.

Dass die Vergangenheit noch nicht gänzlich ad acta gelegt ist, zeigten vereinzelte, aber hartnäckige Nachfragen aus dem Publikum zur Vorgänger-Ära. Bubnick und Braun gaben ausführlich Antwort, bemühten sich offensichtlich, Transparenz und Vertrauen wiederherzustellen. Braun mahnte aber auch an, man müsse jetzt "nach vorne schauen". Die meisten der Anwesenden an diesem Abend teilten diese Aufbruchsstimmung.

© SZ vom 08.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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