Caritas Dachau:Anwältin der Notleidenden

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Heidi Schaitl hat als Nachfolgerin von Axel Hannemann die Kreisgeschäftsführung der Caritas Dachau übernommen. (Foto: Toni Heigl)

Heidi Schaitl, die neue Geschäftsführerin der Caritas Dachau, will das Leistungsspektrum des Sozialverbandes weiter an den Bedürfnissen der Menschen ausrichten und sich als ihr Fürsprecher sozialpolitisch einmischen

Von Petra Schafflik, Dachau

Auch im wirtschaftlich boomenden Landkreis kämpfen Menschen mit Schwierigkeiten: Familien, denen ihr Einkommen vorne und hinten nicht reicht, bis sich Schulden auftürmen. Senioren, die nach dem Tod des Partners zu vereinsamen drohen. Eltern, die Sorgen mit ihren Kindern haben. Kranke oder Behinderte, die im Alltag Hilfe brauchen. Geflüchtete, die in ihrem neuen Lebensumfeld nach Orientierung suchen. Passgenaue Angebote für Menschen, die Unterstützung brauchen, bietet im Landkreis die Caritas. An dem Ziel, das Leistungsspektrum des sozialen Trägers immer am konkreten Hilfebedarf und den Notlagen auszurichten, will auch Heidi Schaitl festhalten, die jetzt als Nachfolgerin von Axel Hannemann die Kreisgeschäftsführung der Caritas Dachau übernommen hat. Die Rolle des kirchlichen Wohlfahrtsverbands gehe übers praktische Helfen hinaus, betont Schaitl. Die 39-jährige Sozialpädagogin, bisher stellvertretende Geschäftsführerin der Fürstenfeldbrucker Caritas, will sich bei Bedarf "auch sozialpolitisch einmischen, als Fürsprecher und Anwalt der Menschen in Not."

Das Hilfeportfolio, das Heidi Schaitl im Caritas Zentrum Dachau vorfindet, ist ihr vertraut: Viele Leistungen, die hier angeboten werden, kennt die erfahrene Sozialpädagogin aus ihrer Tätigkeit im Nachbarlandkreis. Dort hat sie in ihrem 15-jährigen Wirken die Wohnungslosenhilfe organisiert, ein Arbeits- und Beschäftigungsprogramm für Langzeitarbeitslose und die Schuldnerberatung betreut, schließlich den Fachbereich der sozialen Dienste geleitet. Auch Erfahrung in der Flüchtlingsarbeit bringt Schaitl mit. Ein Aufgabenbereich, der sich überall, auch in Dachau, gerade in einer unsicheren Phase befindet. Die Caritas ist im Landkreis für die Asylsozialberatung zuständig, hat dafür im vorigen Jahr kurzfristig zusätzliche Kräfte eingestellt. Doch die Zahl der neu ankommenden Asylsuchenden geht massiv zurück. "Die Hilfestrukturen sind aufgebaut, aber niemand weiß, wie es weitergeht", sagt Schaitl. Andererseits benötigen auch anerkannte Flüchtlinge weiter Unterstützung, denn sie brauchen noch Beratung und Hilfe in vielen Lebenslagen.

Für diese Geflüchteten mit gesichertem Aufenthaltsstatus sind die Asylberater formal nicht mehr zuständig. Hier müsste die spezielle Migrationsberatung greifen. Doch diese Anlaufstelle für alle Menschen mit ausländischen Wurzeln im Landkreis ist nur mit eineinhalb Planstellen ausgestattet und kann den neuen Bedarf durch die anerkannten Flüchtlinge nicht stemmen. "Dringend notwendig wäre, jetzt die Migrationsberatung aufzustocken", sagt Schaitl. "Das bisherige System kann das definitiv nicht alles leisten", betont auch der stellvertretende Leiter der Dachauer Caritas, Andreas Miller. Sozialpädagoge Miller, der den sozialpsychiatrischen Dienst der Caritas leitet, arbeitet mit Schaitl eng zusammen und wird von November an für einige Monate kommissarisch ihre Leitungsfunktion übernehmen - Heidi Schaitl erwartet ihr erstes Kind. Die neue Caritas-Geschäftsführerin, die Juni wieder zurück sein will im Job, freut sich über die große Unterstützung, die ihr die Vereinbarkeit von Führungsposition und Familie ermöglicht. "Die Caritas ist ein familienfreundlicher Arbeitgeber."

Einig sind sich Schaitl und Miller in der Einschätzung, dass sich bei den Angeboten der Caritas derzeit viel bewegt. Kein Wunder: "Wir reagieren auf den Bedarf und schauen, was die Leute brauchen", betont Miller. Ein Schwerpunkt kristallisiere sich bei der älteren Generation heraus. Wo die einen mit kleinen Renten, familiären Krisen und Einsamkeit kämpfen, gehen andere das Alter als neuen Lebensabschnitt aktiv an. Diese noch rüstigen Senioren sieht Schaitl "als große Chance für das Ehrenamt". Viele wollen sich gerade nach dem Ausstieg aus der Berufstätigkeit noch freiwillig einbringen. Für die Caritas Dachau, bei der sich 300 Männer und Frauen ehrenamtlich engagieren, "eine wichtige Zielgruppe."

Stärker in den Mittelpunkt rücken auch Senioren, die Unterstützung brauchen. Das ist das Ergebnis eines Dialogforums, bei dem sich auf Einladung der Caritas politisch Verantwortliche des Landkreises mit dem Armutsbericht beschäftigt haben. Diese Studie dient nicht nur dazu, die finanzielle Lage der Landkreisbürger statistisch abzubilden, sondern schlägt auch Maßnahmen vor. Nur so mache ein Armutsbericht Sinn, findet Schaitl. "Denn wir wollen nicht bei der Bedarfsanalyse stehen bleiben, sondern die Lebenssituation von Menschen nachhaltig verbessern." Mit diesem Ziel arbeitet die Caritas auch eng vernetzt mit anderen Einrichtungen und Trägern zusammen. "Wir brauchen uns alle", sagt Miller. Und falls notwendig, das betont Caritas-Geschäftsführerin Schaitl, erhebt der Wohlfahrtsverband in der öffentlichen Debatte dann eben auch die Stimme für Menschen in Notlagen. "Als Fürsprecher und Anwalt."

© SZ vom 20.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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