Bürgerversammlung:Landmann will seine Bürger schonen

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Bergkirchen soll eine sehr milde Satzung zum Straßenausbau bekommen

Von Petra Schafflik, Bergkirchen

Während anderswo hitzig gestritten wird um die Straßenausbaubeitragssatzung (Sabs), gehen die Bergkirchner dieses Thema sachlich an. So gab es bei der Bürgerversammlung im Gasthof Groß am Donnerstag natürlich Fragen und Kritik, doch von großer Unruhe im Dorf war nichts zu spüren. Dabei ist die Gemeinde in einer besonderen Situation: Als eine von nur vier Kommunen im Landkreis hat Bergkirchen bisher keine Sabs. Und damit kein Regelwerk, das die Anlieger zu einem Kostenbeitrag verpflichtet, sobald die Straße vor ihrer Haustüre grundlegend neu hergerichtet wird. Doch mit dem 2016 novellierten Kommunalabgabegesetz muss auch Bergkirchen eine solche Satzung einführen. Über rechtliche Grundlagen hatte sich der Gemeinderat in einer Sondersitzung informiert, die auch viele Anwohner verfolgten. Niemand ist begeistert, aber alle vertrauen auf Bürgermeister Simon Landmann (CSU). Der sagte zu, "die Satzung, wenn sie kommt, so abzumildern, dass unsere Bürger möglichst wenig belastet werden."

Bergkirchen hat sich bisher bewusst gegen Straßenausbau-Beiträge entschieden. "Wir waren uns einig, dass wir so eine Satzung nicht brauchen", sagt der Rathauschef. Jetzt aber bleibe keine Wahl. Wird die Gemeinde nicht selbst aktiv, werde das Landratsamt ein Regelwerk durchsetzen. "Warum gerade jetzt, wo wir doch genug andere Probleme haben", monierte Josef Walter. Verärgert ist Walter, dass die Selbstverwaltung der Kommunen per Landesgesetz ausgehebelt wird. Die Autofahrer leisteten bereits über Kfz- und Mineralölsteuer sowie künftig Maut ihren Beitrag. Trotzdem müssten per Sabs "Bürger alle Straßen selber zahlen." Gerade in Bergkirchen erweise sich die Satzung als ungerecht, ist auch der ehemalige CSU-Gemeinderat Georg von Hundt überzeugt. Große Pendlerströme belasteten die Straßen, "aber zahlen muss der anliegende Grundeigentümer." Auch Mieter oder Landwirte im Außenbereich werden nicht belastet, ergänzte der Bürgermeister. "Das ist ein Witz, aber es ist Gesetz."

Die Beitragssatzung könnte unerwartete negative Folgen haben, warnte von Hundt. Für Straßenprojekte werde die Kommune vielleicht "nie mehr einen Grund bekommen." Weil Bürger nicht erst wenige Quadratmeter veräußern, um für einen dort angelegten Geh- oder Radlweg Tausende Euro an Ausbau-Beiträgen zu bezahlen. Genau mit dieser Problematik kämpfen andere Kreisgemeinden, die oft Projekte nicht voranbringen, weil kleine, aber entscheidende Flächen nicht zu bekommen sind.

Bei der Bürgerdiskussion in Bergkirchen standen dezidiert Gemeinderat und Bürgermeister nicht im Feuer. Denn "das Übel sitzt im Landtag", wie Hans Strauch sagte. Nur durch eine Änderung des Kommunalabgabegesetzes könnte der Zwang zur Sabs abgeschafft werden. Doch viele Gemeinden in Bayern "haben einfach kein Geld", sagt Landmann. Sie sind finanziell auf die Bürgerbeiträge angewiesen, um ihre Straßen in Schuss zu halten. "Dann soll man uns aber die Freiheit lassen, uns geht es gut", rief ein Zuhörer dazwischen. Doch genau diese Freiheit gibt es nicht. Der Rathauschef will nicht gerade aufs Tempo drücken, aber irgendwann doch dem Gemeinderat eine Straßenausbaubeitragssatzung vorlegen. Er selbst werde zustimmen, kündigte Landmann an. Ob auch der Gemeinderat die Kostenbeteiligung der Bürger billigt, bleibt offen. In der Sondersitzung gab es von verschiedenen Seiten äußerst kritische Stimmen im Gremium. Doch egal, ob die Gemeinde selbst handelt oder das Landratsamt eine Satzung vorgibt: In Bergkirchen soll das Regelwerk möglichst bürgerfreundlich ausfallen. Alle Spielräume, die das Gesetz bietet, will man zugunsten der Einwohner nutzen, sagte Landmann zu.

De facto soll die Satzung ein Papiertiger bleiben. "Wir werden keine Straßen grundlegend neu ausbauen, sondern immer rechtzeitig sanieren." Schon seit langem gebe die Gemeinde deshalb jedes Jahr um die 800 000 Euro für Straßenreparaturen aus. "Wir wollen eine Kostenbeteiligung unseren Bürgern nicht zumuten", sagte Landmann. Eine Zusage für die der Rathauschef heftigen Applaus der Zuhörer erntete. Ein wenig Sorge bleibt bei den Bürgern. Gemeinderat und Bürgermeister werden irgendwann nicht mehr im Amt sein, die Straßenausbaubeitragssatzung aber gilt auf Jahrzehnte weiter. Es lasse sich beobachten, dass manche Kommunen "ihre Straßen total herunterwirtschaften", wie ein Bürger sagte. "Mir ist da ein bisschen unwohl mit Blick auf die Zukunft."

© SZ vom 01.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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