Bürgerversammlung in Pellheim:Abgehängt

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Auf der Bürgerversammlung in Pellheim wird die unzureichende Anbindung der Dörfer an den öffentlichen Nahverkehr kritisiert. So fährt das Anrufsammeltaxi nur noch eingeschränkt

Von Petra Schafflik, Dachau

Aus dem geplanten Windrad, das die Stadtwerke in der Nähe von Pellheim im Sigmertshausener Holz errichten wollten, wird nichts. Und damit ist auch das große Aufreger-Thema vom Tisch, das in den vergangenen zwei Jahren die Bürger in den dörflichen Stadtteilen im Norden der Stadt Dachau massiv beschäftigt hat. Und somit sind am Mittwochabend auf der Bürgerversammlung im Gasthof Liegsalz hitzige Dispute ausgeblieben. Vielmehr verfolgten im Wirtssaal fast mehr Stadträte und Verwaltungsmitarbeiter als Bürger die Ausführungen von Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD). Kritisiert wurde die unzureichende Anbindung der Dörfer an den öffentlichen Nahverkehr. Außerdem wurde die Fachkunde der städtischen Mitarbeiter beim Baumschnitt bezweifelt. Fragen gab es zu Aktivitäten der Stadt beim Bienenschutz wie zur zunehmenden Verkehrsbelastung. Konkrete Probleme bereitet Unternehmer Arne Bauer die neue Tonnagen-Begrenzung kurz vor der Einmündung von Pullhausen her auf die Staatsstraße.

Auch wenn das Windradprojekt vom Tisch ist, so möchte Bernhard Metz doch sicher gehen: "Sucht die Stadt jetzt einen alternativen Standort? Oder kommt das Vorhaben vielleicht in einigen Jahren wieder auf die Agenda?" Nach aktueller Gesetzeslage sei das Windrad im Sigmertshausener Holz nicht genehmigungsfähig, da Wespenbussarde gesichtet wurden, sagte OB Hartmann. Einen anderen Windkraft-Standort gebe es im Stadtgebiet nicht, die Stadtwerke planten deshalb jetzt Freiflächen-Fotovoltaik. "Denn wir müssen Strom aus erneuerbaren Quellen bereit stellen." Auch das gerade beendete Volksbegehren "Rettet die Bienen" beschäftigt die Bürger. Landwirt Peter Ring beklagte, dass nur sein Berufsstand in die Verantwortung genommen werde. Er forderte, auch öffentliche Grundeigentümer sollten einen Beitrag leisten. "Warum ist die Stadt nicht Vorbild und legt Blühflächen an?" Tatsächlich wird das schon praktiziert auf Flächen, die nicht mehr verpachtet werden oder entlang den Straßen, erklärte der OB. Für Pachtflächen gelte ein Verbot von Glyphosat wie bienengefährliche Neonicotinoide. Auch ein fachgerechter Baumschnitt könnte der Natur helfen, findet Maria Glas. Doch im Freibereich des Pellheimer Kindergartens würden sei Jahren Obstgehölze falsch gestutzt. Glas empfahl eine Schulung der Mitarbeiter.

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(Foto: Toni Heigl)

Georg Liegsalz: Das Anrufsammeltaxi wird immer mehr zusammengestrichen, Pellheim vom Nahverkehr abgehängt.

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(Foto: Toni Heigl)

Bernhard Metz: Aktuell ist das Projekt gestoppt. Aber steht das Windrad vielleicht in einigen Jahren wieder auf der Agenda?

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(Foto: Toni Heigl)

Peter Ring: Beim Bienenschutz sollte die Stadt Vorbild sein und auf öffentlichen Grundstücken Blühpflanzen aussäen.

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(Foto: Toni Heigl)

Maria Glas: Die Obstbäume im Pellheimer Kindergarten werden von der Stadt nie fachgerecht beschnitten.

Traditionell geht es auf Bürgerversammlungen immer auch um Verkehrsthemen. In Pellheim beklagte Georg Liegsalz, dass das Anrufsammeltaxi nur noch eingeschränkt verkehrt. Dieses Verkehrsmittel fährt bei Bedarf und ist für die ländlichen Ortsteile die einzige Option im öffentlichen Nahverkehr. Aber die Servicezeiten wurden gekürzt, auch weil sich nicht genügend Taxifahrer finden. "Die Buslinien in der Stadt werden ausgebaut, aber das AST zusammengestrichen", schimpfte Liegsalz. Über die zunehmende Verkehrsbelastung in der Stadt, auch durch den steigenden Fahrzeugstrom aus dem Hinterland, macht sich Arne Bauer Sorgen. Doch kurzfristig wird sich an den vielen Fahrzeugen auf Dachaus Straßen nichts ändern. Denn egal ob Straßen-Neubau oder Nahverkehrsprojekt: Alle Ideen, die derzeit geprüft werden, brauchen Zeit, lautete das Fazit der umfassenden Informationen, die Hartmann den Bürgern präsentierte. So gebe es Überlegungen im Landratsamt für eine Nordumfahrung, zwei Trassen würden geprüft. Beide brächten für die Stadt nur eine geringe Entlastung. Für die geplante Ost-Umfahrung wird vom Freistaat gerade das Planfeststellungsverfahren durchgeführt. "Das staatliche Bauamt will in diesem Jahr die Einwände abarbeiten." Auch die Entlastung dieser Strecke werde für die Stadt nur gering sein, so der OB. Und wichtige Voraussetzung sei der sechsspurige Ausbau der Autobahn A 92, der 2020 beginnt und die Erweiterung der B 471 auf vier Spuren. Auch die Wiedereröffnung des Bahnhofs Breitenau, die aktuell erneut im Gespräch ist, werde von der Stadt begrüßt, werde aber "viele Jahre" dauern. Um die Straßen zu entlasten, setze die Stadt deshalb auf eine Stärkung des öffentlichen Nahverkehrs und fördert das Radfahren.

Bauer wollte auch wissen, wie es mit Gewerbegrundstücken aussieht, damit ortsansässige Betriebe in Dachau bleiben können. Bei der Vergabe der raren Flächen schaue der Stadtrat auf qualifizierte Arbeitsplätze und die zu erwartenden Gewerbesteuer, erklärte Hartmann. "Denn die Gewerbesteuer ist die wichtigste Einnahmequelle der Stadt." Zuletzt ärgert Unternehmer Bauer die neue Tonnagen-Begrenzung kurz vor der Einmündung auf die Staatsstraße nach Dachau. Nun müssten seine Abbruchfahrzeuge den Umweg über Pellheim fahren.

© SZ vom 15.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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