Bridgeclub Dachau:Das Spiel cleverer Agenten

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Leidenschaftliche Bridge-Spielerinnen: Die Dachauer Klubvorsitzende Barbara Wengeler (r.) und Turnierleiterin Ingrid Dolleske im Pfarrheim St. Jakob. (Foto: Niels Jørgensen)

Der Bridgeclub Dachau im Turnier mit Spielern aus Bad Tölz. Bei dem englischen Sport für potente Köpfe kommt es schon mal zu einem Mord - in Kriminalromanen. Im Pfarrzentrum St. Jakob bleibt aber alles friedlich

Von Veronika Königer, Dachau

Dass Dachau schön ist, werden wohl viele Einheimische bestätigen. Diese Tatsache scheint aber nicht nur Touristen, sondern auch Bridge-Spieler in die Stadt zu locken: Zum jährlichen Freundschaftsturnier zwischen Bad Tölz und Dachau sind so viele begeisterte Kartenspieler aus Tölz gekommen, dass das Mehrgenerationenhaus, in welchem sonst die Turniere stattfinden, viel zu klein war. Bridge, das ist ein Spiel für potente Köpfe aus dem 19. Jahrhundert, dessen Ursprung, so genau weiß man es nicht, in Russland oder in der Türkei liegt. Bridge, das ist auch ein Hauch englischen Lebensstils wie in Agatha Christies Kriminalroman "Cards on the table" aus dem Jahr 1936. Ian Fleming war ein begeisterter Bridge-Spieler und weihte seinen James Bond in das Spiel ein.

Nun im Saal des Pfarrzentrums Sankt Jakob in Dachau haben sich 34 Bad Tölzer und 22 Dachauer an 14 Tischen versammelt. Die Ärztin Barbara Wengeler, Vorsitzende des Bridgeclubs Dachau, erklärt: "An jedem Tisch sitzen zwei Paare." Diese Paarungen bleiben im Laufe des Turniers bestehen, nur die Gegner werden durchgewechselt. Normalerweise werden gegen jedes Gegnerpaar drei Partien gespielt, heute sind es aber nur zwei, damit möglichst viel Abwechslung dabei ist. Zunächst aber hat noch niemand Karten in der Hand, sondern die meist älteren 50 Damen und sechs Herren unterhalten sich noch angeregt, essen selbstgemachten Kuchen und trinken viel Kaffee. Einige Nachzügler werden mit großem Hallo begrüßt; es herrscht eine entspannte Atmosphäre.

Schließlich legen alle die Kuchengabeln weg, einige im Dirndl ziehen sorgfältig ihre Schürzen glatt. Dann erhebt sich eine Frau in Trachtenjacke: Die Schauspielerin Monika Dalberg trägt ein längeres Gedicht aus dem von Heinrich Steinberg herausgegebenen Band "Bridge heiter? - dass ich nicht lache" vor. Für einen Nichteingeweihten klingen die vielen professionellen englischen Begriffe eher mysteriös, aber vor allem bei den Damen sorgt der Vortrag für Heiterkeitsausbrüche. Einige werfen sich aber vielsagende Blicke zu, wollen endlich anfangen.

Zehn Minuten später setzt sich die Schauspielerin wieder, und nach ein paar Worten der Turnierleiterin Ingrid Dolleske dürfen zum ersten und einzigen Mal am heutigen Tag die Karten gemischt und verteilt werden. Monika Dalberg und ihre Partnerin Elisabeth Wirth, die sich gegenübersitzen, legen Karten auf den Tisch, sortieren sie, schieben sie wieder zusammen, was das Zeug hält, um gegen ihre beiden Gegner anzukommen. Die Schauspielerin bemerkt nebenbei: "Spielen Sie Bridge? Nicht? Na seien Sie froh!"

Barbara Wengeler dagegen erklärt begeistert: "Bridge ist ein geistig sehr anregender Sport!" Ein anregender Sport fürs Denken, der im Jahr 1998 vom Internationalen Olympischen Komitee offiziell als Sportart anerkannt worden ist. Seit Beginn des Turniers ist es still im Saal. Absolute Konzentration ist angesagt. Nur hin und wieder ruhige Bemerkungen, die für einen Nichtspieler kryptisch klingen, kein Gelächter, keine Flüche über schlechte Karten. Die sollte es aber beim Bridge sowieso nicht geben. "Bridge ist kein Glücksspiel. Da nur einmal zu Beginn gemischt wird, kommt es aufs Können an, nicht auf den Zufall", sagt Wengeler. Die Kartenverteilungen an den Tischen bleibt, nur die Paare wechseln mit ihren Laufzetteln. Am Ende sieht man dann, wer mit welchem Blatt am besten gespielt hat. "Da kommen manchmal ganz komische Sachen raus", sagt Wengeler und schmunzelt.

Sie ist hervorragend in diesem Sport. Ihre Partnerin ist Ingrid Dolleske. Seit 16 Jahren spielen sie zusammen, seit der Bridgeclub Dachau gegründet wurde. Einmal in der Woche, am Montag, treffen sich die Mitglieder um 19 Uhr im Mehrgenerationenhaus, um ein freundschaftliches Turnier zu spielen. Umsonst ist das aber nicht, jedes Mal müssen drei Euro bezahlt werden. Von diesem Geld schafft der Verein dann neues Material an "oder es wird mal mit allen 30 schön Essen gegangen", sagt Wengeler. Montags können auch nicht so erfahrene Spieler vorbeischauen. Für Neulinge, die dahinter kommen wollen, gibt es im Winter oder Frühjahr 2017 wieder einen Bridgekurs. Dann können sie auch noch besser Agatha Christies Krimi genießen, in dem der Gastgeber eines Bridge-Abends ermordet wird - von einem der vier Spieler, während dieser sich als Dummy vom Tisch entfernt hat, während sein Partner einen Großschlemm spielte. Übrigens: Im Pfarrzentrum kam niemand zu Schaden.

© SZ vom 01.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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