Breitbandausbau Markt Indersdorf:Indersdorf verkauft sein Glasfasernetz

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Die Gemeinde hat jedem Bürger das schnelle Internet ermöglicht - jetzt braucht sie Geld für andere Millioneninvestitionen

Von Robert Stocker, Markt Indersdorf

Vor mehr als vier Jahren war es das größte Bauprojekt in Markt Indersdorf - der flächendeckende Breitbandausbau, der im Februar 2015 begann. Die 10 000-Einwohner-Gemeinde entwickelte dafür ein eigenes Modell: Sie baute ihr eigenes Netz und verpachtete es an einen Betreiber. Die Kommune hatte sich vorgenommen, jedem Bürger den Zugang zum schnellen Internet zu ermöglichen - selbst in den entlegensten Weilern. Dieses Ziel ist inzwischen erreicht, die Anschlussquote liegt derzeit bei 75 Prozent. Jetzt will die Gemeinde das Glasfasernetz an ein Telekommunikationsunternehmen verkaufen. "Unter dem Strich soll eine schwarze Null stehen", so der Indersdorfer Bürgermeister Franz Obesser (CSU).

Der einstimmige Beschluss des Gemeinderats, das gemeindeeigene Netz zu verkaufen, dürfte viele Bürger überrascht haben. Das Gremium hatte sich aber in den vergangenen Monaten immer wieder in nicht öffentlicher Sitzung mit dem Thema befasst. Schließlich wurde die Verwaltung beauftragt, einen Verkauf vorzubereiten. "Wir sind mitten in den Verkaufsgesprächen", sagt Obesser. Die Gemeinde erwartet zumindest kostendeckende Einnahmen. Laut Verwaltung liegen die Kaufangebote über dem Wert, den ein Gutachten für das Glasfasernetz ermittelt hat. Betreiber des Netzes sind die Unternehmen Kabel & Medien Service sowie Pyur. Der Pachtvertrag zwischen der Gemeinde und den beiden Firmen läuft bis 2036. "Der Käufer steigt eins zu eins in diesen Vertrag ein", sagt der Bürgermeister. "Für die Kunden ändert sich somit nichts." Die bisherigen Vertragsbedingungen und die Versorgung blieben bestehen.

Dass die Gemeinde ihr Hochgeschwindigkeitsnetz jetzt verkauft, hat finanzielle und personelle Gründe. Zehn Millionen Euro hat die Kommune in den Glasfaserausbau investiert. Die Pachteinnahmen sollten die Kredite langfristig tilgen. Doch für künftige Projekte braucht die Gemeinde viel Geld. "Wir mussten abwägen, was haben wir noch vor: Turnhalle, Kläranlage, Straßenbau, da ist einiges an Kapital nötig", so Obesser. Auch der Umbau des Marktplatzes, der im nächsten Jahr beginnt, wird Millionen Euro kosten. Dazu kommt, dass die Gemeinde auf lange Sicht Fachkräfte für den Bereich Telekommunikation einstellen müsste. Als Eigentümerin des Glasfasernetzes müsse die Gemeinde stets die neuesten technischen Entwicklungen in diesem Markt im Auge haben, so der Bürgermeister. "Das ist nicht Uraufgabe der Gemeinde." Sie müsse vielmehr an ihre Pflichtaufgaben denken. Interessenten für das Glasfasernetz gibt es offenbar genug. Das Netz ist stabil, hat eine gute Anschlussquote und arbeitet somit wirtschaftlich. Die Gemeinde steht nicht unter dem Druck, unbedingt schnell verkaufen zu müssen. "Wir sind nicht in der Not", bringt es Obesser auf den Punkt. Die Gemeinde könne auf einen geeigneten Käufer warten. "Es muss wirtschaftlich passen", so der Bürgermeister.

Den Anstoß zum Bau des Breitbandnetzes hatte vor Jahren die Bürgerinitiative Glasfaser gegeben. Grundgedanke des Projektes war, dass auch der entlegenste Hof im Gemeindegebiet einen schnellen Internetanschluss erhalten soll. Große Unternehmen winkten damals ab, weil der Bau nicht wirtschaftlich sei, so die Begründung. Die Gemeinde nahm daraufhin das Projekt selbst in die Hand, was bis dahin einzigartig im Landkreis war. Sie baute das Netz in Eigenregie und verpachtete es an einen Betreiber. Dafür musste sie allerdings hohe Schulden aufnehmen. "Wir waren da mit viel Herzblut dabei", blickt der Bürgermeister zurück. "Wenn wir ein Telekommunikationsunternehmen beauftragt hätten, wäre ein Vollausbau nicht möglich gewesen." Obesser ist überzeugt: "Hätten wir es damals nicht gemacht, hätten wir noch heute kein schnelles Internet."

Die Gemeinde hat das Projekt gut hinbekommen. "Wir haben unser Ziel erreicht", so der Bürgermeister. "Jetzt geben wir das Netz in Expertenhände." Es war Bayerns erstes Gigabit-Glasfasernetz, das Geschwindigkeiten bis zu tausend Megabit pro Sekunde ermöglicht - flächendeckend im gesamten Gemeindegebiet. Wer sich innerhalb einer bestimmten Frist für einen Anschluss entschied, erhielt diesen kostenlos. Der Breitbandausbau in Markt Indersdorf gilt als Vorzeigeprojekt für die digitale Zukunft im ländlichen Raum. "Indersdorf wird dadurch zur Zukunftsgemeinde", würdigte Markus Söder im Juni 2016 das Engagement der Gemeinde. Der heutige Ministerpräsident, damals noch Staatsminister für Finanzen, Landesentwicklung und Heimat, kam persönlich nach Indersdorf, um das Netz symbolisch in Betrieb zu nehmen. Söder war von dem Projekt sehr angetan. Kein Wunder: Staatliche Fördergelder waren dafür nicht nötig.

© SZ vom 08.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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