Brauchtum in Hebertshausen:Patenbitten mit harter Prüfung

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Die Burschen und Mädchen in Hebertshausen feiern Jubiläum und möchten Gabi Böswirth als Festmutter und Richard Reischl als Schirmherr gewinnen. Nach altem Brauch müssen sie dafür Verse aufsagen und niederknien

Von Petra Schafflik, Hebertshausen

"Machst uns den Schirmherrn für unser Jubiläumsfest?" Eine kurze Frage - auf WhatsApp oder Twitter wäre die Sache schnell erledigt gewesen. Auch ein Anruf hätte es vermutlich getan. Aber so einfach wollten es sich die jungen Leute vom Katholischen Burschen- und Mädchenverein Hebertshausen nicht machen. Schließlich geht es der Jugend, die zum 115. Vereinsgeburtstag im Juli 2018 ein viertägiges Fest im Dorf organisiert, nicht einfach nur ums Feiern. Sondern auch um den Erhalt alter Traditionen.

Also trat am Samstagnachmittag eine 25-köpfige Delegation um Vorstand Philipp Winkler an zum "Patenbitten". Mit einer förmlichen Anfrage werden dabei Honoratioren als Festpaten geworben. Die lassen sich aber meist nur überzeugen, wenn im geselligen Kreis ein paar heitere Aufgaben erfüllt werden. Dieser Brauch ist im Oberland noch verbreitet, im Landkreis aber nicht mehr üblich. In Hebertshausen war das Ziel der jungen Leute, Bürgermeister Richard Reischl (CSU) als Schirmherrn und Gabi Böswirth als Festmutter für die Feierlichkeiten zum Vereinsjubiläum zu gewinnen. Natürlich am Ende mit Erfolg.

Einen alten Brauch mit Leben zu erfüllen, erfordert persönlichen Einsatz. Also zogen die jungen Leute in einheitlicher Tracht, die Vereinsfahne voran, vom Maibaum zum Böswirth-Hof mitten im Ort. Die Blasmusik zu diesem Festmarsch tönte zeitgemäß aus einem Lautsprecher, den die Jugend in einem Leiterwagerl mitführte. Bevor dann Vorstand Winkler sein Anliegen feierlich vortragen konnte, wollten die Paten ein wenig Engagement sehen. Bürgermeister Reischl wünschte die Anfrage in Versform, was den jungen Leuten ein siegessicheres Lächeln auf die Lippen zauberte. Schließlich hatten sie so einen gereimten Text schon vorbereitet. Doch dann war noch Gehirnschmalz und Bedenkzeit nötig, denn der Rathauschef gab fürs Gedicht feste Stichworte vor. Wirklich ins Schwitzen kamen die jungen Leute bei den Aufgaben der künftigen Festmutter Gabi Böswirth. Einen Zwiefachen aufs Parkett zu legen, das gelang recht und schlecht. "Noch ausbaufähig", sagte Böswirth mit einem Augenzwinkern. Dagegen erledigte Philipp Winkler das geforderte Kirchweih-Nudeln-Ausbacken souverän. Schließlich hatte die künftige Festmutter fürsorglich auch die Teiglinge schon vorbereitet.

Katholischer Burschen- und Mädchenverein - das ist in Hebertshausen kein altmodisches Relikt vergangener Zeiten, sondern eine engagierte Truppe von 83 jungen Leuten. Die Mitglieder, nicht unbedingt katholisch, aber alle ledig und noch keine 35 Jahre alt, so will es das Vereinsstatut, kümmern sich darum, alte Bräuche im Dorf lebendig zu erhalten. Osterfeuer, Waldfest, Faschingswagen, Altpapiersammeln - die Jugend vom Burschen- und Mädchenverein kümmert sich ums Gesellige und ist zur Stelle, wenn eine helfende Hand gebraucht wird.

So einer engagierten Truppe sagten die beiden angefragten Festpaten gerne ihre Unterstützung zu. Ihre offiziellen Aufgaben beim Jubiläum sind überschaubar: Grußworte werden vom Schirmherrn erwartet, die Festmutter wird ein neues Bandl für die Fahne stiften. Beide sind mit dem Verein auch persönlich verbunden: Der Rathauschef war selbst in seiner Jugend Mitglied, alle drei Kinder der künftigen Festmutter Gabi Böswirth gehören dazu, die Vereinsfahne wird am Hof aufbewahrt. "Tradition und Brauchtum lebendig zu halten, das ist eine schöne Sache", sagte Böswirth. Den überlieferten Vorgaben folgend trug der Vereinsvorstand seine Patenbitte schließlich auf Holzscheiten kniend vor. Weil so viel Einsatz belohnt werden muss, lud die künftige Festmutter Gabi Böswirth die ganze Runde dann zu einer gemütlichen Brotzeit ein.

© SZ vom 21.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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