Bluttat von Dachau:Todesschütze spricht - aber bereut nichts

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Fünf Tage nachdem er im Amtsgericht Dachau einen jungen Staatsanwalt erschossen hat, äußert sich der Täter erstmals. Mit seinem Anwalt spricht Rudolf U. über die Motive seiner Tat und beklagt sich über die Haftbedingungen. Doch Reue zeigt er nicht.

Susi Wimmer und Helmut Zeller

Hass auf Bayerns Justiz und das Gefühl, permanent ungerecht behandelt worden zu sein, waren die Motive für den Todesschützen im Dachauer Amtsgericht. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung brach der 54-jährige Rudolf U. am Montag nach fünf Tagen sein Schweigen und sprach mit seinem Pflichtverteidiger. Reue habe er dabei bislang nicht gezeigt.

Hass auf die Justiz soll das Motiv des Todesschützen von Dachau gewesen sein. Am Montag hat Rudolf U. nach fünf Tagen sein Schweigen gebrochen. (Foto: dapd)

Wie Anwalt Wilfried Eysell am Montag der SZ sagte, habe ihm der Transportunternehmer erklärt, dass er seit sieben Jahren immer vor Gericht verloren habe. Stets sei alles an ihm hängengeblieben.

Zum Ablauf der Tat und der illegal erworbenen Waffe, einer belgischen Armeepistole, habe Rudolf U. nichts gesagt. Stattdessen habe sich der Mann beschwert, der an Herzproblemen und den Folgen eines Schlaganfalls leidet, über die Haftbedingungen in der Justizvollzugsanstalt Stadelheim. Er habe keine passende Wäsche und zudem seit seiner Inhaftierung nichts gegessen, behauptet Rudolf U. "Reue liegt bei ihm nicht vor. Entweder kann er nicht bereuen, oder er ist noch nicht so weit", sagte Eysell.

Offenbar nach Rücksprache mit der Anwaltskammer hat sich nun auch die Anwältin, die Rudolf U. in jenem Prozess vor dem Dachauer Amtsgericht vertreten hat, gegenüber der Polizei geäußert. Sie hatte sich bislang auf ihre Berufsverschwiegenheit berufen. "Sie redet jetzt über das Tatgeschehen", sagte Oberstaatsanwalt Thomas Steinkraus-Koch der SZ.

Zu dem lautstarken Gespräch im Schlosscafé, das kurz vor der Tat zwischen Anwältin und Mandant stattfand, mache sie allerdings nach wie vor keine Angaben.

Der Zeuge, der angeblich das Gespräch mitbekommen haben müsste, hat sich bisher bei der Polizei noch nicht gemeldet. "Wir gehen jetzt alle Sitzungsunterlagen von jenem Tag durch, vielleicht war der Mann irgendwo als Zeuge oder ähnliches geladen", so Steinkraus-Koch.

Die polizeilichen Ermittlungen laufen unvermindert weiter. Die Ermittler wollen sich ein Bild machen, wie Rudolf U. gelebt hat, auf der Suche nach einer Erhärtung des Tatmotivs werde man auch alle Gerichtsfälle, in die der 54-Jährige in den Vorjahren involviert war, genau anschauen, kündigte der Oberstaatsanwalt an.

Die Aussagen von Rudolf U. gegenüber seinem Anwalt stützen die Annahme der Ermittler, dass er sich in dem Prozess wegen Veruntreuung von Arbeitsentgelt ungerecht behandelt gefühlt und deshalb geschossen hatte.

Während der Urteilsbegründung - ein Jahr Haft auf Bewährung - hatte Rudolf U. im Amtsgericht Dachau eine Pistole gezogen und fünf Schüsse auf den Richter und den Ankläger abgegeben. Der 31 Jahre alte Staatsanwalt wurde von zwei Kugeln getroffen und starb kurze Zeit später im Krankenhaus.

Im Gespräch mit seinem Anwalt habe Rudolf U. erzählt, dass er oft vor Gericht gestanden habe - nicht wegen eigener Delikte, sondern wegen Problemen seiner Fahrer. Die Spedition des 54-jährigen Dachauers war 2009 pleitegegangen. Auch habe Rudolf U. sich von der Berufsgenossenschaft ungerecht behandelt gefühlt.

Der Todesschütze war am Montag auch bereit, mit einem Sachverständigen zu sprechen, der ein Vorabgutachten über den Täter erstellen soll. Ein vollständiges psychiatrisches Gutachten wird mehr Zeit in Anspruch nehmen. Dessen Ergebnisse entscheiden laut Anwalt darüber, ob der Haftbefehl wegen Mordes und versuchten Mordes aufgehoben wird.

Der Haftbefehl könnte dann in einen Unterbringungsbefehl umgewandelt und Rudolf U. in eine Klinik gebracht werden. Die psychiatrische Untersuchung ist für die Frage der Schuldfähigkeit des Todesschützen von besonderer Bedeutung. Staatsanwaltschaft und Polizei gehen von einem vorsätzlichen Mordversuch am Richter und Mord am Staatsanwalt aus.

© SZ vom 17.01.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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