Bildung:Mehr Kinder, kleinere Klassen

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Schulamtsleiterin Isolde Stefanski spricht von einem erfreulichen Trend an Grund- und Mittelschulen. Förderklassen für Migrantenkinder werden fortgeführt. Beim Thema Ganztagsunterricht geht jedoch nichts voran.

Von Petra Schafflik, Dachau

Auch die längsten Sommerferien gehen einmal zu Ende und so beginnt an diesem Dienstag für 15 200 Mädchen und Jungen im Landkreis wieder die Schule. Besonders spannend wird dieser Tag für die 1486 Kinder, die als Schulanfänger zum allerersten Mal ein Klassenzimmer betreten. Dort werden dann alle Schüler ordentliche Lernbedingungen vorfinden. Während in den vergangenen Jahren gerade an Grund- und Mittelschulen des Öfteren Lehrer für pädagogische Angebote fehlten, gibt es in diesem Jahr keine Klagen. "Die Lehrkräfteversorgung ist gut, die Lage entspannt", erklärt Schulamtsleiterin Isolde Stefanski. "Wir werden wirklich gut bedient für unsere vielen Förderstunden", bestätigt Rektorin Gabriele Dörfler von der Grundschule-Ost in Dachau.

Insgesamt ist die Entwicklung im Kreis alles andere als typisch: Während landesweit immer weniger Kinder leben und einzelne Schulen schließen müssen, registriert das Dachauer Schulamt für die Volksschulen stabile, tendenziell steigende Schülerzahlen. So besuchen jetzt 5811 Mädchen und Buben eine staatliche oder private Grundschule (Vorjahr: 5681), an den Mittelschulen werden 2893 Kinder unterrichtet. Im Landkreis sei kein Schulstandort gefährdet, so die Schulamtsleiterin. Gleichzeitig mit den steigenden Schülerzahlen sitzen immer weniger Kinder in einem Klassenzimmer. Die Klassenstärke liegt bei 23 in den ersten Klassen und zwischen 19 und 21 in den Jahrgangsstufen der Mittelschule. "Sehr erfreulich" nennt Stefanski diesen Trend. Allerdings seien viele kleine Klassen personalintensiv, erläutert Thomas Frey, der als Leiter der Mittelschule Markt Indersdorf einen der beiden Mittelschulverbünde im Kreis koordiniert. Ein hoher Anteil des Lehrerbudgets werde für den regulären Unterricht verbraucht, sobald einzelne Klassen mit nur zwölf oder 13 Schülern geführt würden. Die Alternative wäre, diese Klassen aufzulösen und die Schüler auf bestehende Klassen zu verteilen. Dann blieben an den Mittelschulen mehr Lehrerstunden für individuelle Förderung oder Zusatzangebote. "Wir im Schulverbund setzen die Priorität, jeden Schulstandort zu sichern, solange es vernünftig und vertretbar ist."

Steigende Schülerzahlen bei kleineren Klassen sichern Schulen. Aber manches Schulhaus wird durch diese Entwicklung auch zu klein. Akute Platznot herrscht aktuell an der Grundschule-Ost, wo ein geplanter Container-Anbau nicht bis Schulbeginn fertig wird. Eine der fünf ersten Klassen wird deshalb übergangsweise in der rasch umgestalteten Schulbücherei einziehen. Der Bibliotheksbetrieb muss vorläufig ruhen, auch diverse Förder- und Differenzierungsstunden fallen aus Raumnot erst einmal aus. Ärgerlich, findet Schulleiterin Gabriele Dörfler, die bereits im Januar massiv auf eine Erweiterung gedrängt hatte, nachdem die Schülerzahlen auf dem Tisch lagen. "Hoffentlich wird das Provisorium wirklich nur für wenige Wochen benötigt."

Schulamtsdirektorin Stefanski ist mit der Lehrerversorgung zufrieden. (Foto: Niels P. Joergensen)

Nicht nur Schüler- und Klassenzahlen steigen, auch das pädagogische Angebot wird immer vielfältiger. Neben Arbeitsgruppen, Förder- und Differenzierungsangeboten gibt es erstmals ein Personalbudget, um die Kooperation von Kindergärten und Grundschulen zu stärken, erläutert Schulamtsleiterin Stefanski. Als erste Schule im Landkreis startet die Grundschule Odelzhausen sogenannte Flexi-Klassen, in denen Schüler der ersten und zweiten Jahrgangsstufe gemeinsam unterrichtet werden und das Lernpensum flexibel in ein bis drei Schuljahren absolvieren. Ein "pädagogisch hochinteressantes Modell", findet Rektorin Cordula Weber, weil Schulanfänger immer unterschiedlichere Voraussetzungen mitbrächten. Die Flexi-Klasse sei "die systematische Fortsetzung dessen, was wir an individueller Förderung jetzt schon machen". Bei den Eltern stößt das Modell auf Zuspruch: "Wir mussten Interessenten ablehnen."

Weitergeführt werden im Kreis die erfolgreichen Übergangsklassen, in denen an den Grund- und Mittelschulen Dachau-Ost und Karlsfeld Kinder von Flüchtlingen und Zuwanderern speziell gefördert werden. Nicht voran geht es dagegen beim Thema Ganztagsschule. Die gebundenen Ganztagsklassen der Grundschulen Schwabhausen und Odelzhausen wie auch der Mittelschulen Altomünster, Erdweg, Markt Indersdorf, Dachau-Ost, Karlsfeld sowie der Montessori-Schule werden fortgeführt. Doch eine Ausweitung des Angebots ist nicht in Sicht. In Bergkirchen scheiterten Bemühungen am fehlenden Interesse der Eltern, in Dachau mangelt es bekanntlich an allen vier Grundschulen an Raumkapazitäten.

Ruhig starten die weiterführenden Schulen ins neue Schuljahr. Der Ganztagszug am Dachauer Josef-Effner-Gymnasium (JEG) wird erstmals nur zwei statt bisher drei oder sogar vier Eingangsklassen umfassen. Schulleiter Kurt Stecher beobachtet bei Familien, die sich für ein Ganztagsgymnasium interessieren, einen Trend zu den privaten Münchner Einrichtungen. "Die private Schule kann mehr bieten als wir, längere Betreuung und mehr sozialpädagogische Angebote." Wie sich der JEG-Ganztagszug, der aktuell bis zur achten Klasse geht, weiterentwickelt, bleibe abzuwarten. Stabil ist dagegen mit heuer 30 Anmeldungen das Interesse an der Einführungsklasse, die seit 2012 am Dachauer Ignaz-Taschner-Gymnasium Realschüler auf den Eintritt ins Gymnasium vorbereitet. "Der Bedarf ist da", so Schulleiter Erwin Lenz. Mit Blick auf die öffentliche Debatte zum acht- oder neunjährigen Gymnasium wünschen sich die Schulleiter der drei Kreisgymnasien unisono, "dass endlich Ruhe einkehrt". Der Dachauer SPD-Landkreisabgeordnete und Bildungsexperte Martin Güll verweist in einer Pressemeldung darauf, dass im Landkreis von den 52,9 Prozent der Schüler, die fürs Gymnasium geeignet sind, nur 35 Prozent auch diese Schulart besuchen. Güll plädiert daher für ein Zurück zum neunjährigen Gymnasium, zu "mehr Lern- und Bildungszeit". Die Schulleiter dagegen erwarten sich jetzt nur mehr eine "Feinjustierung" des G 8 und ein Ende der Grundsatzdebatten.

© SZ vom 15.09.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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