Beschluss in Dachau:Alkohol am Bahnhof

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Der Stadtrat will ein Verkaufsverbot von Bier und noch härteren Getränken am Kiosk erwirken

Von Petra Schafflik, Dachau

Jeder Dachauer kennt die Szene: An der Treppe neben dem Bahnhofskiosk oder im kleinen Park Richtung Frühlingstraße sitzen Leute und trinken. Auch die Grünanlage neben der Post und der Spielplatz östlich des Bahnhofs sind beliebte Treffpunkte. Kein neues Phänomen, immer wieder gehen bei der Stadt Beschwerden ein, Bürger sorgten sich um das Erscheinungsbild der Stadt, bestätigt Josef Hermann, Leiter des auch für die öffentliche Sicherheit zuständigen städtischen Hauptamts. Um das Areal am Bahnhof wieder attraktiver zu machen, hat die Überparteiliche Bürgergemeinschaft (ÜB) ein Alkoholverbot angeregt. Doch nach intensiver Debatte, da waren sich die Stadträte im Haupt- und Finanzausschuss einig, lehnten die Kommunalpolitiker es ab. Der Grund: Ein Alkoholverbot rund um den Bahnhof löst das Problem nicht.

Die Gruppen, die momentan dort sitzen und trinken, würden sich dann vermutlich anderswo treffen. Die Trinker könnten sich an Orten zusammenfinden, an denen die soziale Kontrolle fehle, warnte die Polizei Dachau. "Diese zu passieren, wäre mir unangenehmer", so Luise Krispenz (Grüne). Auch Gertrud Schmidt-Podolsky sorgt sich, dass die Szene abdrängt werden könnte an abgeschiedene Winkel. Wenn dort dann Passanten angepöbelt würden, "bekommt es niemand mit", sagt Polizeisprecher Günther Findl.

Unabhängig davon erarbeitet die Bahn gerade eine neue Hausordnung, die künftig ein generelles Alkoholverbot in den Stationen vorsieht. Auch in der Stadtverwaltung gab es dazu bereits Überlegungen. Alles mit dem Ziel, "das subjektive Sicherheitsempfinden zu erhöhen", so die Sitzungsvorlage. Ein Vorschlag, dem Bahn, Bundespolizei und auch die Dachauer Polizeiinspektion grundsätzlich positiv gegenüberstehen.

Vorbild sind bereits bestehende Alkoholverbote an den Bahnhöfen in München, Regensburg und Nürnberg. Zumindest in der Landeshauptstadt wurde seitdem ein Rückgang der Straftaten registriert. Doch wie viele Verbrechen am Dachauer Bahnhofs unter Alkoholeinfluss verübt werden und ob diese in Zusammenhang stehen mit den als störend empfundenen Trinker-Gruppen ist nicht erfasst. Gegen das Verbot von "übermäßigen Alkoholkonsum", wie es die Hausordnung der Bahn schon jetzt regelt, habe es laut Sitzungsvorlage im ersten Halbjahr 145 Verstöße gegeben. Die Polizei hat im Vorjahr 76 Straftaten am Bahnhof registriert, die meisten davon Radldiebstähle. Auch 17 Körperverletzungen waren darunter, sieben "gesichert" unter Alkoholeinfluss, so Inspektionssprecher Findl. Wo aber die Schläger sich ihren Rausch angetrunken haben, bleibt offen. "Es muss sich dabei nicht um die genannten Gruppen handeln."

Bei einem Alkoholverbot für den Bahnhof und das engere Umfeld - bewehrt mit einem Bußgeld von maximal 1000 Euro - gelte es, den Verdrängungseffekt im Auge zu behalten, betonte Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD). Ein Verbot nütze nur "in Verbindung mit Streetwork oder einem ähnlichen Angebot", sagte Anke Drexler (SPD). Eine Aufgabe, für die allerdings zusätzliches Personal nötig wäre, so die Stadtverwaltung. Edgar Forster (FW) sagte, er verstehe die Angst der Verwaltung, als untätig da zu stehen.

Wenn die trinkfreudigen Leute sich statt am Bahnhof in der nahe gelegenen und deutlich ruhigeren Grünanlage beim Sparkassenplatz träfen, sei nichts gewonnen. Im Gegenteil. Dort fehle die soziale Kontrolle, sagte Jutta Krispenz. "Am Bahnhof gibt es viele Besucher und viel Polizei", gab Schmidt-Podolsky zu bedenken. Auch ohne Alkoholverbot werde rund um den Bahnhof schon häufig kontrolliert, oft mit Kräften in zivil, bestätigt PI-Sprecher Findl. Und wenn Passanten angepöbelt oder angequatscht würden, "sprechen wir auch jetzt schon einen Platzverweis aus".

Ganz untätig wollten die Stadträte nicht bleiben. Nachdem Alkohol am Bahnhof definitiv ein Problem ist, wird es als kontraproduktiv gesehen, dass Kiosk wie Dönerstand dort alkoholische Getränke verkaufen. Man will nun bei der Bahn anregen, ein Verkaufsverbot auszusprechen.

© SZ vom 25.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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