Bergkirchen:Wachstumsdebatte

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Bergkirchen soll in allen Ortsteilen, hier Lauterbach, moderat wachsen. Bürgermeister Landmann sagt: "Jeder kommt mal dran." Auch Oberbachern. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Die erste von zwei Bürgerversammlungen der Gemeinde dreht sich um die Frage, wie die Ortschaften dem Siedlungsdruck im Ballungsraum München begegnen sollen

Von Petra Schafflik, Bergkirchen/Oberbachern

"Wir sind wunschlos glücklich", sagte ein Zuhörer halblaut zu seinem Tischnachbarn, als der Bürgermeister im Wirtshaus Oberbachern die Zuhörer um Kritik und Anregungen bat. Ganz stimmte das dann doch nicht. Die Frage des Wachstums der Gemeinde und der Siedlungsdruck im Ballungsraum auch wegen der neuen S 2 nach Altomünster trieb die Zuhörer um. Sie befürchteten, dass gerade Bachern als S-Bahn-Standort zu schnell zu groß werden könnte.

Zweieinhalb Stunden referierte Bergkirchens Rathauschef Simon Landmann (CSU) bei der ersten von zwei Bürgerversammlungen über die Entwicklung der 8000-Einwohner-Gemeinde. Der eine oder andere schaute schon ungeduldig auf die Uhr, als Ute Hönle das eben erst fertig gestellte "innovative Sozialbüro" im Bruggerhof und die dort geplanten Angebote vorstellte. Doch die 50 Bergkirchener, die zur Veranstaltung gekommen waren, bewiesen Ausdauer.

Aufmerksam und durchaus kritisch beobachten sie die Entwicklung ihrer Heimatgemeinde. Mit der Elektrifizierung der Bahnlinie Altomünster ist Bachern jetzt S-Bahn-Gemeinde, wird als Wohnort noch attraktiver. "Damit wird der Siedlungsdruck besonders hoch", erwartete Josef Plöckl. Doch Zuzug im Übermaß bereite ihm Sorgen. "Ein explosives Wachstum wollen wir nicht. Da würde man sich nicht mehr wohlfühlen." Die Gemeinde setze auf eine moderate Entwicklung, betonte Bürgermeister Landmann. Wie schon in den vergangenen Jahren soll die Einwohnerzahl maximal um 0,6 bis 0,8 Prozent jährlich zunehmen. Freilich würden gut erschlossene Dörfer wie Bergkirchen, Günding, Feldgeding oder eben auch Bachern stärker wachsen als Orte mitten im Moos wie Kreuzholzhausen. "Dort fehlt die Infrastruktur." Dennoch will der Gemeinderat dafür sorgen, dass "jeder Ortsteil mal drankommt." Ziel ist, dass die einheimische Jugend "bei uns bleiben kann".

In den kommenden Jahren entwickelt die Gemeinde deshalb Bauland in Deutenhausen, Feldgeding, Günding und Oberbachern, kündigte Landmann in seinem Bericht an. Überall soll es auch Grundstücke im einheimischen Modell geben. Weil sich aber nicht alle Familien den Bau eines Hauses leisten können, wird die Gemeinde erstmals in jedem der neuen Baugebiete Eigentums- oder Mietwohnungen für Ortsansässige errichten. Trotzdem wird die ständig steigende Nachfrage weiter die Preise treiben. Schon jetzt beobachtet Landmann, dass Kosten kaum noch eine Rolle spielen. "Es wird gekauft und nicht diskutiert." Diese Entwicklung treibt seltsame Blüten. In Oberbachern bietet die Deutsche Bahn an den Gleisen Grundstücke an. Auswärtige hätten sich erkundigt, wie oft der Zug dort verkehre, berichtete eine Bürgerin. "Die wollen da bauen." Tatsächlich werde das Areal, für das auch die Gemeinde vorsorglich ein Kaufgebot abgegeben hat, "nie Bauland", ist sich der Bürgermeister sicher.

Neben der Gemeindeentwicklung beschäftigten auch Verkehrsthemen die Bürger. Am Ortseingang von Bergkirchen sei die Tempo-Anzeige zu weit innerorts aufgestellt, monierte Anni Leitensdorfer. Die Folge: Die Fahrzeuge seien zu schnell, "Kinder können dort nicht sicher queren." Die Längenmoosstraße in Unterbachern sei nicht einsehbar, Autos parken den Gehweg zu, kritisierte Daniel Pfaff. An der Langwieder Straße in Gröbenried wäre ein Verkehrsspiegel recht, wünschte sich Bianka Zeidler.

Alle Verkehrsprobleme wird sich der Verkehrsausschuss des Gemeinderats bei einer Verkehrsschau vornehmen, die in drei Wochen gemeinsam mit Experten der Dachauer Polizeiinspektion geplant ist. Auf dem Gehweg können Kinder oft nicht gefahrlos radeln, weil Hecken zu weit hereinragten, kritisierte Pfaff. Sträucher, die den Bürgersteig überwuchern, seien auch in Bachern ein Problem, hieß es aus der Versammlung. Bürgermeister Landmann riet: "Einfach im Rathaus anrufen, wir kümmern uns." Über die gestiegene Grundsteuer ärgerte sich Franz Haas. "Wo Bergkirchen finanziell doch gut dasteht." Der Bürgermeister erläuterte, dass die seit 1978 nicht erhöhte Abgabe von 250 Prozent in Schritten nun steigen muss, weil staatliche Umlagen auf Basis von 310 Prozent berechnet werden. Ohne die Anhebung würde die Gemeinde jährlich 500000 Euro draufzahlen.

Wann das Regenrückhaltebecken am Bahndamm in Oberbachern gebaut wird, wollte Mara Scherke wissen: "Nicht, dass davor das nächste Hochwasser kommt." Bürgermeister Landmann musste schmunzeln, weil das Auffangsystem umstritten ist und er sich noch im Herbst viel Kritik anhören musste. "Erst gibt es Probleme, weil wir das Becken bauen, jetzt geht es nicht schnell genug." Aber rasch soll es tatsächlich gehen. Das Reservoir, das Wassermassen vom Hang auffangen und reguliert in den Webelsbach ableiten soll, werde "in den nächsten Wochen gebaut", so Landmann. Bis zum Jahresende, versicherte Landmann, wird auch der P+R-Parkplatz am Bacherner S-Bahnhof fertig.

© SZ vom 01.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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