Bergkirchen:Kompliziertes System

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Bürgermeister Simon Landmann will die Preise für das Trinkwasser in Bergkirchen senken. (Foto: Jørgensen)

Die Preise für das Trinkwasser klaffen in Bergkirchen weit auseinander, weil verschiedene Lieferanten für die einzelnen Ortsteile zuständig sind. Der Tarif-Dschungel soll jetzt gelichtet werden

Von Petra Schafflik, Bergkirchen

Wer in Oberbachern oder Feldgeding den Wasserhahn aufdreht, zapft Trinkwasser aus ein und demselben Brunnen. Die Qualität des nassen Elements ist folglich an beiden Orten gleich. Nur der Preis unterscheidet sich massiv. In Oberbachern kostet ein Kubikmeter Wasser gerade einmal 85 Cent, die Feldgedinger müssen für das identische Produkt mit 1,79 Euro gut doppelt so viel ausgeben. Ein absoluter Spitzenwert im Landkreis, auf den Bürgermeister Simon Landmann (CSU) alles andere als stolz ist. Doch damit nicht genug: In Lauterbach zahlen die Bürger wieder einen anderen Wasserpreis, nämlich nur 80 Cent, in Günding wiederum beträgt die Gebühr 97 Cent. Vier Wasserpreise in einer Gemeinde? Und dann solche Preisunterschiede? Eine Struktur, die bei der jüngsten Tarifänderung im Januar den Bürgern wieder einmal bewusst wurde und die Fragen aufwirft. Antworten lieferte Landmann bei der Bürgerversammlung in Oberbachern.

Tatsächlich ist Bergkirchen mit vier Wassertarifen innerhalb einer politischen Kommune eine Ausnahme im Landkreis. Doch zwei oder drei unterschiedliche Gebühren für das Lebenselixier aus dem Hahn sind auch anderswo durchaus üblich. Was kurios anmutet und sich für einen Teil der Bürger negativ im Geldbeutel bemerkbar macht, ist in Bergkirchen auch Folge der Gebietsreform von 1978. Damals wurden mit Bergkirchen, Feldgeding, Kreuzholzhausen, Günding, Oberbachern, Eisolzried und Lauterbach sieben Kommunen mit insgesamt 24 Ortsteilen zur neuen Gemeinde Bergkirchen zusammengeschlossen. Doch jeder der davor selbständigen Orte verfügte da schon über eine Wasserversorgung oder gehörte zu einem Wasserzweckverband (WZV). Und diese Versorgungsstruktur mit eigenen Leitungen und Brunnen wurde trotz des politischen Zusammenschlusses bis heute weitgehend beibehalten. Die Folge: Nach wie vor gehören Breitenau, Ried, Ober- und Unterbachern zum WZV Oberbachern, werden Bibereck, Deutenhausen, Eisolzried, Heißhof, Hopfenau, Lauterbach, Palsweis, Priel, Rodelzried und auch das neue Gewerbegebiet Gada vom WZV Sulzemoos/Arnbach beliefert, erhalten Günding und Kienaden ihr Wasser von den Dachauer Stadtwerken. Nur die übrigen Dörfer, darunter Bergkirchen, Feldgeding, Kreuzholzhausen, Gröbenried, Neuhimmelreich oder Eschenried werden von der Wasserversorgung Bergkirchen beliefert. Ein kommunales Unternehmen, das zwar über ein Leitungsnetz, aber als einziger Versorger in der Gemeinde nicht über eigene Brunnen verfügt. Denn die in den 1950er Jahren gebohrten Flachbrunnen in Bergkirchen und Feldgeding genügten später nicht den gestiegenen Qualitätsanforderungen. Das Wasser wird eingekauft und teurer an die belieferten Haushalte weitergeleitet. Teurer deshalb, weil die Wasserversorgung Bergkirchen für Wasser des WZV Oberbachern im Einkauf dieselben 85 Cent pro Kubikmeter bezahlt, wie Bürger in Oberbachern, die direkt beliefert werden. Doch obendrauf kommen dann noch die Unterhalts-, Personal- und Verwaltungskosten der Wasserversorgung Bergkirchen selbst. Deren Kunden zahlen deshalb mit 1,79 Euro je Kubikmeter Frischwasser in der Gemeinde mit Abstand den höchsten Preis.

In Wirklichkeit ist das System sogar noch komplizierter. Denn die Wasserversorgung Bergkirchen kauft nicht nur beim WZV Oberbachern ein. Vielmehr fließt in den Eschenrieder Leitungen Wasser der Stadtwerke München, für Günding liefert Dachau und in Kreuzholzhausen sprudelt Wasser vom WZV Sulzemoos aus der Leitung. Wasser von fünf Lieferanten kauft die Wasserversorgung Bergkirchen zu unterschiedlichen Tarifen, berechnet daraus den Abgabepreis als Mischkalkulation.

Einen Ausweg aus diesem komplexen System, das zu hohen Wasserpreisen für die Bürger führt, will die Gemeinde jetzt in Angriff nehmen. Das Ziel: Die vom kommunalen Versorger belieferten Gebiete sollen aufgeteilt werden auf die Wasserlieferanten, deren Wasser bereits jetzt in den jeweiligen Leitungen sprudelt. Einfach ist so eine Übergabe nicht: Der neue Versorger übernimmt das Leitungsnetz, das deshalb vorab akribisch dokumentiert werden muss. Danach gibt es Verhandlungen über mögliche Einstandsgebühren.

Dennoch haben diesen Weg schon andere Gemeinden im Landkreis beschritten. Wie etwa Odelzhausen, das im Jahr 2006 dem WZV Sulzemoos-Arnbach beigetreten ist. Die sukzessive Auflösung der Wasserversorgung für die Bergkirchener soll mit den kleinen Dörfern starten, die momentan ihr Wasser von teuren Lieferanten beziehen. Wie etwa Eschenried, das künftig von den Stadtwerken München direkt versorgt werden könnte. Die Wasserversorgung Bergkirchen wäre dann irgendwann Geschichte. Und die Bürger hätten statt vier nur mehr drei unterschiedliche Wassertarife.

© SZ vom 03.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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