Amper-Klinikum Dachau:Umit lächelt wieder

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Umit hat die Operation gut überstanden. Inzwischen ist der Elfjährige in sein Heimatland zurückgekehrt. (Foto: Helios Amper-Klinikum)

Der kleine Bub aus Usbekistan brach sich vor acht Jahren den Unterschenkel. Die Folge war eine Verkürzung und eine Missbildung des linken Beins. Jetzt wurde der Elfjährige erfolgreich am Amper-Klinikum operiert.

Von Robert Stocker, Dachau

Sein linkes Bein ist mit dicken Bandagen umwickelt. Doch Umit kann schon wieder lächeln. Als er sieben Tage nach der schweren Operation das Dachauer Amper-Klinikum wieder verlässt, ist der kleine Bub aus Usbekistan guten Mutes. Jetzt geht es erst einmal zur Rehabilitation in die Heimeinrichtung der Kinderhilfsorganisation Friedensdorf International nach Oberhausen. Umit muss wieder lernen, seinen linken Fuß zu belasten. - Vor 14 Tagen flog Umit nun gemeinsam mit hundert anderen Kindern in seine Heimat zurück. Möglicherweise wird der Elfjährige in einigen Jahren noch einmal in Dachau operiert werden. Seine Verletzung ist kompliziert und braucht Nachsorge. "Ich hoffe, dass ich eines Tages wieder von ihm hören werde", sagt Arzt Michael Scherer.

Chefarzt Michael Scherer hofft, den Jungen eines Tages wieder zu sehen

Der Chefarzt der Orthopädie und Unfallchirurgie am Helios Amper-Klinikum hat den Buben am 5. Juni operiert. Diagnose: Fraktur des linken Unterschenkels. Doch so einfach ist die Sache nicht. Umit zog sich die Verletzung als Vierjähriger zu. "Wir wussten nicht, woher sie stammt, es kann eine Kriegsverletzung gewesen sein, aber auch ein Unfall", sagt Michael Scherer. Die Fraktur wurde in Usbekistan nicht ärztlich versorgt, acht Jahre lang heilte die Verletzung nicht aus. Seit seinem vierten Lebensjahr konnte der Bub sein linkes Bein nicht benutzen. Es verkürzte sich um mehr als fünf Zentimeter, der Fuß litt unter einer Missbildung. Unter diesen Vorzeichen stand die komplizierte Operation. "Trotzdem ist sie gut verlaufen", berichtet der Professor. Scherer und sein Team mussten das gebrochene Schienbein rekonstruieren. "Wir haben das Wadenbein des kleinen Patienten als Ersatz für das Schienbein eingebaut, Fremdknochen transplantiert und alles mit zwei Platten und Schrauben stabilisiert", erklärt der Chefarzt die Vorgehensweise. Die Fremdknochen erwarb das Klinikum beim Deutschen Institut für Zell- und Gewebekultur. Bei einem Kind verwende man dessen Knochen für so eine Operation nicht, sagt Scherer.Komplikationen gab es bei der aufwendigen Behandlung glücklicherweise keine.

Im Jahr 2013 wurde Umit schon einmal in Deutschland behandelt. Diese Operation schlug allerdings fehl. Bis die Verletzung komplett geheilt ist, werden nach Auskunft von Professor Scherer noch einmal ein bis zwei Jahre vergehen - eine gute Nachsorge vorausgesetzt. Die muss Umit jetzt in seiner Heimat bekommen. "Die Erfolgsaussicht des Eingriffs liegt bei 70 Prozent", sagt der Chefarzt der Orthopädie.

Klinikum stellt keine Kosten in Rechnung

Dass die Operation überhaupt zustande kam, ist dem Helios Amper-Klinikum und dem Friedensdorf International zu verdanken. Scherer arbeitet mit der Kinderhilfsorganisation bereits seit 15 Jahren zusammen. Damals arbeitete er noch als Unfallchirurg im LMU-Klinikum Rechts der Isar. Im Dachauer Amper-Klinikum hat er seit 2006 jährlich ein bis zwei Kinder operiert, die von der Kinderhilfsorganisation vermittelt wurden. Das Klinikum stellte dafür keine Kosten in Rechnung. Es gebe viele Träger, die sich weigern, so ein Kind zu behandeln, sagt Scherer. Denn oft wisse man nicht, wie lange die Behandlung dauert. Dann können die Kosten schnell in die Höhe schießen.

Umit kam Mitte Februar mit mehr als hundert Kindern aus Afghanistan, Usbekistan und anderen Nachbarländern nach Deutschland. Zweimal jährlich fliegt Friedensdorf International nach Afghanistan, damit Kinder etwa aus Bürgerkriegsländern eine medizinische Behandlung erhalten. In ihren Heimatländern ist sie nicht möglich. Schwestern und Pfleger der örtlichen Krankenhäuser suchen mit der Kinderhilfsorganisation die kleinen Patienten aus. Die Eltern geben ihr Einverständnis, wissen aber zu diesem Zeitpunkt noch nicht, wo ihre Kinder behandelt werden. Die operierenden Ärzte kennen die Eltern nicht, die für den Eingriff eine Blanko-Vollmacht unterschreiben. Chefarzt Michael Scherer hofft, von dem kleinen Umit wieder zu hören. Vielleicht kehrt der heute Elfjährige nach Dachau zurück. Für eine erneute Operation, um sein linkes Bein wieder zu verlängern.

© SZ vom 06.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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