Baustelle in Dachau:Schuften, wenn andere schlafen

Lesezeit: 2 min

400 Tonnen Asphalt, ohne dass die Pendler etwas merken: Die Kreuzung an der Münchner Straße in Dachau wurde nachts saniert.

Melanie Staudinger

Am Mittwochmorgen sieht die Münchner Straße in Dachau eigentlich aus wie immer. Gut, es fahren ein paar weniger Autos als sonst Richtung München, weil gerade Sommerferien und viele im Urlaub sind.

Zwei Nächte lang wurde die sonst vielbefahrene Münchner Straße in Dachau gesperrt und saniert. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Trotzdem stauen sich die Linksabbieger in die Bahnhofstraße, in der Bäckerei an der Kreuzung drängen sich die Menschen und holen sich ihre Frühstückssemmeln. Dass hier vor einigen Stunden noch eine der größten Baustellen Dachaus in den vergangenen und wohl auch kommenden Jahren war, merken die Pendler nicht. Lediglich die Anwohner schauen noch ein bisschen müde drein - sie haben zwei schlaflose Nächte hinter sich.

Die Stadt lässt die Kreuzung zwischen Münchner, Bahnhof- und Schillerstraße sanieren. Durch das hohe Verkehrsaufkommen in diesem Bereich ist der Asphaltbelag stark verdrückt worden - die Folge sind bis zu fünf Zentimeter große Spurrillen.

Das wird zum Problem, wenn es regnet. Dann nämlich kann das Wasser nicht mehr richtig abfließen. Ist es zu kalt, gefriert es. Besonders Zweiradfahrer tun sich dann schwer.

400 Tonnen Asphalt und 150 Grad

Am Dienstagabend quält sich eine große Maschine über die bereits abgefräste Münchner Straße. Im Fachjargon heißt das Fahrzeug-Fertiger, es kostet in etwa so viel wie ein Einfamilienhaus. Es verteilt den frischen Asphalt auf der Fahrbahn, zuerst in Richtung stadtauswärts, und walzt ihn schon einmal vor.

Der Fertiger wird in dieser Nacht 400 Tonnen Asphalt verteilen. Die Lastwagen liefern das Material im Akkord. 150 Grad muss der Asphalt heiß sein, damit er sich optimal verteilen lässt. Deshalb wird er aus Allach in Thermobehältern geliefert. Bauhofmitarbeiter Heribert Lorenz kontrolliert die Temperatur regelmäßig.

Er ist der einzige städtische Angestellte auf der Baustelle. Die anderen zwölf Arbeiter kommen von der Firma Schelle Straßenbau aus Pfaffenhofen an der Ilm. "Heute ist es richtig angenehm", sagt Lorenz.

Im Gegensatz zu Montag, als der Asphaltbelag abgefräst worden ist, regnet es immerhin nicht. "Nach einigen Stunden ist den Arbeitern das Wasser aus den Schuhen gelaufen", erzählt er lachend.

Der einzige Ort, an dem es wenigstens ein wenig Schutz vor dem Regen gab, war das Vordach eines Geschäfts, das hochpreisige Damenbekleidung verkauft. Erst um fünf Uhr morgens waren die Bauarbeiter fertig - gerade noch pünktlich vor dem Berufsverkehr.

Am Dienstag ist es in der Nähe des heißen Asphalts nicht zu kalt, und vor allem bleibt es trocken. Fräsen funktioniert bei Regen, Asphaltieren nicht. "Glück gehört dazu", sagt Lorenz. Während der Fertiger unermüdlich den neuen Straßenbelag aufbringt, fahren schon zwei Männer mit Walzen über die Münchner Straße.

Die Neigung müsse stimmen, erklärt Lorenz. Sonst könne hinterher das Wasser nicht richtig ablaufen. Wieder andere schaufeln die Gulli-Löcher frei oder passen an den Rändern die neue Straße den bestehenden an.

"So eine Baustelle haben wir wohl so schnell nicht mehr"

Die Männer sind in ihre Arbeit vertieft. Es stört sie nicht einmal, dass plötzlich ein Autofahrer auf der noch unasphaltierten Seite der Münchner Straße durchrauscht. Wie er die in einiger Entfernung stehenden Absperrungen durchbrochen hat, hat niemand gesehen. Leicht kann es nicht gewesen sein.

Und außer einem kleinen Zeitgewinn hat der Unbelehrbare auch nichts davon. Die Bauarbeiter haben den Haftkleber schon auf der Straße ausgebreitet. "Der geht so schnell nicht mehr vom Lack ab", sagt Lorenz.

Er verhandelt bereits mit der Firma, die für die Straßenmarkierungen zuständig ist. Sobald der Asphalt kalt genug ist, wird sie die Linien für die Spuren aufsprühen. Das geschieht noch ganz altmodisch mit Schnüren und einer gehörigen Portion Augenmaß - ganz im Gegensatz zum technisierten Asphaltieren.

Es läuft alles nach Plan. Um halb ein Uhr erstrahlt die Münchner Straße in neuem Glanz, bis in die Morgenstunden ist auch die Bahnhofstraße fertig. Lorenz ist mit dem Werk zufrieden: "So eine Baustelle haben wir wohl so schnell nicht mehr."

© SZ vom 02.09.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: