Bauarbeiten am Gedenkstätten-Parkplatz:"Das reinste Chaos"

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Weil der Parkplatz an der KZ-Gedenkstätte derzeit erneuert wird, stellen Besucher ihre Autos in den umliegenden Wohnvierteln ab. Das nervt die Anwohner. Bei einer Info-Veranstaltung lassen sie ihrem Ärger freien Lauf

Von Petra Schafflik, Dachau

Mehr als 100 Bürger drängten sich am Dienstagabend in das Besucherzentrum der KZ-Gedenkstätte. Sie erwarteten Antworten und Lösungsvorschläge zu akuten Verkehrsproblemen, die seit Anfang August die Anwohner im Umfeld der Gedenkstätte belasten. Seit nämlich zu Beginn der Sommerferien die Bauarbeiten begonnen haben für die Neugestaltung des Gedenkstätten-Parkplatzes an der Alten-Römer-Straße, gibt es nur noch wenige Parkmöglichkeiten. Die Folge: Besucher der Gedenkstätte stellen ihre Autos mangels Alternative in umliegenden Wohnstraßen ab.

"Wildes Parken hat zu großen Beeinträchtigungen geführt", sagte die Leiterin der Gedenkstätte Gabriele Hammermann. Viele Beschwerden gingen auch im Rathaus ein, "auch auf Facebook wird stark diskutiert", sagte Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD), der deshalb zur Infoveranstaltung geladen hatte.

Genervte Autofahrer, wilde Manöver, Fahrzeuge im Grünstreifen, auf dem Gehweg, im Halteverbot und mitten in der Feuerwehranfahrtszone - mit diesem Szenario sahen sich die Anwohner rund um die KZ-Gedenkstätte in den vergangenen Wochen konfrontiert. "Ein Wohnmobil blockierte drei Stunden unsere Tiefgaragenzufahrt, die Polizei tat nichts", berichtete eine Frau. "Es war das reinste Chaos, eine Katastrophe", erklärt eine andere Bürgerin. Massive Einwände gab es - wie bereits bei einer ersten Versammlung im Februar - gegen die konkrete Planung des erweiterten Parkplatzes. Das Konzept bringe Lärm- und Feinstaubbelastung, nehme zu wenig Rücksicht auf die Anwohner, kritisierten viele. Warum, so fragten die Anwohner, wurden bei der Projektplanung die Auswirkungen aufs Umfeld so wenig berücksichtig?

Eine Statistik belegt die Wahrnehmung der Betroffenen. Als Reaktion auf die Beschwerden hat die städtische Verkehrsüberwachung stärker kontrolliert, erklärte der OB. Das Ergebnis: "155 Verwarnungen allein im August." Nur die Spitze des Eisbergs, denn an den stark frequentierten Wochenenden sind keine Parküberwacher im Einsatz. Und in der besonders belasteten Siedlung für Staatsbedienstete (Stadi-Bau) gelten die Parkflächen als Privatgelände. "Dort dürfen wir gar nicht kontrollieren", so der Leiter der städtischen Verkehrsbehörde, Stefan Januschkowetz.

Wegen Bauarbeiten ist der Parkplatz an der Gedenkstätte nur eingeschränkt nutzbar. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Bei der Veranstaltung, an der Vertreter von Stadt, KZ-Gedenkstätte, staatlichem Bauamt und Mitarbeiter des Planungsbüros Latz und Partner auf dem Podium teilnahmen, suchte man nach möglichen Auswegen. Um den Druck auf die Wohnviertel zu mildern, verlangten die Bürger in der dreistündigen Debatte pragmatische Lösungen. Gedenkstätten-Leiterin Hammermann sagte, der Parkplatz habe nun eine eigene Adresse. Zudem wird auf der Homepage auf die Sperrung hingewiesen, Reiseveranstalter sind informiert. Autofahrer, die am voll belegten Parkplatz abgewiesen werden müssen, erhalten einen Flyer, der öffentliche Stellflächen in der Stadt auflistet. Die Parkplätze der Stadi-Bau-Siedlung wiederum sollen in den kommenden Tagen als Privatgrund ausgewiesen, so eine Vertreterin des staatlichen Wohnbauunternehmens. Zudem sollen Schilder angebracht werden und darauf hinweisen, dass Parksünder abgeschleppt werden.

Doch echte Abhilfe schaffen nur andere Parkmöglichkeiten, war man sich einig. Eine Prüfung im Vorfeld blieb ohne Ergebnis, so Hammermann. Das freie Areal bei der Kita am Wäldchen liege zu nah am Wohngebiet. Bei der direkt an die Gedenkstätte grenzenden "Messerschmidt-Wiese" stellte sich das Denkmalamt quer. Auch komme eine provisorische Lösung sehr teuer. Besucher der Gedenkstätte sollen nun entlang der Alten-Römer-Straße parken, dort sei Platz für bis zu 120 PKW, so Hartmann. Um zu verhindern, dass Autofahrer überhaupt in die Pater-Roth-Straße abbiegen, wird ein "Zufahrt-Verboten-Schild" aufgestellt. Nur Linienbusse und Anlieger sollen weiter einfahren dürfen. Ob allein ein Verkehrsschild als Sperre ausreicht, will man beobachten. Doch eine Schranke oder gar Einbahnregelung lehnte eine Mehrheit der Anwesenden ab.

Auch wenn die Bauarbeiten die Situation aktuell zuspitzen: Besucher würden den kostenpflichtige Parkplatz der Gedenkstätte oft auch nicht benutzen, wenn Stellplätze frei sind, merkte ein Anwesender an. Wichtig wäre aus Sicht der Anwohner daher die Abschaffung der Parkgebühr. Ein Thema, das der Oberbürgermeister als "Wunsch der Versammlung aufnehme" und im zuständigen Stiftungsrat der Gedenkstätte auf die Tagesordnung bringen will, wie er betonte. Doch Hammermann ist skeptisch. Mit der Gebühr würden die Parkwächter finanziert, ohne dieses Geld bleibe weniger übrig für die Gedenkstättenarbeit. Die Betroffenen haben dafür kein Verständnis. "Es ist nicht das Problem der Anlieger, dass Sie Geld brauchen", schimpfte ein Teilnehmer.

Viele Anwohner fordern nun pragmatische Lösungen. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Gleichwohl halten auch die Anwohner die Sanierung und Erweiterung des Parkplatzes für wichtig. Schließlich war die 1964 angelegte Fläche seit Jahren nur mehr teilweise nutzbar, weil Bereiche eingebrochen sind. Nun investiert der Freistaat fünf Millionen Euro für eine Runderneuerung, die den Besuchern mit Toiletten und Informationshäuschen auch mehr Service bietet. Zudem sollen künftig 225 Autos und 42 Reisebusse Platz haben, bisher gab es Stellflächen für 32 Busse und etwa 150 Pkw. Skeptisch bleiben die Anwohner der Karl-Riemer-Straße, weil Busse anders als bisher direkt gegenüber ihrer Wohnsiedlung stehen werden.

Wie bei einer ersten Versammlung im Februar formulierten sie erneut ihre Befürchtung, Lärm- und Feinstaubbelastung könnten steigen. Denn erfahrungsgemäß laufen die Busmotoren stundenlang, um Heizung oder Klimaanlage der Fahrzeuge zu betreiben. Dem will die Gedenkstätte als Hausherr des Parkplatzes entgegenwirken. Schon jetzt würden Busfahrer informiert, dass der Motor abzustellen sei, so Hammermann. Alle Grenzwerte würden auch in Zukunft eingehalten, so Wolfgang Vogl vom staatlichen Bauamt. Die Bürger wünschen sich nach Fertigstellung des Parkplatzes eine Kontrollmessung. Die avisierten Regelungen gegen das Parkchaos will die Stadt laut Hauptamtsleiter Josef Hermann "unmittelbar und unverzüglich in die Wege leiten".

© SZ vom 13.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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