Auszeichnung :Mann des Ausgleichs

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Sein Stil prägte die Kommunalpolitik in Altomünster: Altbürgermeister Konrad Wagner ist jetzt auch Ehrenbürger

Von Horst Kramer, Altomünster

Jüngst bei einer Kulturveranstaltung in Altomünster: Der frühere Bürgermeister Konrad Wagner betritt zwanzig Minuten vor Beginn die Räumlichkeiten, an seiner Seite seine Frau Maria. Sofort drängeln sich einige alteingesessene Bürger um ihn und begrüßen ihn herzlich. Andere in der zweiten Reihe winken, es ist ein großes Hallo. Maria Wagner wird ebenfalls sofort von einigen Freundinnen umringt, dennoch beobachtet sie aus den Augenwinkeln den Auftritt ihres Mannes - und lächelt leise in sich hinein. Sie kennt das Phänomen seit vielen Jahren.

"Auftritt" ist eigentlich das falsche Wort. Wagner ist alles andere als ein "Hoppla-jetzt-komm-ich"-Typ. Ganz im Gegenteil, er ist ein Mann der leisen, der bedächtigen Worte. Was möglicherweise einer der Gründe für seine immer noch große Popularität ist. So ist es eigentlich nur konsequent, dass er jetzt zum Ehrenbürger von Altomünster ernannt worden ist. Wagner wurde dreimal mit mehr als neunzig Prozent der Stimmen im Amt des Bürgermeisters bestätigt. "Ich wollte nie etwas Besonderes sein", erklärt er im Gespräch mit der Dachauer SZ, "weder in meiner Amtszeit noch danach." Das Schönste in seiner Bürgermeisterzeit sei für ihn gewesen, wenn er über den Marktplatz gegangen sei und ihn die Leute mit "Servus Konrad" begrüßt hätten.

Bekennender Radl- und Fußballfan

Doch ein Kumpeltyp ist Wagner ebenfalls nicht. Er strahlt zwar Wärme, aber auch eine gewisse Aura aus; nicht nur mit Anzug und Schlips, sondern auch im Tennis-Outfit. Vier Jahrzehnte kämpfte er für eines der Herren- und Seniorenteams des TSV Altomünster um Punkte. "Jetzt spiele ich nur noch zum Spaß", erklärt er mit einem Augenzwinkern. Zudem ist Wagner ein bekennender Radl- und Fußballfan. Mit den "Montagsradlern" tourt er regelmäßig durch die Region, an fast jedem Wochenende ist er bei Spielen des Kreisligisten TSV Altomünster oder des Regionalligateams des FC Pipinsried zu sehen.

Doch die Zuneigung und der Respekt, die ihm entgegengebracht werden, haben weniger mit seinen populären Hobbys, sondern vor allem mit seiner Lebensleistung zu tun. Unter Wagners Ägide hat sich die Marktgemeinde gewaltig verändert: Er zeichnet für die Sanierung des Marktplatzes verantwortlich, veranlasste den Umzug der Verwaltung in das umgebaute ehemalige Sparkassengebäude, er ließ das Gewerbegebiet erschließen und eine Hightech-Kläranlage im Zeitlbachtal bauen. Die Ertüchtigung des Schulgebäudes war Wagner ebenso wichtig wie der Bau und Ausbau von Kindergärten und Krippen. Besondere Anliegen von Wagner waren die Neugründung der Volkshochschule und die Partnerschaft mit der ungarischen Gemeinde Nagyvenyim - dort ist er Ehrenbürger und erhielt vom ungarischen Staat das ungarische Ritterkreuz.

Wagner schaffte es, die vielen Projekte nicht nur zu managen, sondern so zu moderieren, dass sich die Bürger von Altomünster eingebunden fühlten. Nicht alle, aber viele. Nicht ganz gelungen ist ihm das beim berühmten "Holzweg" - der direkte Anbindung des Gewerbegebiets an die Staatsstraße von Aichach nach Dachau. Jetzt muss sich Wagners Nachfolger Anton Kerle (CSU) damit beschäftigen.

Das politische Glaubensbekenntnis

Was ist das Geheimnis von Wagners Erfolg? "In der Kommunalpolitik darf es nie um parteipolitische Linien gehen, sondern immer nur um Lösungen für die Bürger", formuliert Wagner sein Credo. Ein politisches Glaubensbekenntnis, das ihm schon vor 27 Jahren erstmals das Amt des Bürgermeisters einbrachte. Sensationell besiegte der damals 42-Jährige seinen ein Jahr jüngeren Kontrahenten Josef Mederer. Wagner trat für die Freien Wähler an, Mederer war und ist ein CSU-Mann. Ein Sieg des gebürtigen Altomünsterers Mederer in der tiefschwarzen Gemeinde schien eine ausgemachte Sache zu sein. Zumal Wagner aus Sulzemoos stammt und erst 1970 durch seine Heirat nach Unterzeitlbach kam. Doch seit dem 1. Januar 1978 arbeitete der gelernte Verwaltungsfachwirt im Altomünsterer Rathaus, war zuständig für Bauangelegenheiten und Rentenfragen. "Daher kannten mich viele Leute, als ich zwölf Jahre später zur Wahl antrat", versucht Wagner seinen damaligen Triumph zu erklären. Er distanzierte Mederer immerhin mit 55,6 Prozent zu 44,4 Prozent (die Zahlen hat Wagner sofort präsent).

"Kontrovers diskutieren, aber konsensual entscheiden"

Sein CSU-Kontrahent tröstete sich bekanntlich drei Jahre später mit dem Chefsessel im Schwabhausener Rathaus und machte weiter eine politische Karriere. "Wir sind heute gute und enge Freunde", erklärt Wagner nicht ohne leisen Stolz. Aus Gegnern Freunde machen - das ist wohl eine seiner wichtigsten Gaben. Wagner entwickelte sie im Gemeinderat weiter zum sogenannten Altomünsterer Stil: "Kontrovers diskutieren, aber konsensual entscheiden", wie Wagners Gemeinderatskollege Wolfgang Graf (CSU) einmal sagte. Ganz praktisch bedeutete das für Konrad Wagner: "Ich habe immer mit den Vertretern aller Parteien geredet, bin vorab in deren Fraktionssitzungen gegangen und habe die Kollegen ausführlich über alle Vorgänge informiert."

Es war daher kein Wunder, dass Konrad Wagner schon im Jahr 2014 zum "Altbürgermeister" ernannt wurde, unmittelbar nach der Amtsübergabe an Anton Kerle. In Anbetracht seiner großen Verdienste um die Gemeinde wurde Wagner an seinem 70. Geburtstag jetzt auch der Titel eines "Ehrenbürger" verliehen. Einer seiner ersten Gratulanten war übrigens Josef Mederer. Maria Wagner stand daneben und lächelte leise.

© SZ vom 03.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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