Auszeichnung:Einfühlsame Aufklärerin

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Kareen Breece wird für ihr kulturelles Schaffen mit dem Kron-Maus-Preis ausgezeichnet. Immer wieder arbeitet die deutsch-amerikanische Regisseurin in Dachau zeitgeschichtliche Themen publikumsnah für die Bühne auf

Von Viktoria Großmann, Dachau

Die Preisträgerin hat gezögert und sich gefragt, ob ihr die Auszeichnung überhaupt zusteht. Schließlich wird mit dem Kron-Maus-Preis das ehrenamtliche Engagement um den Kulturbetrieb gewürdigt. Wie vor zwei Jahren das der Volksbühne Dachau oder davor das des Volkschors. Ehrenamtliche, mit anderen Worten: Laien. "Ich bin professionelle Regisseurin", betont Karen Breece in ihrer Dankesrede. "Theater ist mein Beruf." Die Deutsch-Amerikanerin lebt seit 2004 in Dachau und hat vor allem mit ihren Stücken "Die Blutnacht auf dem Schreckenstein", aufgeführt auf dem MD-Gelände 2012, und "Dachau//Prozesse", das auf dem historischen Areal, der heutigen Bereitschaftspolizei, gespielt wurde, weit über Dachau hinaus Aufmerksamkeit erhalten.

Probenszene aus dem Theaterstück "Blutnacht von Schreckenstein" mit Cellist Mathis Mayr. Es wurde 2012 in den alten Fabrikhallen der MD aufgeführt. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Die Profi-Regisseurin, farblich passend zur grünen Urkunde gekleidet, widmet den Preis folgerichtig all ihren treuen Mitspielern, die sie von der Thoma-Gemeinde, dem Theater am Stadtwald und den Etzahausa Theatara gewonnen hat. Mit Laien zu arbeiten gehört bei Karen Breece zum Konzept. Sie bringt Theater aus den Sälen hinaus an ungewöhnliche Spielorte und damit hinein in die Gesellschaft. Dabei gehört für sie zwingend dazu, dass die Menschen, die sonst vielleicht allenfalls Publikum sind, selbst zu Akteuren werden. "Dachau", erklärt Breece den Gästen der Preisverleihung im Foyer des Rathauses, "ist eine Stadt, die dazu auffordert, sich künstlerisch zu ihr zu verhalten."

"Gerührt" über die Wertschätzung

Ihren eigenen Weg in die Stadtgesellschaft hinein fand Breece durch andere Kulturschaffende, die sie etwa aufforderten, einen Workshop für die Laiendarsteller der Thoma-Gemeinde zu machen. Oder sie für ein Projekt der Gleichstellungsstelle im Landratsamt anfragten oder für gemeinsame Kunst-Theater-Projekte. Das große Debüt gab Breece 2009 auf dem Rathausplatz mit ihrer Open-Air-Inszenierung von "Romeo und Julia". Dachau bietet zwar keine Domstufen wie Salzburg oder Erfurt, aber immerhin eine kleine Rathaus-Außentreppe, welche Breece sofort inspirierte, wie sie in ihrer kurzen Rede sagt. "Ich bin gerührt über diese Wertschätzung", fügt sie an und bedankt sich auch bei ihrem Mann Tobias Schneider, Kulturamtsleiter der Stadt Dachau, und ihrer Tochter für das Aushalten und Mitleben des kreativen Alltags daheim.

Die Theaterregisseurin Karen Breece hat den Preis 2017 als eine der Letzten erhalten. Das Preisgeld von damals will sie nun an die Lagergemeinschaft spenden. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Seit 1990 wird der Preis, der an die ÜB-Stadträtin Margarete Kron erinnert, jährlich von der Überparteilichen Bürgergemeinschaft verliehen. Die Liste der Ausgezeichneten ist bunt: 2008 erhielten ihn die Organisatoren des Festivals Amperitiv, 2005 zeichnete die ÜB ihr Mitglied und zugleich langjährigen ehemaligen Oberbürgermeister Lorenz Reitmeier aus. Vor einem Jahr erhielt das Schlager-Volksmusik-Duo "Blum Buam" die Auszeichnung. Breece passt nicht unbedingt in diese Reihe. Sie lebt erst vergleichsweise kurze Zeit in Dachau und kommt alles andere als volkstümlich daher. Dass sie nun auserkoren wurde, zeigt, dass sie mit ihren Arbeiten in der Stadt angekommen ist und anerkannt wird. Auch von Heimatliebhabern und Traditionalisten. Das war nicht immer leicht. Bei den Vorbereitungen zu den Dachau//Prozessen 2014 wurde Breece vereinzelt noch gefragt, ob das denn immer sein müsse. Ob man die Geschichte nicht mal ruhen lassen könne.

Wenn die Dachauer allerdings einmal jemanden für sich entdeckt haben, können sie offenbar sehr anhänglich sein. Stolz und gerührt erzählt Breece, dass sie bei den Aufführungen zu ihren Stücken "Welcome to Paradise" und "Don't forget to die" in München immer wieder Dachauer unter den Zuschauern gesehen habe. Fürs Publikum gibt es deshalb im Rathausfoyer einen Extra-Applaus. Dann schlüpfen Eduard Hörl und Markus Kurbanoglu noch einmal in ihre Rollen aus der "Blutnacht auf dem Schreckenstein": Kurbanoglu gibt den Diener Leopold, der über Wein, Liebe und den Schlossherrn Adolar räsoniert. KZ-Häftlinge hatten das Stück geschrieben und 1943 vor der SS aufgeführt, die allerdings die Persiflage nicht verstand. Der kurze Auftritt zeigt: Breece hat nicht nur ein Händchen für ungewöhnliche Stoffe und Orte, sondern auch für Menschen. "Ich versuche, in allen Dingen, das Gemeinsame zu finden und das Trennende zu überwinden", sagt sie. Oberbürgermeister Florian Hartmann würdigt ihre Stücke als "Plädoyer für Menschlichkeit". Zur aufgeklärten Dachauer Gesellschaft passt das gut.

© SZ vom 12.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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