Ausstellung in der KVD-Galerie Dachau:Drei Künstler, ein Bild

Lesezeit: 3 min

Yoko Omomi, Andreas Kreutzkam und Günther Urban erschaffen ein Gesamtkunstwerk

Von Bärbel Schäfer, Dachau

Manche Momente bleiben unvergesslich, weil sie Gemeinsamkeiten ebenso zutage fördern wie Unterschiede und beides als wertvolle Bereicherung empfunden wird. In der Gemeinschaftsausstellung "Moments" von Andreas Kreutzkam und Günther Urban mit der Japanerin Yoko Omomi sind diese Momente spürbar, auch weil sie eine Neuentwicklung und einen Zugewinn an künstlerischer Erkenntnis bedeuten.

Bereits 2012 zeigten die beiden Grafiker in einer Ausstellung in der KVD-Galerie gemeinschaftlich bearbeitete Farbholzschnitte, in denen sich die unterschiedlichen Handschriften vermischten und überlagerten. Während die Ausstellung vor drei Jahren noch ein zaghaftes Experiment war, ließen Andreas Kreutzkam und Günther Urban nun in Zusammenarbeit mit der in München lebenden, japanischen Grafikerin und Malerin Yoko Omomi eine vielschichtige und sehr aussagekräftige Fortsetzung folgen. Die Erweiterung um eine dritte, ganz andere Sichtweise bereichert die Arbeiten der beiden Dachauer ungemein und inspirierte sie zu immer neuen, experimentellen Techniken. Druckplatten und Druckstöcke für Farbholzschnitte wurden untereinander ausgetauscht.

Der eine druckte über das Motiv des anderen und veränderte somit dessen Form, Ausdruck und Farbigkeit, ohne Furcht, das bereits vorhandene Motiv zu zerstören. Erst habe er Hemmungen gehabt, über Andreas Kreutzkams Farbholzschnitt zu drucken, erklärte Günther Urban. Aber im Lauf der gemeinsamen Zusammenarbeit sei die Furcht, etwas zu zerstören, der Neugier und der Freude am Experiment gewichen. Fast alle Arbeiten sind Unikate. "Man weiß, dass nichts kaputtgehen kann", bestätigt auch Andreas Kreutzkam. Diese Gewissheit gründet sich vor allem auf die Sicherheit und langjährige Erfahrung der beiden Grafiker. Dennoch bleibt die Frage, wie sich jeder Künstler berechtigt fühlt, in die Gestaltung des anderen einzugreifen und inwieweit er das Begonnene im Sinne des Initiators fortführen kann oder ihm eine neue Wendung geben soll. Während sich Andreas Kreutzkam und Günther Urban intensiv mit dem mehrfarbigen Holzschnitt beschäftigen, widmet sich die Japanerin Yoko Omomi dem Linoldruck und vor allem der Linolätzung, einem manuellen Hochdruckverfahren, bei dem die Linolplatte mit Abdecklack und ätzenden Flüssigkeiten künstlerisch bearbeitet wird.

Die beiden Dachauer Künstler Kreutzkam und Urban haben mit der Münchnerin Yoko Omomi in einer Ausstellung gemeinsame Sache gemacht. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Yoko Omomis Arbeiten sind stilisiert und filigran zugleich und beschäftigen sich intensiv mit der Wirkung der Farbe auf der Fläche und ihren emotionalen Qualitäten. Die Motive sind in aufregenden Perspektiven dargestellt, stilisiert und doch noch gegenständlich. Sie widmen sich in der Tradition des japanischen Farbholzschnittes der Gestaltung der Bildfläche, die teilweise "leer" bleibt. Und sie sind immer von einer schwebenden Leichtigkeit. In ihren kontemplativen Motiven, wie dem herangezoomten und vom Bildrand überschnittenen Käfer, sucht Yoko Omomi die Einzigartigkeit und das Augenblickliche im Fluss der Welt. Auch das Elementare. Das Motiv des Käfers wiederholt sich in den verschiedensten Nuancen und wirkt immer wieder anders, vor allem durch die weitere Bearbeitung von Andreas Kreutzkam und Günther Urban.

Am besten zu erkennen ist das in zehn gemeinschaftlich entstandenen Arbeiten. Sie sind eine Auswahl aus insgesamt 50 solcher gemeinsamen Arbeiten, die während des Projektes entstanden sind. Es handelt sich jeweils um drei gleichgroße Blätter, die zu kleinen Triptychen zusammengestellt und gerahmt wurden, mal mit mehr, mal mit weniger Abstand zueinander. Die Handschrift der drei Künstler vermischt sich zum Gesamtkunstwerk und bleibt in ihrem individuellen Ausdruck dennoch erkennbar. Die feinen Blätter zeigen die gegenseitige Auseinandersetzung und einen spannenden Dialog, der sich vor allem in den Details offenbart. Figürliche Formen korrespondieren mit abstrahierten pflanzlichen Ornamenten und dynamischen Liniengeflechten. Yoko Omomis Käfermotiv gibt den linearen Arbeiten von Kreutzkam und Urban eine interessante Wendung hin zum figürlichen.

Auch ihre Bilder sind gemeinsam entstanden. Sie überdrückten und bearbeiteten die Werke der anderen - eine Bereicherung für alle drei. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Am spannendsten aber sind die unterschiedliche Flächenbehandlung und die Farbgebung. Sie geben den Ausschlag für die unterschiedliche Wirkung und Stimmung eines Motives. Dasselbe gilt für die Einzelarbeiten und die Arbeiten, die zu zweit entstanden sind. Günther Urbans großformatige Blätter beschäftigen sich mit figürlichen Formen und sind aus der Natur und von Eindrücken aus Paraguay inspiriert. Dabei löst er sich deutlich vom Gegenstand und gelangt zu abstrahierten Strukturen und Formen, wie beispielsweise große Blätter und Gräser, die sich vielfach überlagern und eine fedrig leichte Anmutung haben. Andreas Kreutzkams Bilder haben eine kühle Farbigkeit, sind auffallend linear strukturiert und von einem klaren kompositionellen Aufbau, wie klassisch aufgebaute Landschaften mit einem Horizont. Durch das gegenseitige Überdrucken ergeben sich dicht verwobene Bildgefüge, in denen das Einzelmotiv in den Hintergrund tritt und die Farbe zum bildbestimmenden Element wird - ähnlich wie in der Malerei.

Aus diesem Grund ist die farblich akzentuierte Ecke, in der Yoko Omomi ihre Malereien präsentiert, kein harmonischer Bruch zu den vielen Grafiken. Die schwebenden und feinnuancierten Bilder der Japanerin zeigen Wolkenkompositionen, Gladiolenblüten, Blätter und Pflanzen; auch eine sonderbar schwerelose Schweinefamilie ist darunter. Allein durch die unterschiedlich nuancierte Farbigkeit von Motiv und Hintergrund erzielt Yoko Omomi jedes Mal einen neuen stimmungshaften Ausdruck.

Die Gemeinschaftsausstellung "Moments" ist bis Sonntag, 22. März, in der KVD-Galerie, Kulturschranne, Pfarrstraße 13, Dachau, zu sehen. Geöffnet ist die Ausstellung Dienstag bis Freitag von 14 bis 20 Uhr sowie am Samstag und am Sonntag von 10 bis 18 Uhr.

© SZ vom 09.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: