Ausstellung im Bezirksmuseum:Die gute kalte Zeit

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Das Bezirksmuseum Dachau widmet sich in seiner neuen Ausstellung den Freuden des Wintersports. Und ruft dabei erstaunliche Momente aus der fröhlich-frostigen Historie des Landkreises in Erinnerung

Von Anna-Elisa Jakob, Dachau

Vor dem Eingang des Bezirksmuseums steht ein nahezu maßstabsgetreues Pferd aus Pappe, hinter ihm ein 200 Jahre alter Rennschlitten, und neben dieser imposanten Erscheinung türmt sich ein Haufen aus weißer Watte, deutlich als Schneehügel zu identifizieren; in ihm stecken Schilder als Wegweiser. "Winterfreuden" steht auf dem ersten. Es ist der Titel der aktuellen Sonderausstellung im Bezirksmuseum Dachau.

Diese zieht sich durch die gesamten Räumlichkeiten der Dauerausstellung, fortwährend weisen Schilder in weißen Wattehaufen den Weg für die Besucher. Zur Piste, zur Kinderolympiade, zur Skimode oder zum Uller, heißt es hier. Letzterer ist in dem Raum platziert, der im Bezirksmuseum für Talismane, Glücksbringer und Kultfiguren reserviert ist. Als "Gott des Winters" aus dem Norden reiht er sich an dieser Stelle ein, in Form eines Anhängers, den die Wintersportler in den Fünfziger- und Sechzigerjahren häufig bei sich trugen.

Historische Wintersporterinnerungen sind aktuell im Bezirksmuseum zu sehen. (Foto: Bezirksmuseum)

Gehen die Besucher um die nächste Ecke, finden sie weitere Erinnerungen an vergangene Zeiten des Wintersports, insbesondere im Dachauer Land. Ab den Fünfzigerjahren fand alljährlich eine Ski-Olympiade für Kinder im Landkreis statt - mit olympischem Feuer, einer Medaillenvergabe und einem Schwur der Sportler auf dem Rathausbalkon. Initiator war Matthias Kern, Besitzer des gleichnamigen Sportfachgeschäfts in Dachau. In der Nachkriegszeit begann er, mit diesem jährlich veranstalteten Ereignis, junge Leute aus dem Landkreis für den Skisport zu begeistern. In Breitenau wurden die Skiläufe der heimischen Olympiade veranstaltet, auf dem Ampermochinger Weiher fanden Schlittschuhrennen statt. "Auf regionaler Ebene wurde diese Veranstaltung sehr wichtig", erklärt Ursula Nauderer, Kuratorin der Ausstellung.

Die Eiskunstlauflegende aus Dachau, Hans-Jürgen Bäumler. (Foto: Toni Heigll)

Eine kurze Filmsequenz zeigt einen Event der jüngeren Skisportgeschichte Dachaus: Im Jahr 2000 wurde der Karlsberg als Skipiste präpariert, auf der Ludwig-Thoma-Wiese der Kunstschnee hierfür hergestellt. Das Bayerische Fernsehen berichtete anschließend von Dachau, dem "Dorf im Flachland", das sich zur Jahrtausendwende schlichtweg die Kulisse für ein stadteigenes Neujahrsrennen schuf.

Ein Wintersportler bleibt allerdings die zentrale Medienfigur der Stadt: Eine Vitrine der Ausstellung ist allein dem Eiskunstläufer Hans-Jürgen Bäumler gewidmet. In jungen Jahren trainierte der Dachauer im Winter auf der Natureisbahn nahe der Ludwig-Thoma-Schule, im Sommer mit Rollschuhen im Getreidelager der Würmmühle. Mit seiner späteren Eiskunstpartnerin Marika Kilius stieg er zum Traumpaar des deutschen Wintersports auf und zierte über Jahre hinweg die Titelblätter von Bravo bis Spiegel. Später begannen die beiden mit dem Schauspiel, sie tanzten für "Holiday on Ice", versuchten sich als Gesangsduo und nahmen eine eigene Platte auf. Auch die hängt nun im Bezirksmuseum.

Transportrad für Ski. (Foto: Toni Heigl)

Zusätzlich zeigt die Ausstellung Mode und Ausstattung der Wintersportler aus der Zeit, in der Lifte oder gar Gondeln noch Zukunftsmusik waren. Tourenski gehörten zu Grundausstattung, um den Berg vor der Abfahrt überhaupt erst einmal erklimmen zu können. Zum nächsten Schneehügel in der Umgebung fuhren die begeisterten Skisportler schlichtweg mit dem Fahrrad. Ein Modell inklusive seitlich aufgeschnallter Ski bildet ein Herzstück der Ausstellung. Im Dachauer Umland gab es sogar eine eigene Skisprungschanze - die Ilmtalschanze in Hilgertshausen. In den Sechzigerjahren fand hier regelmäßig ein Neujahrsspringen statt, ein weiterer beliebter Skisport-Event im Dachauer Land. Errichtet wurde die Schanze von Heinrich Klopfer, einem später "international renommierten Schanzenbauer", merkt Ursula Nauderer an.

Winterliche Relikte aus dem Dachauer Land: Schlittschuh-Familien-Set. (Foto: Toni Heigl)

Zahlreiche Fotografien in Schwarz-Weiß, einige in Farbe, zeigen fröhliche Menschen aus dem Landkreis, die sich am Wintersport erfreuen. Ein junges Mädchen, Thea Wild, die ihre ersten Skiversuche in Kleid, Strumpfhose und Jacke auf der Dorfstraße in Kollbach macht. Oder vier junge Männer aus Petershausen, die vor einem riesigen Schneemann eine Schneeballschlacht veranstalten. Zwei von ihnen haben sich für die Vernissage angekündigt und werden hier ihre Erinnerungen an vergangene Winter im Dachauer Land auffrischen können. Und die Jüngeren werden sehen, wie das damals war, als schneereiche Winter im Landkreis Dachau noch die Regel waren und nicht die Ausnahme.

"Winterfreuden. Spiel und Sport in der kalten Jahreszeit." Bezirksmuseum Dachau, Augsburger Straße 3, Öffnungszeiten Samstag, Sonntag und Feiertag jeweils 13 bis 17 Uhr, Dienstag bis Freitag, 11 bis 17 Uhr. Noch zu sehen bis 7. April 2019.

© SZ vom 01.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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