Ausgezeichneter Imker:Goldene Ernte

Lesezeit: 4 min

Als Kind hatte er Angst vor den Insekten, jetzt hegt und pflegt der Karlsfelder Wolfgang Späth 40 Bienenvölker. Seinen Honig lieben nicht nur Kunden - auch Experten schätzen ihn

Von Christiane Bracht, Karlsfeld

Es summt und brummt in seinem Garten - jetzt vielleicht nicht mehr ganz so intensiv wie im Sommer. Aber die Bienen finden noch Nektar. Doch langsam ziehen sie sich zurück in ihren Kasten. Es ist kühl geworden. Der Winter naht, das spüren die Insekten. Für Wolfgang Späth ist die Hauptarbeit getan. Honig schleudern, Bienen füttern, Varroa-Behandlung und Königinnen züchten - alles ist erledigt. Jetzt reicht es, wenn der Karlsfelder ab und zu einmal einen Blick in den Kasten wirft oder auch nur lauscht, ob alles in Ordnung ist. Denn als erfahrener Imker hört er sofort, wenn die Königin sich aus dem Staub gemacht hat und das Bienenvolk in Aufruhr ist. Vielleicht muss er noch einmal eine Restentmilbung machen, wenn der erste Frost kommt, aber eigentlich ist das Bienenjahr vorbei. Späth kann sich zufrieden zurücklehnen und ausruhen, denn es war ein gutes Jahr - ein außerordentlich gutes Jahr sogar. Der Waldhonig des 70-Jährigen begeisterte nicht nur die Kunden, sondern vor allem auch die Preisrichter des Verbands Bayerischer Bienenzüchter. Späth bekam die höchste Auszeichnung: Gold Ia. Und seine Sommertracht, den die Bienen vor allem von Pollen und Nektar seines artenreichen Kräutergartens produziert haben, wurde immerhin mit Gold prämiert. Späth ist stolz auf diese beiden Prädikate. Denn nur ein Kollege in ganz Bayern schaffte ein ähnlich gutes Ergebnis. Es ist, wenn man so will, der Ritterschlag für einen Imker. Denn so gut schneiden nur erfahrene Bienenzüchter ab, weiß Späth.

Anfang des Jahres deutete noch alles auf eine katastrophale Ernte hin, erinnert sich der Karlsfelder. Der späte Frost im April, sogar im Mai noch, setzte nicht nur den Pflanzen zu. Blüten starben trotz aller Rettungsversuche der Gärtner ab, vor allem an den heimischen Obstbäumen. Die Bienen blieben lange in ihren Kästen, denn unter zwölf Grad konnten sie nicht richtig fliegen. Die Imker hatten schon tiefe Sorgenfalten auf der Stirn, den Frühjahrshonig hatten sie eigentlich schon aufgegeben. Doch dann um den 20. Mai herum riss der Himmel plötzlich auf, es wurde schön und warm. "In der Früh habe ich es schon Brummen gehört im Bienengarten", erinnert sich Späth freudestrahlend. "Da wusste ich: Jetzt geht's los." Durch den Zaun sah er bereits eine "richtige Walze vor dem Flugloch". Und innerhalb von acht bis zehn Tagen waren die Kästen voll. "Kein Volk hat unter 20 Kilogramm Honig gehabt", sagt Späth. Das war deutlich mehr als in den Jahren zuvor. Immerhin 40 Völker hat der Karlsfelder, und damit wartete am Ende des Frühjahrs jede Menge Arbeit auf ihn. "Dann ging's gleich weiter. Die erste Sommertracht war auch so stark. In den Gärten gab's sehr viele Blüten, vor allem Brombeeren an der Ostseite der Bahn", sagt der Imker.

Das Erfolgsrezept für ausgezeichneten Honig ist einfach: starke Völker, guter Standplatz und Geduld. (Foto: Niels Jørgensen)

Anfang Juni rief ein befreundeter Bienenzüchter an und gab Späth den Tipp: "Der Wald geht ganz stark." Was wohl so viel heißt wie: Die Fichtenlaus war da, hat die Nadeln angepiekst, so dass sich überall Honigtau gebildet hat - eine gefundene Nahrungsquelle für Bienen und andere Insekten. Späth packte sofort zwölf seiner Völker ins Auto und fuhr Richtung Augsburg in den Wald. Innerhalb kurzer Zeit brachten seine Bienen mehr als 400 Kilogramm Waldhonig ein.

Doch wer jetzt glaubt, die Bienen machen alle Arbeit, der irrt. Der Imker muss seine Völker und die Waben nicht nur ständig beobachten, er muss auch erkennen können, wann der Honig reif ist und aus den Waben genommen werden kann. Und das ist wohl das Geheimnis des Erfolgs, wenn man Späth zuhört. "Man muss warten können", sagt der Karlsfelder und lächelt wissend. Erst wenn nicht mehr viel Wasser in den Waben ist, verdeckeln die Bienen sie, dann ist der richtige Zeitpunkt für die Ernte gekommen. Der Wassergehalt ist einer der wichtigsten Kriterien bei der Beurteilung des Honigs. Anfangs liegt er bei etwa 60 Prozent, erklärt der Experte. Doch wer Gold will, muss warten bis er unter 16,8 Prozent gesunken ist. "Die Bienen trocknen ihn durch Flügelschläge."

Walter Niedermeier (rechts), der Vorsitzende des Kreisimkerverbands Dachau, ist stolz auf seine ausgezeichneten Imker: Emil Neumann (Mitte) erhielt Gold, Wolfgang Späth sogar Gold Ia. (Foto: Niels P. Joergensen)

Geschmack, Geruch und die goldgelbe Farbe spielen bei der Prämierung natürlich auch eine Rolle. Ebenso, dass keine Kristalle und Luftblasen im klebrigen Süß sind. Bewertet wird zudem, wie sauber der Imker bei der Abfüllung gearbeitet hat. Für Leimreste, die etwa beim Aufkleben der Etiketten am Glas geblieben sind, gibt es Punktabzug und die Preisrichter schauen ganz genau hin. 36 Imker haben heuer beim Honigwettbewerb mitgemacht, deutlich mehr als sonst. Auch wenn die Zahl der Teilnehmer überschaubar klingt, so ist der Konkurrenzkampf doch groß. "Nur wer sich eine Chance auf eine Medaille ausrechnet, bringt sein Glas zum Bayerischen Bienenzüchter-Verband", erklärt Späth. Jungimker machen in der Regel erst gar nicht mit.

Der Karlsfelder hat vor acht Jahren sein erstes Volk betreut, heute ist er als Schwarmfänger ein wichtiges Mitglied im Kreisimkerverein Dachau. "Als Kind hatte ich sogar Angst vor Bienen", erzählt er. Doch das hat sich längst gelegt. Stiche machen ihm nichts mehr aus. Vor acht Jahren wollte er vor allem, dass sein Garten bunt und belebt ist. Es betrübte ihn, dass keine Biene zu seinen Kräutern hinflog. Außerdem hatte er die fixe Idee, möglichst alles aus der Natur zu nutzen, sich von ihr ernähren zu können. "Ich bin ein Nachkriegskind und das war mein Kindheitstraum, weil ich als kleines Kind hungern musste", sagt der Karlsfelder. "Ich bin eben ein extremes Naturkind", lacht er. Und so sitzt Späth am liebsten vor seinen Bienenkästen und schaut stundenlang den Insekten zu, wie sie ankommen oder wegfliegen. "Es ist wie fernsehen, nur nicht so anstrengend und viel schöner. Es beruhigt, wenn man sieht, wie die Bienen arbeiten und sich mit sich selbst beschäftigen", schwärmt Späth. Es fasziniert ihn, zu beobachten, wie die Völker sich entwickeln und wie sozial die Tiere eingestellt sind, welche strenge Hierarchie sie haben - "alle arbeiten nur für ihr Überleben", sagt er versunken. Jetzt im Herbst und Winter, wenn er sich nicht mehr so intensiv um seine Bienen kümmern muss, fehlt dem Karlsfelder fast etwas. Doch der Gedanke an seinen großen Erfolg zaubert ihm immer wieder ein Lächeln ins Gesicht. "Gold Ia", damit habe er nicht gerechnet, sagt er.

© SZ vom 04.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: