Ausbildung von Flüchtlingen:Vorbildlich, fleißig, leistungsbereit

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George Ekhoegbe aus Nigeria hat sein zweites Ausbildungsjahr im Spenglerhandwerk als Klassenbester an der Berufsschule abgeschlossen. Der junge Flüchtling ist ein Beispiel für gelungene Integration - ob er in Deutschland bleiben darf, ist noch ungewiss

Von Renate Zauscher, Karlsfeld

"Spengler of the Year": So darf sich George Ekhoegbe nennen, und so steht es auch auf dem Dokument, das dem in Karlsfeld lebenden 28-Jährigen zum Schuljahresende überreicht wurde. Der gebürtige Nigerianer wurde damit für seine hervorragenden Leistungen im zweiten Ausbildungsjahr an der Städtischen Berufsschule für das Spenglerhandwerk, Umwelt- und Versorgungstechnik in München ausgezeichnet.

Das Zeugnis, das George Ekhoegbe überreicht bekam, ist in der Tat beeindruckend. In sechs von acht Fächern hat er "Sehr Gut" bekommen, in zwei weiteren ein "Gut", was einem Notendurchschnitt von 1,25 entspricht. Damit ist er der Beste in der Fachklasse Klempner an seiner Schule für das jetzt zu Ende gegangene Schuljahr. Entsprechend gute Noten hat der 28-Jährige auch in seiner Zwischenprüfung, dem ersten Teil seiner Gesellenprüfung, bekommen. Hier schnitt er in Theorie und Praxis sowie im angeschlossenen praktischen Fachgespräch mit einem Notendurchschnitt von 1,5 ab. In der Urkunde, die George Ekhoege als "Spengler of the Year" überreicht bekam, wird explizit aufgeführt, warum er mit diesem Preis ausgezeichnet wurde. Von seiner "Anstrengungsbereitschaft" ist in dem Dokument die Rede, ebenso von seinem Fleiß, seinem "vorbildlichen Verhalten" und dem "Willen, sich immer zu verbessern".

Wenn George Ekhoegbe von seinem Leben erzählt, wird schnell klar, dass es genau diese Eigenschaften sind, die seinen Erfolg ausmachen. Er ist im September 2015 nach Deutschland gekommen. Nach Stationen in München-Kieferngarten und Markt Indersdorf zog er in die Odelzhausener Unterkunft für Asylsuchende und fand sehr schnell Arbeit als Hausmeister in einer örtlichen Firma. Dort riet man ihm zu einer Ausbildung, die er noch im Herbst 2016 begann. Deutsch hat Ekhoegbe im Rahmen des örtlichen Helferkreisangebots im Unterricht der privaten Schule von Christiane Lindele gelernt. Über Internetkurse hat er seine Sprachfähigkeiten weiter ausgebaut. Geholfen hat dem 28-Jährigen dabei sicherlich, dass er auch im Heimatland zur Schule gegangen ist und dort einen dem Abitur entsprechenden Abschluss gemacht hat. Er wusste somit, dass erfolgreiches Lernen ganz wesentlich mit Fleiß und persönlichem Einsatz zu tun hat.

Dank seiner hervorragenden Leistungen hat George Ekhoegbe aus Nigeria die Auszeichnung "Spengler of the Year" erhalten. (Foto: Zauscher)

Entsprechend gut vorbereitet kommt George Ekhoegbe auch in München zum Unterricht: Er lernt während der Woche täglich zwei Stunden und jeden Samstag noch einmal vier bis fünf Stunden - und dies nicht nur zu den Zeiten, in denen er Blockunterricht hat, sondern, trotz langer Anfahrts- und Rückfahrtszeit, auch während der regulären Arbeitszeiten in seinem Ausbildungsbetrieb in Germering.

Dort, in der Dachdeckerei Knodel, lernt George Ekhoegbe die Herstellung von Bauelementen aus Metall und anderen Materialien. Auf den Baustellen der Firma montiert er Dachrinnen und Ablaufrohre, Blechdächer, Terrassenabdeckungen und Kaminverkleidungen. Keine einfache Arbeit: Man muss nicht nur schwindelfrei sein, sondern auch mit Regen, Kälte oder Wind in der schlechten Jahreszeit oder mit großer Hitze wie diesen Sommer zurechtkommen.

George Ekhoegbe lässt sich von solchen Arbeitsbedingungen nicht abschrecken. Wenn er von seiner Arbeit spricht, leuchten seine Augen: "Sehr interessant" sei sie, und sie mache ihm großen Spaß, berichtet er. Es sei enorm befriedigend, ein Haus gegen Witterungseinflüsse zu schützen, und wenn er an einem Gebäude vorbeikomme, bei dessen Fertigstellung er mitgearbeitet habe, erfülle ihn dies mit Freude und Stolz.

Fleiß, Können, die Bereitschaft, sein Bestes zu geben, sind der eine, wichtige Teil von Ekhoegbes Erfolgsgeschichte. Der andere ist das Glück, das er auf seinem Weg bisher gehabt hat. Er habe einen Meister, von dem er außerordentlich viel lerne, sagt der junge Mann. Und überhaupt fühle er sich sehr wohl in seinem Ausbildungsbetrieb. Voll des Lobes ist George Ekhoegbe aber auch, was seine Lehrer in der Berufsschule angeht: Sie seien - auch als Menschen - sehr gut und unterstützten ihn sehr.

Der junge Flüchtling fühlt sich bei seinem Ausbildungsbetrieb in Germering sehr wohl. (Foto: Toni Heigl)

Eine Sorge hat George Ekhoegbe dennoch: Was ist, wenn er, nach wahrscheinlich von dreieinhalb auf nur drei Jahre verkürzter Lehre und zwei weiteren Jahren als Geselle, Deutschland vielleicht dennoch verlassen müsste? Diese Ungewissheit belastet den 28-Jährigen genauso wie wohl jeden Asylsuchenden oder Flüchtling in ähnlicher Lage. Vom Bundesministerium für Migration und Flüchtlinge (BAMF) wurde sein Asylantrag abgelehnt; über die Klage gegen diese Entscheidung wurde noch nicht entschieden. George Ekhoegbe versucht, optimistisch zu bleiben. Sollte es tatsächlich so etwas wie einen "Spurwechsel" geben, könnte er ruhiger in die Zukunft schauen und Pläne für sein weiteres Leben machen.

© SZ vom 29.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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