Amtsgericht Dachau:Handgreiflicher Familienstreit

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Angeblich wollte er seiner Schwester nur helfen, und verprügelte deren Freund. Der 30-Jährige wird vom Amtsgericht Dachau zu einer Bewährungsstrafe verurteilt.

Petra Schafflik

Mit den Folgen eines eskalierten Familienstreits hat sich am Mittwoch das Dachauer Amtsgericht befasst. Im Februar war es vor einem Wohnhaus im Landkreis zu einer tätlichen Auseinandersetzung gekommen. Nach gegenseitigen Beschimpfungen, davon ist Vorsitzende Amtsrichterin Petra Nolte nach der zweistündigen Verhandlung überzeugt, wird der 21-jährige Anton T. (alle Namen geändert) vom 30-jährigen Bruder seiner Lebensgefährtin und dessen beiden erwachsenen Stiefsöhnen geschlagen; er trägt eine Rückenprellung und Verletzungen am Auge davon.

Weil der 30-Jährige den Freund seiner Schwester verprügelte, wurde er vom Amtsgericht Dachau zu einer Bewährungsstrafe verurteilt. (Foto: dapd)

Was genau sich an dem Winterabend zugetragen hat, darüber gehen die Aussagen auseinander. Fest steht, dass der 30-jährige Ulrich S. mit seinen 22 und 19 Jahre alten Stiefsöhnen zur Wohnung seiner Schwester gefahren ist. Die, das berichtet S. dem Gericht, sei von ihrem Lebensgefährten geschlagen worden.

Diese Situation wollte er mit dem 21-Jährigen klären, wenn nötig, seine Schwester "da rausholen". Auf der Straße vor dem Haus ist es nach übereinstimmender Aussage aller Beteiligten zu einem Gerangel gekommen, es wurde geschubst. T. habe seinen Sohn plötzlich am Hals gepackt, behauptet der Angeklagte. Anders erinnern sich Anton T. und seine Lebensgefährtin. "Alle drei sind auf mich losgegangen und haben auf mich eingetreten, als ich am Boden lag", schildert das Opfer. Nach der Tat hat der 21-Jährige die Polizei gerufen, Anzeige und Schmerzensgeldklage zog er inzwischen aber wieder zurück. "Das ist eine Sache in der Familie", erklärt seine Lebensgefährtin, die Schwester eines der Angeklagten.

Ein klarer Fall von "Aussage gegen Aussage", versucht Rechtsanwalt Hans Peter Büllesbach das Gericht zu überzeugen. Doch Vorsitzende Richterin Nolte ist von der Schuld der Angeklagten überzeugt. Die Aussagen des Opfers und seiner Lebensgefährtin seien überzeugend, die Verletzungen dokumentiert. "Warum fährt man zu dritt hin?", fragt die Richterin, noch dazu zu einem Gespräch, das Schwester und Lebensgefährte gar nicht wollen.

Ulrich S. wird wegen gefährlicher Körperverletzung zur Mindeststrafe von sechs Monaten verurteilt, die zur Bewährung ausgesetzt wird. "Sie waren der Drahtzieher", so die Richterin. Milder fällt das Urteil für die beiden Stiefsöhne aus, nicht nur wegen ihres jugendlichen Alters, sondern auch, weil sie aus "familiärer Solidarität" mit dem Stiefvater gehandelt hätten. Der ältere der beiden jungen Männer wird zu einer Geldstrafe von 1500 Euro verurteilt, der 19-Jährige muss nach Jugendstrafrecht für vier Tage in Kurzarrest. Schmerzensgeld, wie es die Staatsanwaltschaft gefordert hat, verhängt Richterin Nolte bewusst nicht. "Für den Familienfrieden wäre das ein falsches Signal".

© SZ vom 16.09.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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