Amtsgericht Dachau:Doch nur eine Watschn

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Ein Disco-Gast behauptet bei der Polizei, dass ihn zwei Türsteher kräftig verprügelt haben. Erst vor dem Dachauer Amtsgericht wird klar, wie es sich wirklich abgespielt hat.

Matthias Pöls

Türsteher müssen in ihrem Job die Nerven behalten: Sie müssen ruhig wie eine Hindu-Kuh wüste Beschimpfungen über sich ergehen lassen, und wenn sie angegriffen werden, sollten sie sich nur wehren. Andernfalls landen sie ganz schnell vor dem Amtsgericht. Denn die Grenze zwischen Verteidigung und Angriff verläuft bei Türstehern fließend. Dies haben zwei ehemalige Sicherheitsmänner einer Dachauer Diskothek erfahren, die am Montag vor Richter Lukas Neubeck auf der Anklagebank sitzen.

Türsteher ist kein leichter Job. Die Grenze zwischen Verteidigung und Angriff verläuft fließend. Für das Sicherheitspersonal ist das eine ständige Gratwanderung - mit häufig betrunkenen Gästen. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Anfang Dezember 2011 sollen die 30 und 25 Jahre alten Männer laut Anklage einen Gast der Diskothek kräftig getreten und geschlagen haben, nachdem dieser sie beleidigt und angegriffen haben soll. Dem 26-Jährigen sei dabei eine Rippe gebrochen worden. Doch das angebliche Opfer widerruft seine Polizeiaussage vor dem Gericht komplett und entschuldigt sich sogar bei den Türstehern für sein schlechtes Benehmen. Die Verhandlung wegen gefährlicher Körperverletzung ist daher ausgesetzt und wird fortgeführt.

Für die beiden Türsteher wäre es kein Problem, den 26-Jährigen zu verprügeln. Ihre Oberarme haben den Umfang seines Oberschenkels. Der Mann ist eher klein und schmächtig - ganz im Gegensatz zu dem 30-jährigen Gewichtheber und dem 25-jährigen Kampfsportler. Dennoch geriet er in Rage, als ihn der Gewichtheber am 3. Dezember nicht in die Disco lassen wollte. "Eine Freundin meinte, dass meine drei Freunde und ich auf der Gästeliste stehen", sagt der 26-Jährige vor Gericht. Dann ging es hin und her, es wurde geschubst und gerangelt. Der Türsteher rief zur Sicherheit den 25-jährigen Kollegen. "Ich habe ihm eine Watschn verpasst", gibt der Kampfsportler zu, "dann habe ich ihn angebrüllt, und es war zu Ende. Die rote Backe hat er von mir."

Es gab keine Schläge und keine Tritte, außer der Watschn", bestätigt das angebliche Opfer. "Warum haben sie das dann bei der Polizei so gesagt?", fragt Richter Neubeck. Die Antwort: "Es hätte andere Zeugen gegeben." Freunde von Freunden von Freunden. "Diese Geschichte ist ein Witz, das können sie sich sparen", ermahnt der Verhandlungsvorsitzende und droht, dass ihn die Staatsanwältin festnehmen lassen könne. Doch der 26-Jährige bleibt bei der neuen Version. Außer der gebrochenen Rippe habe er keine weiteren Verletzungen gehabt. Und selbst bei dieser wisse der Mann nicht, ob das nicht auf dem Heimweg passiert sei - als er stürzte.

Es würde mich nicht wundern, wenn sie dafür auch noch belangt werden", sagt Richter Neubeck. Denn ein Verfahren gegen den 26-Jährigen wegen des gleichen Vorfalls wurde gegen Geldauflage bereits eingestellt. Der Mann hatte am Anfang der Auseinandersetzung einen dritten Türsteher geschlagen.

Die falsche Aussage hätte für die beiden Angeklagten auch erhebliche Folgen. Wegen gefährlicher Körperverletzung drohen Freiheitsstrafen zwischen einem und bis zu zehn Jahren. Das Verfahren wird fortgesetzt, aber nicht, um weitere Zeugen einzuladen. Gegen die beiden Türsteher liegen nämlich weitere Anklagen vor, über die ein gemeinsames Urteil gefällt werden soll.

Gegen den 30-Jährigen wird wegen Körperverletzung ermittelt. Der Gewichtheber ist bereits wegen Fahrens ohne Führerschein vorbestraft. Der 25-Jährige steht unter laufender Bewährung. Der Kampfsportler ist bereits wegen Körperverletzung zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt worden. Außerdem soll er an einem Tag im Januar 2012 ohne Führerschein gefahren sein und ein Handy geklaut haben.

© SZ vom 23.05.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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