Ampermoching:Der Schrecken der Straße

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Das Verwaltungsgericht München muss klären, wer, wie viel für den Ausbau der Verbindung von Ampermoching in den Weiler Purtlhof zahlen muss. Im schlechtesten Fall müssen die Anwohner 90 Prozent der Kosten übernehmen

Von Petra Schafflik, Ampermoching

Natürlich gibt es die Purtlhofer Straße. "Die Straße ist uralt", betonte Verwaltungsrichter Thomas Eidam. Schließlich sei Ampermoching ein Dorf der Gemeinde Hebertshausen mit langer Geschichte. Doch in dem Verfahren vor dem Münchner Verwaltungsgericht zum Ausbau der Purtlhofer Straße, das Eidam als Vorsitzender der fünfköpfigen Kammer leitet, geht es um komplexe Fragen rund um das Straßenausbau-Beitragsrecht. Und dabei auch darum, wann die Purtlhofer Straße "beitragsrechtlich" erstmals hergestellt war.

Geklagt haben bekanntlich zwei Bürger, die wie alle Anlieger für den Ausbau der Straße im Jahr 2012 mitzahlen sollen, aber den Gebührenbescheid der Gemeinde anzweifeln. Bevor das Verwaltungsgericht ein Urteil sprechen kann, gilt es noch historische wie technische Fakten zu klären. Am Ende der eineinhalbstündigen mündlichen Verhandlung wurde deutlich: Das Straßenausbau-Beitragsrecht ist auch für spezialisierte Juristen unter Anwälten und Richtern eine komplexe Angelegenheit. Nur so viel ist eindeutig: Solche Beiträge sind durch das Kommunalabgabengesetzt geregelt, wonach Anlieger dann zur Kasse gebeten werden müssen, wenn eine Straße nicht nur erhalten, sondern verbessert oder gar erneuert werden. Diese Vorgabe führt in ganz Bayern zu erheblichen Auseinandersetzungen in den Kommunen.

Im Sitzungssaal vier hatten auch Nachbarn der Kläger als Zuhörer Platz genommen, um den Ausgang des Verfahrens zu verfolgen. Denn im schlechtesten Fall müssten sie exakt 90 Prozent und nicht 30 Prozent der Kosten übernehmen. Das war im Vorfeld der Verhandlung deutlich geworden und hatte den Gemeinderat Hebertshausen zu einer Sondersitzung veranlasst.

Das Gericht wiederum hat sich vor der Verhandlung bemüht, eine gütliche Einigung zu erzielen. "Noch bis gestern haben wir verhandelt", betonte Verwaltungsrichter Eidam. Doch ein Kläger lehnte ab. "Dann klären wir das auf und entscheiden, dafür sind wir ja da", sagte der Vorsitzende Richter.

Aufzuklären gibt es vieles. Schon weil die Unterlagen von der Gemeinde "schleppend" bei Gericht eingingen, fehlten Informationen. Eine entscheidende Frage ist, ab wann die Purtlhofer Straße nicht nur vorhanden war, sondern auch Erschließungsfunktion hatte für eine "gehäufte Bebauung". Einer Straße, die zu einem einzelnen Bauernhof führt, wird eine solche Bedeutung beispielsweise nicht zugebilligt. Wichtig ist , ob die Trasse "den damals gültigen technischen Erfordernissen entsprochen hat". In diesem Sinn reicht für eine Straße um 1900 ein Schotterbelag, 1940 müsste ein sogenannter Makadam-Belag vorhanden gewesen sein.

Einer der beiden Kläger erläuterte, die Purtlhofer Straße sei 1967 mit Teerdecke, Gehwegen, Beleuchtung und Entwässerung umfassend ausgebaut worden. "Davor war es ein Schotterweg." Dieser Ausbau sei "unstrittig", bestätigte Rudolf Grabl, Geschäftsleiter der Gemeinde. Ein wichtiger Punkt. Nur wenn die Straße vor 2012 bereits im rechtlichen Sinne "hergestellt" war, gilt die aktuelle Baumaßnahme als Erneuerung. Dann zahlen die Bürger 30 Prozent, wie von der Gemeinde abgerechnet. Vermutlich sei die Straße im vorderen Bereich bis zur Einmündung der Schulstraße wohl bereits 1967 hergestellt, schlussfolgerte Richter Eidam. Wie allerdings der weitere Straßenverlauf zu beurteilen ist, sollen angeforderte Flurkarten und ein Ortstermin zeigen.

Erste Hinweise gab das Gericht auch zu anderen Fragen. So hatten die Kläger moniert, der umfassende Straßenausbau sei unnötig gewesen, eine neue Deckschicht hätte ausgereicht. "Nach 48 Jahren ist eine Straße fertig und muss erneuert werden", so Richter Eidam. Ein Grundsatzurteil des Verwaltungsgerichtshofs nehme Erneuerungsbedarf bereits nach 25 Jahren an, "da brauchen wir nicht zu diskutieren".

Auch der Einwand, die Gemeinde hätte viel zu aufwendig saniert, scheint nicht zu punkten. 390 000 Euro Baukosten für 395 Meter Straßenerneuerung? Eidam: "Exorbitant teuer scheint das nicht zu sein." Zu klären bleibt, ob die Gemeinde zu Recht die Kosten der gesamten Strecke bis zum Ortsschild anteilig auf alle Anlieger umgelegt hat. Aufklärung soll ein sogenannter Augenschein bringen, den das Gericht für Dienstag, 26. Juni, angesetzt hat.

© SZ vom 15.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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