Altomünster:Stromlos entspannt

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Das erste Bierfest in Altomünster und eine Kultur ohne Verstärker, dafür hör- und fühlbar heiter

Von Dorothea Friedrich, Altomünster

Früher war die Stadt Dachau das Zentrum der Braukunst. Allerdings hielt Altomünster seit dem 15. Jahrhundert gut mit. Dachau hat keine Brauereien mehr. Altomünster immerhin zwei: den Maier- und den Kapplerbräu mit eigenem Biermuseum. Wo, wenn nicht hier, muss das 500. Jubiläum des Reinheitsgebots ordentlich gefeiert werden. Tausende von Gästen sind am vergangenen Samstag in die Marktgemeinde zum ersten offiziellen Bierfest geströmt. Der ganze Markt verwandelte sich in eine Kultur-Genussmeile. 17 Vereine, Dorfgemeinschaften und Organisationen garantierten eine unbeschwertes Sommervergnügen - nach dem Motto: "Stromlos durch Altomünster."

Ofenfutter

In der "Thalhausener Spelunke" geht es schon kurz vor der offiziellen Eröffnung hoch her. Schließlich will der fahrbare Ofen gefüllt werden. Das Monstrum ist die Attraktion auf dem Marktplatz und wird von der noch überschaubaren Zahl der Besucher entsprechend bestaunt. Derweil bereiten die Thalhausener Bürgervereins-Mitglieder im Akkord Rahmflecken vor, rollen gekonnt den Teig aus und garnieren ihn. Die Spezialität geht weg wie warme Semmeln.

Kerle ganz locker

Altochor und Musikverein nehmen Aufstellung. Es wird offiziell. Aber nur ganz kurz. Pünktlich um 16 Uhr eröffnet Bürgermeister Anton Kerle - der als ehemaliger Banker nach eigenen Worten sonst im Verdacht steht, nur schwarze Anzüge zu besitzen - locker in Jeans mit ein paar launigen Sätzen das Fest. Der Chor singt: "Ein guter Trunk ist niemals schlecht, drum wollen wir noch einen heben." Die ungarische Partnergemeinde Nagyvenyim ist mit einer großen Delegation von Musikern, Sängern, Tänzern, fetziger Musik und gewagten Luftsprüngen dabei. Dazu gibt es Kesselgulasch und ungarische Spezialitäten im Maierbräu-Biergarten.

Zuawiziahger

Grad lustig geht es beim Förderverein Bairische Sprache und Dialekte zu. Dessen Sprachquiz ist eine Herausforderung für Baiern und Zuawiziahger (Zugezogene). So handelt es sich beim "Griachal" keineswegs um einen Griechen, wie ein siegessicherer lederbehoster Mann vermutet, sondern um eine spezielle Pflaumenart. Was ein Zwickerbussi ist, führt Vereinsmitglied Günther Praun am lebenden Objekt vor. Und klärt ebenso gerne darüber auf, dass es wegen der vielen Dialekte keine einheitliche Schreibweise des Bairischen gibt.

Aufgspuit

Steil ist der Weg zum Biergartenglück. Der Burschenverein und sein weibliches Pendant, der Madlverein, haben sich für ihre Version einer bayerischen Institution die Nerbststraße ausgesucht. Stimmungsvoll haben sie ihren Biergarten dekoriert, schleppen Holzfässer und Brotzeitbrettl. Die Musi spielt unentwegt dazu - und verzichtet weise auf irgendwelche Oktoberfest- oder Pseudo-Volksliedhits. Eben stromlos. In dem Fall unplugged. Grüne Sonnenbrillen, orangefarbene Hals- und Kopftücher, schwarze T-Shirts, weiße Hosen. Dazu alles, war es so im afroafrikanischen oder südamerikanischen Raum an Trommeln und Rasseln gibt: TAM-Koba ist schon optisch ein Ereignis. Als die Gruppe loslegt, bebt der Marktplatz - die heißen Rhythmen lassen einfach niemanden kalt. Und die unermüdlich vor sich hin trommelnden Kids beim Kinderprogramm erleben ein echtes Trommelfeuer.

Zoff im Märchenland

Personal Developer Claus - im feinen Zwirn und ganz der Typ Unternehmensberater - soll dem Amt für Märchen ein zeitgemäßes Image verpassen. Was der smarte Jüngling dabei so alles anrichtet, zeigt die Kinder- und Jugendgruppe des Theatervereins in einer irrwitzigen Groteske von Matthias Spengler zur Gaudi von Kindern und Erwachsenen.

Die Theatergruppe Altomünster spielt gleich drei Stücke. Ein Posse über einen abgehalfterten Dichter namens Otto Hasenwang, der in der Groteske von Ludwig-Thoma "Gebrochene Schwingen" gerne seine Frau Marie anbrüllt, weil er keine Wurstspritze hat. Er weiß sonst nicht, wie er Wörter produzieren kann. Thomas Klassiker "Natur" passt zu Gerhard Polts "Einkehr". Und in der lauen Sommernacht passt dann irgendwie alles stromlos gut zusammen: Das martialische Peitschenschwingen der Goaßlschnalzer aus Wollomoos im Biergarten des Kapplerbräus, die Tanzmusikfetzen vom Altohof, das Theaterspiel, die Kindertrommler und das Lachen und Reden der flanierenden Gäste. Väter wiegen ihre Babies. Die kleine Nora mampft vergnügt ein Stück Kuchen. Idylle pur.

© SZ vom 01.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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