Altomünster:Nadelfeine Tannenspitzen

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Das Museum in Altomünster widmet dem fast in Vergessenheit geratenen Maler Hans Metzger (1879-1957) eine deutschlandweit einmalige Forschungsausstellung - die erste Einzelschau zu dem Künstler. Vorerst kann man leider nur den Katalog sehen

Von Dorothea Friedrich, Altomünster

Eigentlich wäre jetzt genau der richtige Zeitpunkt, sich die neue Ausstellung in Altomünster anzuschauen. Denn sie führt unweigerlich zum "Erwachen heiterer Gefühle bei der Ankunft auf dem Lande", um mit Beethoven zu sprechen. Kommt einem bei dieser Schau doch unwillkürlich die "Pastorale" des Musikgiganten in den Sinn. Die fix und fertig aufgebaute Ausstellung ist dem fast vergessenen Künstler Hans Metzger (1879 - 1957) gewidmet. Schon das Ausstellungsmotto "Der Maler ländlicher Idylle" weist darauf hin, worauf sich Besucherinnen und Besucher freuen können, wenn - wann auch immer - das Museum wieder seine Türen öffnen darf. Bis dahin bleibt nur, im lesens- und sehenswerten Katalog zu blättern.

Historikerin Cornelia Oelwein beschäftigt sich ausführlich mit Metzgers Leben, das anders als das seiner erfolgreichen Kollegen der Dachauer Künstlerkolonie verlief. Katharina Axtner geht auf "Spurensuche in der Heimat Egenburg" und Kreisheimatpflegerin Birgitta Unger-Richter macht eine Führung in Druckversion durch die Ausstellung. Sie und Heimatforscherin Katharina Axtner, Mitautorin von "Das Heimatbuch der Gemeinde Pfaffenhofen an der Glonn", haben diese erste Werkschau auch initiiert. Und das kam so: Die beiden Frauen waren wegen einer Denkmalbesichtigung in Egenburg unterwegs, als Unger-Richter ein "Gänseliesel-Bild" an einer Hausfassade entdeckte, geschaffen von einem Künstler, "von dem ich noch nie etwas gehört hatte".

Hans Metzger machte die radikalen Umwälzungen im Kunstbetrieb nicht mit und blieb der naturalistischen Malerei verhaftet. Seine Werke zeigt nun das Museum Altomünster. Hier zu sehen, der "Baum mit musizierenden Kindern". (Foto: Toni Heigl)

Sie machte sich auf Spurensuche, "wollte Licht ins Dunkel bringen", begeisterte den Museumsverein Altomünster für diesen unbekannten Maler aus der Region - und nun fehlen nur noch Besucher, die sich auf eine durchaus spannende Entdeckungsreise begeben wollen. Warum man das unbedingt machen sollte, erklärt Unger-Richter der SZ Dachau so: "Metzgers Leben und Werk sind eine wichtige Ergänzung zur Dachauer Künstlerkolonie. Aber viele seiner Arbeiten sind in Privatbesitz, das ist ein Grund warum er so unbekannt ist. Metzger war kommerziell nicht so erfolgreich, hatte aber etliche Mäzene, darunter die Familie Randlkofer, seinerzeit Inhaber von Dallmayr in München." Metzger wurde 1879 in Egenburg geboren. Sein Vater war ein erfolgreicher Schreiner und Fassmaler. Zur Erläuterung: Fassmaler waren seit dem Mittelalter für die Bemalung und Vergoldung von Skulpturen, Bildstöcken, Totentafeln, Marterln und anderen kunsthandwerklichen Artefakten zuständig. Auch der Sohn erlernte dieses Handwerk, ging dann aber nach München und studierte schließlich an der Akademie der bildenden Künste. Nach dem Studium verdiente er sein Geld zunächst als Fassaden- und Wandmaler. Von diesen Werken sind allerdings kaum noch welche erhalten. Doch es zog Metzger immer wieder in die Heimat, dorthin wo gerade die Dachauer Freilicht-Malerinnen und -maler auf dem Gipfel ihres Erfolgs standen.

Zu ihnen hat er wohl nie richtig gehört, obwohl seine Gemälde und Grafiken in zwei Kunstausstellungen im Münchner Glaspalast zu sehen waren und in Münchner Künstlerkreisen akzeptiert und hochgeschätzt war. Post- und Glückwunschkarten mit Reproduktionen seiner Bilder fanden reißenden Absatz. Doch der Erste Weltkrieg machte alle Zukunftsaussichten zunichte. Metzger wurde schwer verwundet, verlor ein Bein - und nach Kriegsende den Anschluss an die nun vorherrschende Kunstrichtung. Mit neuer Sachlichkeit konnte er wenig anfangen. Warum? Unger-Richter sagte: "Er hat diese Zäsur nicht verarbeitet, suchte nach der Idylle der Vorkriegszeit, bleibt beim Bewährten." Metzgers Rettung sei die Familie Randlkofer gewesen. Für das Feinkostgeschäft Dallmayr entwarf er viele Jahre lang die prachtvolle weihnachtliche Schaufensterdekoration, war als Gebrauchsgrafiker tätig und auch als Wandmaler. Im Zweiten Weltkrieg wurden sein Haus, sein Atelier und mehr als hundert Bilder zerstört.

Dieses Gemälde mit dem Titel "Der Urlauber" zeigt eine Szene vor der Gastwirtschaft Sigl. (Foto: Toni Heigl)

Metzger verarmte, ging zurück in sein Heimatdorf Egenburg - zog wieder zurück nach München und brachte von jedem Besuch im Dachauer Land volle Skizzenblöcke mit. Er wurde tatsächlich zum Maler ländlicher Idylle, einer Idylle, die es so zwar nie gegeben hat, die aber ein Sehnsuchtsziel war - und gerade wieder ist. "Metzger malt naturalistisch und gestochen scharf. Landschaften, in denen Bayern lebt, Bauernhäuser, Dorfstraßen, Waldkapellen, nadelfeine Tannenspitzen, mit einem hauchzarten Himmel darüber", heißt es 1951 nach einem Atelierbesuch eines Unbekannten. Das macht diese luftig-leichten Szenen auch heute noch so anziehend.

"Gute-Laune-Bilder", nennt sie Unger-Richter. Man kann sich in Metzgers "Landschaft mit Birken" reinträumen, kann in der Fantasie etwas schneller gehen, um noch halbwegs trockenen Fußes durch die "Landschaft im Regen" zu kommen. Man kann sich wie ein "Weltenbummler" durch Bayern fühlen, wenn man die Gestalt vor dem weiß-blauen Wegweiser ansieht. Man kann eine Bilderreise durch Bayern machen, die vielleicht schöner, entspannender und anregender ist als so mancher Ausflug in die Corona-geplagte Realität. Das weckt tatsächliche heitere Gefühle.

Aktuelle Informationen gibt es laufend unter www.museum-altomuenster.de/ausstellungen.

© SZ vom 18.02.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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