Altomünster:Klangzaubereien

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Die Klosterhofserenade des Ensembles "Epoca Barocca" überzeugt durch Virtuosität und Empathie

Von Dorothea Friedrich, Altomünster

Klosterhofserenade im Evangelischen Gemeindezentrum? Das klingt nicht besonders prickelnd. Aber der Sonntagabend mit dem alljährlichen Sommerkonzert des Kulturförderkreises Altomünster war gleich aus mehreren Gründen ein wahrer Glücksfall. Statt im Glutofen Klostergarten über die Hochsommerhitze zu stöhnen, konnten sich die Zuhörer in der relativen Kühle des Gemeindezentrums ganz entspannt hervorragender Musik hingeben. Die empfindlichen (nachgebauten) Originalinstrumente des Ensembles Epoca Barocca konnten ihren vollen, transparenten Klang entfalten und waren nicht in Gefahr, Hitzeopfer zu werden, sprich auszutrocknen. Nicht zuletzt verdiente das Programm jene ungeteilte Aufmerksamkeit, die bei einem Open-Air-Konzert fast naturgemäß nicht immer gegeben ist.

Die Epoca-Barocca-Musiker hatten statt der allseits bekannten und oft genug zu Handy-Klingeltönen degradierten Evergreens der Alten Musik einige echte Raritäten im (Noten-)Gepäck: zwei Stücke von Johann Friedrich Fasch (1688-1758), dazu je eine Triosonate von Johann Adolf Hasse (1699-1783) und Georg Philipp Telemann (1681-1767), das Konzert D-Dur BWV 972 für Cembalo Solo nach Vivaldis Violinkonzert RV 230 von Johann Sebastian Bach (1685-1750) sowie Antonio Vivaldis Quadrosonate in C-Dur.

Deswegen gab es Johann Friedrich Fasch. Denn Epoca Barocca suchen stets nach verlorenen Schätzen der Barockzeit. Bei ihnen ist die musikhistorische Forschung integraler Bestandteil der Arbeit. Und sie verfolgen das Ziel, Komponisten dieses Zeitalters vor dem Vergessen zu bewahren.

Fasch ist dafür ein gutes Beispiel. Der Hofkapellmeister der Fürsten von Anhalt-Zerbst hatte, wie es seinerzeit üblich war, nicht nur jede Menge Auftragskompositionen seines Arbeitgebers auszuführen; er war auch ein echter Netzwerker, er initiierte einen "Musicalien-Wechsel" mit seinen Amtskollegen in etlichen Städten, kannte Johann Sebastian Bach, verbrachte mit dessen Sohn Carl Philipp Emanuel Bach einen Sommer in Zerbst und komponierte die Hochzeitsmusik für Sophie von Anhalt-Zerbst, die spätere russische Zarin Katharina die Große.

Das alleine würde womöglich nur Musikologen interessieren, doch seine Kompositionen verdienen es, wieder gehört zu werden. Das zeigte Fagottistin Karin Gemeinhardt eindrucksvoll mit Faschs Sonate G-Dur für Fagott und Basso Continuo. Dieses Trumm von Holzblasinstrument steht eigentlich eher nicht im Mittelpunkt der Komponisten. Und hätte es doch verdient. Der sonore Klang passte vorzüglich zu eher leichten Melodienfolge der "verwegenen modernen Musik", wie Fasch selbst einmal schrieb. Wie - seinerzeit - modern die Musik des fürstlichen Hofkapellmeisters war, zeigte sich beim zweiten Fasch-Stück, seiner Triosonate e-Moll.

Die wurde lange Zeit Johann Joachim Quantz zugeschrieben, dem Flötenlehrer des Preußenkönigs Friedrich der Große. "Stammt aber definitiv von Fasch", versicherte Oboist und Epoca Barocca-Chef Alessandro Piquet. Egal, wer die Triosonate letztendlich komponiert hat, sie ist ein Schmankerl und zeigte aufs Schönste, wie gut Piquet, Flötistin Eva Morsbach, Fagottistin Gemeinhart und Cembalist Luca Quintavalle aufeinander eingestimmt sind und ihre Instrumente zu einem harmonischen Ganzen zusammenfügen können. Dabei sind sie hervorragende Solisten.

Bachs Cembalo-Konzert - übrigens auf einem Instrument des Dachauer Cembalo-Bauers Georg Zahl gespielt - war ein sensitives, feinnerviges Hörerlebnis. Quintavalle ließ sich ganz auf sein Instrument ein, kostete förmlich Ton für Ton aus - hingebungsvoll, ohne Hektik, hoch konzentriert und doch scheinbar tiefenentspannt. Solche Klangzaubereien brauchen keine Effekthascherei, um ihr Publikum gefangen zu nehmen. Können, gepaart mit Empathie für die Musik reichen da völlig aus. Damit hat das Ensemble Epoca Barocca überzeugt.

© SZ vom 12.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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