Altomünster:Fakten und Fiktion

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Was Dichter Georg Britting mit Altomünster verbindet

Von Dorothea Friedrich, Altomünster

Was verbindet den Schriftsteller, Dichter und Theaterkritiker Georg Britting mit Altomünster? Eine ganze Menge, wie jetzt eine ebenso informative wie amüsante Spurensuche des Kulturförderkreises Altomünster beim KulTisch im Kapplerbräu zeigte. Professor Wilhelm Liebhart und Theaterfachmann Wolfgang Henkel hatten in fast detektivischer Kleinarbeit jede Menge Details zum Leben Brittings und zu dessen Erzählung "Der Major" zutage gefördert.

Anlass, sich mit dem heute ein wenig in Vergessenheit Geratenen auseinanderzusetzen, war dessen 125. Geburtstag. Geboren wurde Britting in Regensburg am 17. Februar 1891, gestorben ist er am 27. April 1964 in München, wo er auch den Großteil seines Lebens verbrachte. Hinterlassen hat er teils von bukolischer Seligkeit erfüllte, teils verstörende Gedichte, so manche ätzende Theaterkritik, nie aufgeführte Schauspiele und jede Menge Erzählungen. Letztere gehörten übrigens bis vor einigen Jahrzehnten noch zur Pflichtlektüre an bayerischen Schulen. Dass Britting aber im Gedächtnis geblieben ist, zeigten auch die KulTisch-Besucher, von denen einer eigens aus München angereist war. Warum? "Weil ich eine gebürtige Oberpfälzerin bin und man in München nichts über Oberpfälzer Schriftsteller hört", sagte sie.

In Altomünster jedenfalls hörte sie vieles. Zunächst aus dem Leben von Gustav Adolf Schutz, dem realen Vorbild für Brittings "Major". Der ehemalige k.u.k.-Major hatte 1919 die nicht gerade arme Klara Duschl geheiratet. Ihr gehörte das Duschl-Haus am Altomünsterer Marktplatz nebst Lebensmittelladen und Weinstube. Während der Major in Brittings Erzählung sich mit einer Magd vergnügt, sein Ansehen bei den Bürgern deshalb rapide sinkt und er schließlich den Freitod wählt, war der echte Major in der Gemeinde hoch geachtet, was auch die in gedruckter Form erhaltene Leichenrede von Pfarrer Leopold Schwaiger zeigt. Und während der unglückselige Held in der Erzählung nebst Gattin nicht gerade von berückendem Äußeren ist, war Schutz ein ansehnliches Mannsbild, seine Frau Klara eine propere Erscheinung. Was Liebhart zur Frage veranlasste: "Ist da was bekannt, dass sie a bisserl schiach war?" Verneinendes Kopfschüttteln, Porträts des Ehepaars und originale Fotos wurden als Beweis dafür herangezogen, dass Britting wohl seinen literarischen Fotoshop eingesetzt hatte, um die beiden möglichst hässlich zu zeichnen. Stuhl und Weinkrug aus der Wirtschaft, die aus heutiger Sicht tragisch-komische Leichenrede ("Und der Herr zahle ihm im Jenseits die Pension aus, auf die er im Leben so sehnsüchtig gewartet hat") ließen Klara und Gustav Adolf Schutz wieder lebendig werden, zeigten die finanziellen Nöte des Majors, der wohl wegen eines Nervenleidens den Dienst hatte quittieren müssen.

Fakten und Fiktion gingen bei Liebhart und Henkel eine gelungene Verbindung ein. Zitate aus Erzählungen und Gedichte Brittings vermittelten einen nachhaltigen Eindruck vom Werk dieses eigensinnigen Schriftstellers. Und der echte Major? Der muss nun keine Sorgen mehr haben, dass sich die Vorhersage von Pfarrer Schwaiger erfüllen könnte. Hatte doch der geistliche Herr bei Schutz' Beerdigung gesagt: "Ein paar Jahrzehnte, dann wird die Gestalt des Herrn Major vergangen und zerflossen sein - und Kinder und Kindeskinder werden sich hie und das erzählen, wenn sie beim alten Duschlhaus vorüber gehen, so wie man von einem Märchen sich erzählt, etwa von einem Ritter und einer Ritterburg". Die Gäste des KulTisches werden garantiert künftig schmunzelnd des Majors gedenken und sein literarisches Alter Ego bedauern.

© SZ vom 26.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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