Altomünster:Eine Langzeit-Aufgabe

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Helferkreise, Behörden und Organisationen überlegen in Altomünster, wie sie Flüchtlinge integrieren können

Von Dorothea Friedrich, Altomünster

Derzeit leben 1856 Asylsuchende aus etwa 20 Nationen im Landkreis. Die Zahl der Neuankömmlinge liegt aktuell bei Null. Die viel zitierte "Zeit zum Durchschnaufen" gibt es dennoch nicht. Neue Aufgaben fordern Haupt- und Ehrenamtliche. Das wurde am Dienstagabend beim KulTisch des Kulturförderkreises Altomünster deutlich. Fragen zu Sammelunterkünften, Gesundheitskarte, Integrationsgesetz, Kriminalitätsstatistik, Anerkennungsverfahren, aber auch ganz praktische Anliegen diskutierten die 30 Besucher im Kapplerbräu unter dem Thema "Asylbewerber - nachgefragt". Organisator und Moderator Uli Schneider hatte Vertreter des Landratsamts, der Caritas, der Marktgemeinde und der Helferkreise Altomünster, Hebertshausen und Röhrmoos-Schönbrunn eingeladen.

Vertreter des Landratsamts, der Caritas, der Marktgemeinde und der Helferkreise wurden nach Altomümnster eingeladen. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Kostenabrechnung und Mittelanforderung im Asylbewerberleistungsgesetz beschäftigen derzeit die Landratsamtsmitarbeiter. Da geht es beispielsweise um die Kosten für Geschirrtücher, die die Regierung von Oberbayern dem Landkreis nicht ersetzen will. "Wir melden und melden - Zahlen und nochmals Zahlen", sagte Isabell Sittner, Leiterin der Asyl-Koordinierungsstelle im Landratsamt. Dabei stehen für sie eigentlich dringendere Aufgaben auf der Tagesordnung: die Umstrukturierung der Koordinationsstelle zum Beispiel, um den veränderten Anforderungen gerecht zu werden. Der Umzug von Flüchtlingen aus den Traglufthallen in andere Unterkünfte, Kümmerer- und Bildungskoordination sind für sie vordringlich. Fragen, die auch Norbert Klose beschäftigen. Er ist seit Jahresanfang Sicherheitsbeauftragter im Landratsamt und widerlegte mit viel Zahlenmaterial die immer wieder hoch schwappende Gerüchtewelle über sexuelle Übergriffe und andere Straftaten von Flüchtlingen. Kein einziges Sexualdelikt von Asylsuchenden habe es 2015 im Landkreis gegeben, sagte er. Dass es keine "Übergriffe auf Unterkünfte" gegeben habe, dass man "unterscheiden muss, ob die Unterkünfte leer sind oder nicht", wie Isabell Sittner sagte, stieß allerdings auf heftigen Widerspruch. "Jeder Angriff auf eine Flüchtlingsunterkunft ist fremdenfeindlich, egal ob sie belegt ist oder nicht", sagte ein Zuhörer.

Organisator und Moderator Uli Schneider. (Foto: Niels P. Joergensen)

Was aber gegen die fremdenfeindlichen Tendenzen tun, die dem Sicherheitsbeauftragten Klose zufolge "sehr wohl auch im Landkreis schweben"? Fremdenfeindlichkeit manifestiere sich durch Vorurteile, so Moderator Schneider. "Wir müssen für die Asylsuchenden werben, Erfolge betonen, Kontakte zwischen ihnen und Deutschen vermitteln und für eine hohe Beschäftigungsrate sorgen." Das baue Ängste und Vorurteile ab, sagte Peter Barth vom Helferkreis Hebertshausen. Er warnte zugleich davor, Integration als Kurzzeit-Aufgabe zu begreifen. "Die erste Generation der Asylsuchenden wird Geringverdiener bleiben", prognostizierte er. Für Caritas und Helferkreise ist auch das geplante Integrationsgesetz nicht die Lösung. Es sei schwierig, "etwas zu fordern, wenn es keine Förderung gibt", sagte Christine Torgele-Ruf von der Asylberatungsstelle der Caritas mit Blick auf den Leitgedanken des Gesetzesvorhabens "Fordern und Fördern" und fehlende Deutschkurse. Jemanden mit Sanktionen zu belegen, der die Sprache nicht lernen könne, ist für Stefan Raif vom Helferkreis Röhrmoos-Schönbrunn eine unerträgliche Vorstellung: "Man kann nicht alle über einen Kamm scheren. Ich kenne nur zwei Gruppen von Asylsuchenden, die kein Deutsch lernen können: Entweder sie sind schwer traumatisiert oder sonst wie krank oder es fehlt an Intellekt", sagte er. Was einen Teilnehmer zu der Befürchtung veranlasste: "Am Ende wird der Gesetzgeber alle über einen Kamm scheren. Dann werden die benachteiligt, die nicht benachteiligt werden dürfen."

© SZ vom 21.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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