Alte Bulldogs in Puch:Ackern mit 55 PS

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Das Oldtimer-Fest in Puch zählt zu den bekanntesten Schauen seiner Art in Oberbayern. Zu sehen sind dort historische, aber auch hochmoderne landwirtschaftliche Zugmaschinen. Die größte Begeisterung zeigen die kleinsten Besucher

Von Jana Rick, Markt Indersdorf

Manche bekommen eine Uhr zur Kommunion, die zehnjährigen Zwillinge Daniel und Lukas einen Bulldog. Und zwar nicht irgendeinen, sondern einen Original Pfendt-Bulldog aus dem Jahr 1963. Stolz sitzen die beiden Brüder aus Pfaffenhofen mit ihrem Vater auf dem Traktor am Eingang des Oldtimer-Treffens, das alle zwei Jahre von den Eglersrieder Schützen an der Pucher Sandgrube organisiert wird. In mehreren Reihen stehen auf dem Feld alte Bulldogs aus den Dreißigern, alte landwirtschaftliche Pflüge, Dreschwägen und herausgeputzte Motorräder, alle beschriftet mit einem Schild, auf dem Hersteller, Baujahr, Leistung und Besitzer notiert sind. Man findet die bekanntesten Traktorenmarken auf dem Gelände, von Lanz bis Deutz und Eicher. Und auch die Leistung verspricht Vielfalt: Von sechs bis 350 PS ist alles vertreten. An den Kennzeichen erkennt man außerdem, dass die Besitzer aus verschiedenen Landkreisen nach Puch gekommen sind: Bis aus Landsberg, Aichach und Freising kommen die Fahrzeughalter.

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(Foto: Toni Heigl)

Im Zwei-Jahres-Rhythmus findet das Oldtimerfest in Puch statt.

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(Foto: Toni Heigl)

Georg Häuserer ist Vorstand der Eglersrieder Schützen und organisiert das Oldtimerfest. Sein Liebling ist ein moderner Automatik-Schlepper, ...

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(Foto: Toni Heigl)

... während die Zwillinge Lukas und Daniel stolz auf ihren 56 Jahre alten Bulldog sind.

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(Foto: Toni Heigl)

Dabei sind die Oldtimer nicht nur schön zu betrachten, die meisten der Maschinen sind nach wie vor im Einsatz. Fotos: Toni Heigl

Um die historischen Automobile stehen Landwirte und Bauern in Lederhosen, fotografieren die Ausstellungsstücke und fachsimpeln über die Leistung der Fahrzeuge. Daniel und Lukas gehören zu den jüngeren Bulldog-Liebhabern, die an diesem Tag beim Treffen stark vertreten sind. Man könnte fast schon meinen, es wären mehr Kinderwägen als Landwirtschaftsmobile auf dem Gelände zu sehen. Auch der eineinhalbjährige Julian sitzt strahlend auf einem roten Traktor und greift nach dem Lenkrad. "Das ist noch mal eine andere Dimension als sein Bobbycar zu Hause", sagt sein Vater und lacht.

Auch die weiblichen Besucher sind von den ausgestellten Fahrzeugen begeistert. Drei ältere Damen aus Petershausen und Jetzendorf lassen sich vor einem riesigen modernen Mähdrescher fotografieren und sagen lachend: "Oldtimer sind wir ja selber, da stellen wir uns lieber vor so eine moderne Maschine." Um welches Modell es sich dabei handelt, können die drei nicht sagen. "Ein Mähdrescher mit Hangausgleich", klärt sie Markus Wagner aus Garching auf. "Das Beste vom Besten."

Dasselbe würde vermutlich auch Georg Häuserer über sein Fahrzeug sagen. Der Vorstand der Eglersrieder Schützen fährt in einem riesigen Schlepper über das Feld, einem Massey-Ferguson-Schlepper, wie er erklärt. "Mit Fronthydraulik, 110 PS und Vierfach-Lastschaltung." Das Fahrzeug ist sein "Mittlerer". Den "Größeren" hat er zuhause gelassen, denn sein Liebling ist einfach der Automatikschlepper, in dem er heute sitzt. Auf seinem eigenen Betrieb kommt dieser zum Futterherrichten zum Einsatz, bei Schnee jedoch auch für den Winterdienst. 1985 organisierte Häuserer das erste Oldtimertreffen, damals noch ohne Festzelt und Neumaschinen. Er erinnert sich noch heute daran, dass es damals regnete und trotzdem viele Neugierige zu seinem Feld kamen. "Das hat uns gezeigt: Das Interesse ist da." Seitdem wird das Treffen alle zwei Jahre veranstaltet und zählt zu den bekanntesten Oldtimerfesten Oberbayerns. Das Besondere an den Treffen in Puch sind die Vorführungen, bei denen sowohl modernste Landtechnik im Einsatz gezeigt wird als auch antike Bindemäher. Bei letzterem wird gestaunt, wenn die fertigen Strohbündel auf den Ackerboden fallen. Fertig gebunden und zugeknotet, von einem Bindemäher aus dem Jahr 1958.

Auch moderene Maschinen sind auf dem Oldtimer-Fest ausgestellt - und dabei Anlass für den ein oder anderen Spaß: So wie diese drei Damen, die sich vor einem riesigen modernen Mähdrescher fotografieren lassen, denn „Oldtimer sind wir ja selber, da stellen wir uns lieber vor so eine moderne Maschine.“ (Foto: Toni Heigl)

Neben den fast haushohen modernen Maschinen, die in der Sonne glänzen, wirken die historischen Einmanntraktoren fast schon verloren. Man sieht ihnen die vielen Arbeitsjahre an, der Lack erscheint abgenutzt, an manchen Stellen blitzt ein wenig Rost durch. Und doch sind die meisten von ihnen nach wie vor im Einsatz, das erkennt man an der Erde und den Gräsern, die an den Rädern hängen.

So ist auch der "Fendt Favorit 3" von Familie Modlmayr täglich auf dem Feld im Einsatz. "Baujahr 1964, 55 PS mit Schlagmannseilgewinde", erklärt der Vater der Familie stolz. Er ist der vierte Besitzer des Traktors, sein Urgroßvater ist noch im Fahrzeugbrief eingetragen. Die 18 000 Betriebsstunden, die der Bulldog bereits auf dem Buckel hat, scheint man ihm nicht anzumerken: "Die oiden Dinger fahren einfach", erklärt sein Besitzer. Gemeinsam mit seiner dreieinhalbjährigen Tochter Luisa macht er auf dem Traktor oft einen Sonntagsausflug.

Stolzer Lenker ist auch der eineinhalbjährige Julian. (Foto: Toni Heigl)

Um die Tradition geht es auch dem 71-jährigen Leonhard Gollwitzer aus Jetzendorf. Er führt den Besuchern seinen Dreschwagen vor, eine Maschine komplett aus Holz aus dem Jahr 1934. "Die wollte ein Freund von mir verbrennen, aber das konnte ich nicht zulassen. Ich habe sie gerettet", erklärt Gollwitzer. Er zeigt den Kindern, die um ihn herum den alten Dreschwagen bestaunen, welche verschiedenen Siebe man einbauen kann, um unterschiedliche Getreidesorten oder Klee zu dreschen. Am hintersten Ende des Dreschwagens öffnet er dann die Säcke, und nimmt eine Handvoll Körner heraus, die die Maschine mechanisch herausgelöst hat. "Ich möchte der Jugend zeigen, wie solche Maschinen funktionieren. Den Prozess in der Realität beobachten zu können, ist doch einfach etwas ganz anderes, als es auf einem Video zu sehen."

© SZ vom 02.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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