Adventskalender:Auf der Flucht vor der eigenen Familie

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Ein albanisches Paar versteckt sich mit seinen Kindern im Landkreis. Die Eltern wollen die Frau meistbietend verkaufen

Von Petra Schafflik, Dachau

Nebenan dröhnt der Fernseher, auf dem Flur wird diskutiert und gelacht. Ruhe gibt es kaum in der Asylunterkunft, wo Berna P. ( Namen geändert) ihren Jüngsten in den Armen hält. Jetzt sind sie zu sechst, mit vier Söhnen leben die Eltern in zwei kleinen Zimmern eines Flüchtlingsheims. Auf der Flucht ist Vater Hasan P. mit seiner Familie schon lange, seit zwei Jahren leben sie jetzt im Landkreis Dachau. Ihre Heimat mussten sie verlassen, weil die albanische Familie von Berna P. das Paar und seine Kinder bedroht und verfolgt. Hanan P. fürchtet um sein Leben und das seiner Liebsten. Über Luxemburg und die Schweiz sind sie zunächst geflüchtet, eine erste Rückkehr in die mazedonische Heimat von Hasan P. geriet dann aber zum Fiasko. Rasch hatte der Vater von Berna P. die Familie wieder aufgespürt, stand vor der Tür und bedrohte sie massiv.

"Die Eltern wollten ihre Tochter zurück", berichtet Hasan. Als Kind musste die junge Frau für den Unterhalt der Familie betteln. Sie wurde zudem vom Vater verprügelt. Bei einer Hochzeit soll sie ihren Eltern noch einmal Geld einbringen. "Sie wollen Berna verkaufen, egal an wen." Weil Hasan nicht zahlen konnte und noch immer nicht zahlen kann, flüchtete das Paar erneut, diesmal nach Deutschland. Jetzt wohnen sie in einer Asylunterkunft im Landkreis, leben quasi auf Abruf, weil sie nur eine Duldung erhalten haben. Alle drei Monate macht sich Hasan auf den Weg zur Behörde, immer in Panik, dass diesmal der lebensrettende Stempel vielleicht versagt werden könnte. Die permanente Unsicherheit, die Angst vor dem Terror der eigenen Familie haben Berna B. zugesetzt.

Durch die psychische Belastung ist sie erkrankt, der Alltag mit vier Kindern, die schwierige Wohnsituation in der Gemeinschaftsunterkunft ist für sie kaum noch zu bewältigen. Die Kinder spüren die Anspannung der Eltern. Doch gerade die beiden älteren Jungen sind schon gut integriert und fühlen sich im Landkreis Dachau zu Hause. Die Buben gehen hier zur Schule, kicken im Verein und sprechen gut Deutsch. Jetzt sieht Hasan ein wenig Licht am Horizont. Mit Unterstützung der Caritas konnte die Familie eine kleine Wohnung finden, Anfang des kommenden Jahres werden sie dorthin umziehen. Doch das feuchte, abgewohnte Mobiliar aus der Gemeinschaftsunterkunft will Familie P. nicht mitnehmen. Tisch, Stühle und vor allem Betten für die Kinder wären eine dringend benötigte Grundausstattung.

© SZ vom 22.12.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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