Abschiebestopp für Azubis:Vorbild Dachau

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Die IHK lobt den Umgang des Landratsamts mit Flüchtlingen, die in einer Ausbildung stecken

Von Tom Hackbarth, Dachau

Ein bundesweites Gesetz gibt Geflüchteten in Ausbildung Bleiberecht. In Bayern werden diese Regularien jedoch etwas anders interpretiert. Die Ausländerbehörden vieler Kommunen schieben trotzdem ab. Das ärgert viele Unternehmer und verängstigt Migranten. Im Landkreis Dachau bemüht man sich indes um Integration. Junge Asylbewerber, die eine Ausbildung angefangen haben, dürfen diese zu Ende machen und darüber hinaus zwei Jahre lang in dem Betrieb arbeiten, wie es das Gesetz vorsieht. Von der Industrie- und Handelskammer (IHK) gibt es dafür ein Lob.

"Der Landkreis ist sehr wohlwollend gegenüber den Interessen der Unternehmen eingestellt. Im Vergleich mit anderen Landkreisen im Großraum München ist das nicht selbstverständlich", so Mareike Ziegler, Teamleiterin Integration der IHK für München und Oberbayern. Bayerns Wirtschaft setzte bereits große Hoffnungen auf das Bundesintegrationsgesetz, denn Berufsausbildungen für Flüchtlinge könnten dem Facharbeitermangel in den Betrieben entgegenwirken. Viele Firmen haben nämlich Nachwuchssorgen. Ihre Suche nach Auszubildenden blieb in den vergangenen Jahren oft erfolglos. Mit den Flüchtlingen wendet sich nun für viele das Blatt zum Positiven. Dass die Arbeitswilligen jedoch mitten in der Ausbildung plötzlich das Land verlassen und ihre Arbeit abbrechen müssen, hat die Chefs sehr verärgert. Denn sie haben dann Zeit und Geld umsonst investiert. Die so genannte "Drei plus zwei"-Regelung, die nun im Bundesgesetz festgeschrieben ist, sollte dies verhindern. Demnach werden die Geflüchteten, die sich in einer dreijährigen Ausbildung befinden geduldet und bekommen eine zusätzliche Aufenthaltserlaubnis für die anschließenden zwei Jahre im Betrieb. Durch restriktive Auslegung dieses Bundesgesetzes können sich die Unternehmer in Bayern aber immer noch nicht auf den gesetzlich garantierten Abschiebestopp verlassen.

Für Peter Fink, den Vorsitzenden des IHK-Regionalausschusses Dachau, ist das eine Katastrophe: "Wir Unternehmen suchen erst händeringend nach Azubis und Fachkräften, und dann werden sie uns wieder weggenommen." In den meisten bayerischen Landkreisen bleibt die Angst, sowohl für die Azubis, als auch ihre Chefs, die befürchten müssen, dass sie plötzlich wieder ohne Hilfe dastehen und noch dazu viel Geld falsch investiert haben. Gerade in Sachen Integration ist das kontraproduktiv.

Positiv hebt Fink den Landkreis Dachau hervor, der die Sache pragmatischer angehe, als andere Kommunen. Im September hatten hier laut IHK 56 Geflüchtete einen Ausbildungsvertrag als Verkäufer, Konstruktionsmechaniker, Fachlagerist oder Fachkraft für Lagerlogistik. Das sind die beliebtesten Berufe, die die jungen Männer und Frauen lernen. Doch "per se wird auch in Dachau nicht jedem Geflüchteten oder Unternehmen automatisch zugestimmt", sagt Mareike Ziegler, Teamleiterin Integration der IHK. Auch wenn es in Dachau im Vergleich zu den Nachbarlandkreisen Erding und Freising offener zugehe und der Austausch zwischen Behörden, Unternehmen und Auszubildenden größer sei. Der Zugang für alle Beteiligten sei einfacher. Besonders gut sei in Dachau zudem, dass "schon sechs Monate vor Ausbildungsbeginn eine Entscheidung bezüglich der Aufenthaltserlaubnis möglich" ist, lobt Ziegler. In anderen bayerischen Städten und Landkreisen gehe das meist nur drei Monate im Voraus.

Nun soll im Landkreis mit Hilfe einer EU-geförderten interkommunalen Vernetzungsplattform die Orientierung für Geflüchtete und Betriebe weiter ausgebaut werden. Dabei sollen die persönliche und wirtschaftliche Lage der Migranten gefördert und Betriebe im Landkreis innovativer gestaltet werden. Wer Geflüchtete beschäftigen will, so Ziegler, soll sich frühzeitig mit dem Integrationsteam der IHK in Verbindung setzen. Dazu findet im März 2019 zum Thema "Internationale Fachkräfte beschäftigen" auch eine Infoveranstaltung statt.

© SZ vom 28.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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