80 000 bewilligte Anträge:Wiedersehen mit Weggefährten

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Die Historiker Wolfgang Benz und Jürgen Zarusky und der Holocaust-Überlebende Uri Chanoch standen Jan-Robert Renesse bei

Über das Gesicht von Jan-Robert Renesse geht ein Leuchten, als sich bei ihm ein Mann nach dem Festakt im Rathaus bedankt. Der 89-jährige Israeli Abba Naor, Vizepräsident des Internationalen Dachau-Komitees, dankt dem Sozialrichter im Namen der Holocaust-Überlebenden, die nur durch seinen Einsatz heute eine Ghetto-Rente beziehen. Mehr als die Hälfte der 80 000 Anträge sind inzwischen bewilligt worden, wie Renesse sagt.

Die Opfer wurden ausgegrenzt, ausgeraubt, vertrieben, versklavt und haben überlebt, fast immer mit lebenslangen Folgen für Gesundheit, Psyche und wirtschaftliche Lage. Heute lebt vielleicht noch eine halbe Million, geschätzte 50 Prozent von ihnen leben unterhalb der Armutsgrenze. Viele sind gebrechlich und pflegebedürftig. Renesse erwähnt den Namen eines Überlebenden, mit dem er intensiv für die Entschädigung der ehemaligen Ghetto-Arbeiter kämpfte: Uri Chanoch, der im September 2015 in Israel im Alter von 87 Jahren gestorben ist. Chanoch und Naor leiteten gemeinsam die Vereinigung der Überlebenden der Dachauer Außenlager Kaufering/Landsberg. Die Verleihung des Dachau-Preises für Zivilcourage hätte, meint Abba Naor, sein Freund Uri sehr gerne erlebt. Beide waren im Ghetto Kaunas und schufteten dort für die Deutschen.

Jan-Robert von Renesse trifft auf dem Festakt alte Wegbegleiter: Der Historiker Wolfgang Benz und sein Dachauer Kollege Jürgen Zarusky vom Institut für Zeitgeschichte in München hatten großen Anteil an dem Erfolg des Kampfes um die Auszahlung von Ghetto-Renten. Der Sozialrichter hatte sich den Beistand dieser und anderer Historiker geholt. Denn es habe sich gezeigt, dass dieses Kapitel noch nicht umfassend erforscht war. Zarusky sei es gelungen zu belegen, dass in den Ghettos tatsächlich Rentenbeiträge abgeführt werden mussten, sagt Renesse. Die Nationalsozialisten pressten aus den Menschen, die für ihre Arbeit Hungerlöhne bekamen, noch weiteres Geld. Wesentlich für die Änderung der Rechtssprechung, sagt Renesse, sei der Nachweis der Wissenschaftler gewesen, die diese Vorgänge bis ins Detail aufgedeckt haben. Ebenso wie die häufig präzisen Erinnerungen der Holocaust-Überlebenden.

© SZ vom 11.12.2017 / hz - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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