100 Jahre alt:Schöne Aussichten

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Jüngste Recherchen belegen: Die Dachauer Volkshochschule ist älter als gedacht. 2020 wird ein besonderes Jubiläumsjahr

Von Petra Schafflik, Dachau

Der Zufall schreibt ja oft die schönsten Geschichten. So jetzt auch bei der Dachauer Volkshochschule (VHS). Dort hatte Leiter Matthias Buschhaus mit seinem Team oft gehadert, wenn es in den vergangenen Jahren nicht recht voranging bei der Suche nach adäquaten Räumlichkeiten für die Bildungseinrichtung, die aktuell kein ordentliches Zuhause hat und deswegen 18 verschiedene Veranstaltungsorte bespielt. Nun könnten es genau diese Verzögerung sein, die der VHS 2020 unerwartet ein ganz besonderes Jubiläum beschert.

Zum einen geht nach jüngsten Recherchen die Erwachsenenbildung in der Stadt historisch deutlich weiter zurück als bislang gedacht. Die 1977 von Christa und Helmuth Freunek quasi im eigenen Wohnzimmer gegründete Einrichtung hat weit in die Historie zurückreichende Wurzeln. Sie wurde in den Amtsbüchern der Stadt als "Volksbildungsgemeinschaft" bereits 1920 erstmals erwähnt. So kommt es, dass die Volkshochschule im kommenden Jahr ihr 100-jähriges Bestehen begeht. Und wenn alles nach Plan läuft, kann dieses Jubiläum in großzügigen, neuen Räumen gefeiert werden, nämlich im bis dahin zum modernen Haus der Erwachsenenbildung umgebauten Gebäude der Thoma-Schule.

Schöne Aussichten für die Erwachsenenbildung, die auch in diesem Jahr einen öffentlichen Festtag organisiert: Nachdem die ersten Volkshochschulen in Deutschland 1919 gegründet wurden, lädt die VHS-Dachau gemeinsam mit bundesweit hunderten anderen Einrichtung am Freitag, 20. September, zur langen Nacht unter dem Motto "100 Jahre Wissen teilen".

Auch wenn sich der äußere Rahmen mit einem bedarfsgerecht sanierten Haus erst im kommenden Jahr ändert, kündigt das VHS-Team bereits für das Herbst-Semester wichtige Neuerungen an: Das Programmheft präsentiert sich moderner und handlicher, eine Sommerakademie bietet Bildungsveranstaltungen auch im August und mit der gerade erworbenen EFQM-Zertifizierung ist die Dachauer VHS fit für die Zukunft. Die neue Optik des gedruckten Programms geht einher mit einem geänderten Terminplan der Kurse. Statt bisher analog zum Schuljahr, startet das Herbstsemester nun schon im August mit einer Sommerakademie. Dieses neue Angebot beinhaltet Sprach- und Gesundheitskurse, eine Woche lang täglich als Intensivkurs oder als Kurz-Abo für vier Wochen. Gedacht ist die Sommerakademie für Menschen, die gerade in der Urlaubszeit die Muße für einen VHS-Kurs finden oder ein Angebot mit wenigen Stunden erst einmal ausprobieren möchten. "Wir wollen testen, was ankommt und das Angebot künftig weiter ausbauen", betont Yvonne Schütt, stellvertretende VHS-Geschäftsführerin. Mit dieser Idee hat die VHS offenbar einen Nerv getroffen. Seit wenigen Tagen ist die Sommerakademie online, erste Kurse sind bereits ausgebucht.

Auch die Möglichkeiten der Digitalisierung sollen stärker für die Erwachsenenbildung nutzbar gemacht werden. Es gibt im neuen Programm erstmals sogenannte "Webinare", das sind Vorträge oder Kurse, zu denen sich angemeldete VHS-Teilnehmer per Pin-Code zuschalten und über eine Online-Plattform mitdiskutieren können. Die Kurse bieten die Chance, renommierte Dozenten für viele Teilnehmer zugänglich zu machen, gerade auch zu gesellschaftlich relevanten Themen.

Das Programm bietet im Herbst zwei Vorträge zu den so aktuellen wie unterschiedlichen Themen: Rechtspopulismus als Gefahr für die Gesellschaft und Brennstoffzelle zur häuslichen Energieerzeugung. Echte Online-Kurse, bei denen sich Teilnehmer regelmäßig und ausschließlich von der heimischen Couch aus zuschalten, sind nicht geplant, erklärt Anita Engelbrecht, stellvertretende pädagogische Leiterin. Doch ließen sich in einer "VHS-Cloud" ergänzende Materialien bereitstellen. "Da müssen wir sehen, was sich bewährt." Je nach den Vorlieben der Interessenten könnte gerade für Sprachkurse das Konzept der Zukunft der "Flipped Classroom" sein. Kursteilnehmer lernen Vokabeln und Grammatik mit online bereit gestelltem Material zu Hause, "im Kurs wird dann intensiv geübt", so Engelbrecht.

Im Jubiläumsjahr der deutschen Volkshochschulen treten gerade auch gesellschaftspolitische Themen wieder in den Vordergrund. Das Kürzel VHS übersetzt Matthias Buschhaus mit "Vielfalt, Humanität und sozialer Zusammenhalt". Ziele, die offenbar auch in der Dachauer Kommunalpolitik auf positive Resonanz stoßen. Denn der Freistaat hat zwar die finanziellen Mittel für die Erwachsenenbildung aufgestockt, doch diese Zuschüsse machen nur einen geringen Teil im Etat der Erwachsenenbildung aus. Was dagegen zählt, ist die Unterstützung der Stadt, die aktuell nicht nur den wichtigen Umbau der Ludwig-Thoma-Schule zum modernen Haus der Erwachsenenbildung vorantreibt, sondern auch für eine verlässliche Finanzierung des Kursprogramms sorgt. Andere Volkshochschulen hätten da deutlich mehr zu kämpfen, betont Geschäftsführer Buschhaus. "Die Unterstützung der Stadt Dachau ist überdurchschnittlich."

© SZ vom 24.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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