Cowboy Club:Wild Wild West in München

Es gibt noch Wild-West-Romantik in der Stadt: Im "Cowboy Club München" empfinden Mitglieder seit 105 Jahren das Leben der Cowboys und Indianer nach.

Fotoserie von Alessandra Schellnegger mit Texten von Annika Wiedemann

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(Foto: Alessandra Schellnegger)

Dörte Wormuth, 53 Beruf: Bürokauffrau Outfit: Lakota-Frau Mitglied seit: War bislang als Familienmitglied dabei und wird jetzt selber die Mitgliedschaft beantragen. Für Dörte Wormuth steht weniger der Verein im Vordergrund, als vielmehr die Authentizität der indianischen Darstellung. "Das sind keine Faschingsverkleidungen, das ist originalgetreue Kleidung", betont sie. Wormuth kam über ihren Lebensgefährten Arnulf Pfitzke zum Münchner Cowboy-Club. Sie traten immer als Lakota-Frau und Lakota-Krieger auf, ihr Lebensgefährte starb vor drei Monaten. Wichtig sind Dörte Wormuth die Menschen im Club, die sie dort kennengelernt hat und die sie besonders jetzt, in der Zeit nach dem Tod von Arnulf Pfitzke, begleiten. "Die Bindung ist irgendwie stärker durch das Hobby, durch das Gemeinsame. Wir sind wie eine Familie, jeder ist für den anderen da", sagt sie.

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(Foto: Alessandra Schellnegger)

Links: Cindy Beruf: Freie Kuratorin Outfit: Siedler-Gewand Mitglied seit: 2017 Rechts: Volker Rosenmüller, 50 mit Tochter Linda, 6 Beruf: Beamter Outfit: Siedler-Gewand Mitglied seit: 2013 "Back to the roots", beschreibt Volker Rosenmüller seine Erfahrung im Cowboy-Club München. Der Beamte ist seit fünf Jahren dabei und schätzt vor allem den Naturaspekt. Bei Übungen der Wasserwacht habe er das Vereinsgelände gesehen und sein Interesse sei geweckt gewesen. "Man kann immer auf das Gelände, und auch mal dort übernachten. Besonders für die Kinder ist es dort toll. Und sie können sich in einem sicheren Umfeld austoben." Denn seine beiden Töchter Linda und Laura sind immer mit dabei. Rosenmüller will seinen Kindern die Möglichkeit geben, neue Dinge wie Bogenschießen auszuprobieren, aber ihnen auch die kulturhistorischen Aspekte und die amerikanische Geschichte näherbringen. Der Münchner und seine Kinder spielen im Club die Rolle der einfachen Siedler; die ersten, die sich in Amerika niedergelassen haben.

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(Foto: Alessandra Schellnegger)

Links: Clubname: William Howard Beruf: Maurer im Ruhestand Outfit: Büffeljäger 1874 Mitglied seit: 55 Jahre dabei, also schon seit Kindheitstagen. Sein Vater war auch schon Mitglied. William Howard kann sich erinnern, dass die hohen Bäume, die heute das Vereinsgelände überragen, früher ganz klein waren. Der Münchner kam schon als Sechsjähriger in den Cowboy-Club, sein Vater nahm ihn mit: Lasso drehen, reiten, neue Dinge ausprobieren - ein Paradies für Kinder. Und William Howard ist bis heute geblieben, 55 Jahre bis jetzt. "Früher bin ich viel geritten und habe Tricks auf den Pferden gemacht. So etwas wie Halstücher vom Boden aufheben." Heute kann der 60-Jährige das klassische Cowboy-Dasein nicht mehr so ausleben, aber seine Liebe zu Handwerklichem ist geblieben. Der pensionierte Maurer gerbt Felle, gießt Bleikugeln für sein Gewehr, baut indianische Bögen aus Holz und lebt oft tagelang in seinem Zelt auf dem Vereinsgelände. "Ich respektiere die Natur hier. Die heutige Zeit ist so schnelllebig, hier kann man langsamer leben." Im Club verkörpert er meist einen klassischen Cowboy oder einen Trapper. "Der Cowboy-Club ist mein Leben, mein Lebensmittelpunkt", sagt er. Rechts: Herbert Köpf, Vorstand, 74 Clubname: Billy Cherokee Beruf: Rentner Outfit: Old Style Cowboy Mitglied seit: 1970 Es ist Sommer in den Fünfzigerjahren. Herbert Köpf ist zu Besuch bei seinen Großeltern, in deren Garten Cowboys des Münchner Cowboy-Clubs das Lasso drehen üben. Der Junge ist begeistert. Und die Begeisterung hält sich bis heute. Seit 1970 ist Herbert Köpf, im Cowboy Club bekannt unter dem Namen Billy Cherokee, Mitglied im Club und mittlerweile Vorstand. "Ich hatte schon immer ein Faible für Amerika", erklärt der 74-Jährige. Der pensionierte Besitzer eines Sportgeschäfts hat früher viel in der Natur unternommen, war beispielsweise Wildwasserfahrer. Auch heute schätzt er die Idylle auf dem Vereinsgrundstück - und die anderen Mitglieder: "Die Geschichte von Amerika interessiert mich einfach. Und im Club gibt es viele verschiedene Spezialisten, von denen man lernen und mit denen man diskutieren kann." Als Billy Cherokee ist er ein klassischer Cowboy. Er fühle sich in der Kleidung zwar nicht wie ein anderer Mensch, aber er finde es schön, die ganzen verschiedenen Gewänder im Club anzuschauen und zu sehen, wie viel Mühe sich die Menschen geben.

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(Foto: Alessandra Schellnegger)

Tina Zill, 58 Beruf: Informatikerin Outfit: Nachmittags-Ausgehkleid, Bürgerlich gehoben, ca. 1864 Mitglied seit: 2009 Tina Zill kann mit Cowboys und Indianern nichts anfangen. Zum Glück legt der Cowboy-Club-München aber seinen Fokus auch auf das 19. Jahrhundert - die Spezialität der 58-Jährigen. Ihre Passion sind die Damenkleider und der Tanz der Epoche. Sie besitzt eine Vielzahl von historischen Kleidern, deren Herstellung in detailgetreuer Handarbeit mehrere Hundert Stunden gedauert hat. "Viel Lesen und Bilder anschauen gehört dazu. Aber auch Kupferdrucke sind eine wichtige Inspiration", sagt sie. Tina Zill versucht, die Kleidung so authentisch und realistisch für die Zeit wie möglich zu gestalten, und das bedarf einer langen Recherche. Am 19. Jahrhundert gefällt ihr besonders die Eleganz der Kleidung. Sie bewege sich in ihren Kleidern und den ausladenden Röcken ganz anders als im Alltag. "Im Vergleich zu früher sieht unsere Kleidung heute ja eher aus wie Unterwäsche." Im Cowboy-Club hat die Frau, die im IT-Servicemanagement arbeitet, andere Menschen mit den gleichen Interessen kennengelernt und ist seit 2009 regelmäßig dort. Mit den anderen Mitgliedern veranstaltet sie Seminare, etwa solche, in denen man das Hutmachen lernt.

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(Foto: Alessandra Schellnegger)

Links: Carsten Dieckmann, 28 Beruf: Kinderpfleger Outfit: Trapper mit Fellen und Gewehr Mitglied seit: 2015 Rechts: Gerhard Lack, Manager Beruf: Privatier Outfit: "Private", einfacher Soldat der Südstaaten aus dem amerikanischen Bürgerkrieg Mitglied seit: 2016

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(Foto: Alessandra Schellnegger)

Clubname: Laredo Beruf: Arbeitslos Outfit: "Mexikaner" Mitglied seit: 2016

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(Foto: Alessandra Schellnegger)

Links: Christina Duka, 68 Clubname: Broken Hand Beruf: Rentnerin Outfit: Siedlerin / Arbeitskleid um Bürgerkriegszeit 1860 Mitglied seit: Gemeinsam mit ihrem Mann seit 40 Jahren dabei, sie aber nur als passives Mitglied. Rechts: Wolfgang Mordstein, 57 Clubname: Sam Murdock Beruf: Eisenbahnbeamter Outfit: Zylinder und langer Gehrock Mitglied seit: ca. 10 Jahren

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Horst Jorra, 57 Clubname: Seth Bullock Beruf: Eisenbahnbeamter Outfit: Mountie (royal canadian mounted police) Mitglied seit/bis: 2011- 03/2018

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(Foto: Alessandra Schellnegger)

Links: Christian Ruschig, 51 Clubname: Großer Wille Beruf: Koch Outfit: Waldland-Indianer Mitglied seit/bis: 2014 - 2017 Rechts: Robert Zeithamer, 55 Beruf: Selbständig im Bereich Catering Outfit: Longhunter östliche USA um 1770-1780 Mitglied seit: 2016

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(Foto: Alessandra Schellnegger)

Sonja Ulrich, 58 Clubname: Conchita Fuentes Beruf: Rentnerin Outfit: Cheyenne um 1840 Mitglied seit: Ihr Vater war 70 Jahre lang Mitglied, ihre Eltern haben sich im CCM kennengelernt. Sie ist von Geburt an dabei.

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(Foto: Alessandra Schellnegger)

Von Links: Werner Herzog, Bernhard Seonbuchner, 77, und Martin Seonbuchner, 67 Outfit: Soldaten der Armee der Nordstaaten im amerikanischen Bürgerkrieg, abgesessene Truppe Sie geben die Soldaten der Nordstaaten im amerikanischen Bürgerkrieg. Die Brüder Bernhard und Martin Seonbuchner sind vom Verein "US Cavalery - Historical Club of Germany" (in der Münchner Gruppe) und immer am Tag der offenen Tür im Cowboy-Club zu Besuch. Bernhard Seonbuchner, Beamter im Ruhestand, hatte sich, zusammen mit seinem Bruder, ursprünglich wegen diverser Hollywoodfilme und Karl-May-Bücher für die Thematik interessiert. "Aber mit der Zeit lernt man mehr über die echte Geschichte hinter den Büchern und Filmen." Bei sogenannten historischen Reenactments stellen sie in originalgetreuer Kleidung historische Gegebenheiten, wie das Lagerleben oder Schlachten, nach. "Wir versuchen einfach, die Geschichte nachzuempfinden. All die Entbehrungen und das harte Leben." Aber nach mehreren Tagen sei man doch immer froh, wenn man wieder nach Hause gehen könne. Früher ist Bernhard Seonbuchner viel geritten, hat sogar eine Reitausbildung abgeschlossen. Doch heute überlasse er das Reiten lieber den Jüngeren in seinem Verein. Die historischen Vereine mit dem Fokus auf amerikanische Geschichte in Bayern stehen im regen Austausch miteinander. "Das gemeinsame Hobby und das Interesse für amerikanische Geschichte verbindet einfach", sagt er.

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(Foto: Alessandra Schellnegger)

Links: David Grünwald, 22 (jüngstes Mitglied) Beruf: Soldat/Bundeswehr Outfit: Cowboy Mitglied seit: 2017 Rechts: Arnulf Pfitzke, 57 Clubname: waŋblí- šuŋgmánitu táŋka Beruf: Anlagenmechaniker u. LKW-Mechaniker Outfit: Lakota-Krieger Mitglied seit/bis wann: ca. 1995-2000 und 2014 - 2018 Arnulf Pfitzke ist im Frühjahr 2018 gestorben.

© Süddeutsche Zeitung, 14.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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