Club der guten Hoffnung:Kicken für besseres Leben

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Im Rahmen der WM 2010 sollen Straßenkinder aus Kapstadt zu einem Fußballturnier nach München kommen. Ein Gespräch mit den Organisatoren des Clubs der guten Hoffnung.

Anna Fischhaber

Das Risiko, Opfer eines Verbrechens zu werden ist in kaum einem Land so hoch wie in Südafrika, wo die Fußballweltmeisterschaft 2010 stattfinden soll. In Kapstadt prallen die Gegensätze besonders heftig aufeinander - neben gläsernen Fünf-Sterne-Palästen kämpfen Straßenkinder ums Überleben. Michael ist 13 Jahre alt, als sein Onkel ihn mit zu einem Banküberfall nimmt. Er kommt ins Gefängnis und landet schließlich auf der Straße, wo Verbrechergangs Kinder als Drogenkuriere benutzen. Eines Wintertages bekommt er unerwartet Hilfe: Ein Streetworker lädt ihn zum Kicken ein, Vertrauen entsteht und Michael schafft den Weg zurück in die Gesellschaft.

Mit dem Club der guten Hoffnung sollen Straßenkinder aus Kapstadt nach München zum Fußballturnier reisen. (Foto: Foto: oh)

Fußball gilt als Wundermittel bei vielen Hilfsprojekten in Südafrika. Kirchliche Hilfswerke in München haben deshalb ein Austauschprogramm für deutsche und südafrikanische Jugendliche im Vorfeld der WM gegründet. Unter anderem soll im Sommer ein Fußballturnier zwischen ihnen in München stattfinden. Schüler aus 600 bayerischen Schulen sind bereits Mitglied beim "Club der guten Hoffnung". Von Südafrika aus wird das Projekt von Nelly Burrow und Wayne Golding betreut. Ein Gespräch mit den Sozialarbeitern.

sueddeutsche.de: Sie bauen von Kapstadt aus den Club der guten Hoffnung auf, was ist das Ziel?

Wayne Golding: Wir arbeiten hier mit gefährdeten Jugendlichen. Der Club der guten Hoffnung ist ein interkulturelles Projekt, bei dem Erfahrungen zwischen deutschen und südafrikanischen Jugendlichen ausgetauscht werden sollen, um vom anderen zu lernen. Fußball ist dabei das einende Elemente. Überall auf der Welt wird Fußball gespielt, die Regeln sind dieselben - egal welche Sprache oder Kultur die Spieler haben. Das zeigt: Von dem, was uns unterscheidet, sollten wir uns nicht abbringen lassen von dem, was wir gemeinsam tun können. Der Club der guten Hoffnung soll der erwachsenen Welt klar machen, dass es globale Probleme wie Gewalt und Kriminalität gibt, die wir gemeinsam lösen müssen.

sueddeutsche.de: Was ist bislang passiert?

Golding: Wir sind noch am Anfang. Es gab schon ein paar Probe-Videokonferenzen zwischen den Schülern in Kapstadt und München. Wir haben dabei gelernt, dass Kinder ihre eigenen Fragen haben. Sie sind sehr interessiert daran, was sie gemeinsam haben - zum Beispiel bei Musik, Tanzstilen, Lifestyle, Fußball. Richtig los mit dem Kennenlernen per Videokonferenz geht es aber erst im Februar. Vielleicht lernen wir dann auch, was uns trennt. Bislang haben wir noch nicht entschieden, wer fährt. Aber natürlich ist es für die meisten eine einmalige Gelegenheit im Leben.

Nelly Burrow: Viele Kinder in Südafrika sind noch nie aus ihrer Stadt hinaus gekommen. Nach München zu reisen, bedeutet für sie, in eine andere Welt zu fahren. Alles ist anders, die Kultur, das Essen, das Wetter ...

sueddeutsche.de: Zurück nach Kapstadt, was sind die Hauptprobleme dort?

Burrow: Unsere Jugendlichen mussten sehr schnell erwachsen werden. Viele müssen ihre Familien ernähren. Zum Alltag gehören Drogen und eine sehr schlimme Armut. Es fehlen Unterkünfte, Medizin und ein gutes Bildungssystem. Eins von drei Kindern ist unterernährt. Erschreckend ist auch die hohe Aidsrate und die vielen Schwangerschaften von Teenagern. Jede vierte Frau lebt in einer gewalttätigen Beziehung, etwa alle 30 Sekunden gibt es eine Vergewaltigung. Und dann die Kriminalität, es gibt viele verschiedene Gangsterbanden. Ich wurde bereits sieben Mal überfallen, einfach weil ich zur falschen Zeit am falschen Ort war.

sueddeutsche.de: Und glauben Sie, Sport hat die Macht, wie Ihr ehemaliger Präsident Nelson Mandela es einmal formuliert hat, die Welt zu verändern?

Burrow: Sport und vor allem die Weltmeisterschaft ermöglicht eine breite Kommunikation nicht nur zwischen den Sportlern, sondern auch zwischen Verwaltungen, Trainern, Organisatoren und der Öffentlichkeit. Und Kommunikation ist essentiell, um ein Land zu verändern.

Golding: 1995 hat Südafrika die Rugby-WM gewonnen. Damals gab es politisch eine große Unsicherheit in unserem Land. Mandela wurde Präsident und die Menschen waren nervös. Durch die WM haben sie sich plötzlich nicht mehr auf die Politik, sondern auf den Ball konzentriert. Der bewegendste Moment dieser WM war jedoch nicht der Sieg, sondern als Mandela im Rugby-Trikot das Feld betrat und jedem Spieler die Hand schüttelte. Das ganze Stadion brüllte plötzlich "Nelson, Nelson". In diesem Moment wussten wir, es würde alles gut gehen mit Südafrika. Sport hat damals eine Hauptrolle bei der Veränderung des Landes gespielt und die WM 2010 wird ein weiterer Schritt auf Südafrikas Reise sein. Wir werden die ganze Welt als Gast empfangen - und das ist eine große Chance für viele Südafrikaner.

Mehr Informationen über den Club der guten Hoffnung und Mitgliedsanträge gibt es unter www.club-der-guten-hoffnung.de

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