Citta-Messe in München:Zum Erfolg mit Pferdeflüstern

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Von der Erotik des Betens bis zum Pferdeflüstern für Manager: In München tagt die Citta - eine Messe für ganzheitliches Wirtschaften.

Anna Fischhaber

Willkommen im neuen Bewusstsein! Unter dem Motto "Shaker, Maker, Visionäre" hat am Freitag in München die Citta eröffnet - eine Messe zum Thema ganzheitliches Wirtschaften für den Manager von morgen. Im Forum des Deutschen Museums haben sich allerdings nur wenige Anzugträger eingefunden. Die Mehrzahl der Teilnehmer trägt bunte Wollpullis, man plaudert über den Geist, Energie und Yoga. Statt Palm oder Handy liegen auf jedem Platz zwei goldbemalte Steine und ein buntes Herbstblatt, die Teil des Eröffnungsrituals sind.

Deutschlands jüngster Utopist: Felix Finkbeiner, 10, spricht auf der Citta über Klimagerechtigkeit. (Foto: Foto: dpa)

Der erste Redner ist gerade einmal zehn Jahre alt - und erstaunlich selbstbewusst: "Oft laden mich Erwachsene ein, weil ich Bäume pflanze. Aber ich rede nicht über Bäume, sondern über Klimagerechtigkeit", erklärt Felix Finkbeiner, der gerade zum jüngsten Utopisten Deutschlands gekürt wurde, dem verblüfften Münchner Publikum. Gekonnt hantiert der Bub mit Headseat, Laserpointer, Powerpointpräsentation und sperrigen Klimabegriffen. Sein Überlebenskonzept für unseren Planeten passt gut zur Citta, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, neue Antworten auf gesellschaftliche Probleme finden.

"Heute geht es überall nur noch um Fachwissen, aber niemand redet mehr miteinander", sagt Thomas Schmelzer vom Veranstalter Planet Lila. Die Citta wolle deshalb den Dialog fördern, um "Visionen für ein ganzheitliches Wirtschaften" zu erarbeiten. Schmelzer ist äußerst euphorisch. Wie genau diese Visionen aussehen sollen, wird im Gespräch allerdings nicht klar. Nur das Geld und Seele irgendwie zusammengehören - zumindest nach dem Besuch der Messe für Bewusstseinserweiterung. Angesichts der Finanzkrise scheint die bei manchem Bankangestellten aber noch ausbaufähig.

Vom Urknall zur Erleuchtung

Auch in München ist man offenbar noch nicht so weit: Viele Plätze im Seminarraum bleiben leer, kaum mehr als 50 Besucher haben sich an diesem Freitag zur Fachtagung der Citta eingefunden. Dabei haben die Veranstalter durchaus vielversprechende Seminare im Programm: Die Entscheidung zwischen der "Erotik des Betens", "Geld und Spiritualität" und "Vom Urknall zur Erleuchtung" fällt nicht ganz leicht. Schließlich landen wir bei Bernd Osterhammel, der "tierisch einfache Mitarbeiterführung" dank "Pferdeflüstern für Manager" verspricht. Wahrscheinlich weil sein Konzept so sehr nach Hollywood und Robert Redford klingt.

Leider hat der Ingenieurunternehmer aus dem nordrhein-westfälischen Kurort Nümbrecht mit dem charismatischen Hollywoodschauspieler nur wenig gemeinsam. Nervös rennt Osterhammel auf der Bühne auf und ab, während im Hintergrund Amateurfilmchen von seiner Arbeit mit den Tieren berichten - mal gehen Pferd und Halter im Gleichschritt vorwärts, dann gemeinsam rückwärts, schließlich traben sie im Kreis als seien sie eine Einheit. Auf der Bühne synchronisiert Osterhammel dazu beide Rollen.

Flüstern tut deshalb nicht der Pferdemann, sondern der Gaul selbst: "Bernd, wer bist du wirklich?", fragt der Schimmel und wir lernen: Pferde muss man respektieren wie sie sind - genau wie seine Mitarbeiter. Persönlichkeitstrainer Osterhammel zieht daraus die Erkenntnis, Vertrauen und Respekt, nicht Kontrolle, seien die Basis für Leichtigkeit im Miteinander in einem Unternehmen. Das klingt zunächst einmal ziemlich simpel, muss in Zeiten, wo Supermärkte ihre Mitarbeiter heimlich überwachen, aber wohl noch mancher Chef lernen.

Auch dass aus einem Ackergaul kein Rennpferd wird und Angst weder auf dem Rücken eines Pferdes noch in einer Firma weiterhilft, scheint - so einfach es ist - einigen Unternehmern fremd. Je länger man den anschaulichen Ideen aus der Pferdewelt lauscht, desto mehr Faszination entfalten sie. Schade nur, dass so wenige Manager unter den Zuschauern sind. Bleibt zu hoffen, dass sich die Finanzkrise wirklich mit guten Gedanken überwinden lässt. Und dass dann auch wieder mehr Firmen in München Zeit für Visionen haben - ein neues Bewusstsein im Umgang mit Geld und Klima kann zumindest nicht schaden.

Am Samstag und Sonntag geht die Citta im Forum des Deutschen Museums mit Workshops, Vorträgen und Talkrunden sowie einem Filmfestival weiter. Die Tickets kosten zwischen 30 und 165 Euro. Außerdem stellen sich Unternehmen, Stiftungen und Organisationen, die sich der Zukunft verschrieben haben, kostenlos auf einer Messe vor. Weitere Informationen unter www.citta-forum.de

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