Chaos im Nahverkehr:Schwarzer Tag für die Bahn

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Erst legt ein Vogel die Stammstrecke lahm, dann torkelt ein betrunkener Wiesnbesucher über die Gleise und dann eskaliert auch noch die Autogrammstunde eines Rappers - mit der Folge, dass die Tram nicht mehr fahren kann. Viele Pendler mussten am Donnerstagabend vor allem eines: warten.

Florian Fuchs und Susi Wimmer

Von einem "ganz besonderen Tag" haben die S-Bahn-Verantwortlichen am Freitag gesprochen, und sie haben das nicht eben positiv gemeint. Innerhalb weniger Stunden waren am Donnerstagnachmittag im Münchner Streckennetz so viele Unfälle, Probleme und Pannen zusammengekommen, dass die Fahrgäste ausgerechnet abends, im Berufsverkehr, teils deutlich mehr als eine Stunde warten mussten - und die Wiesngäste an der Hackerbrücke nicht einmal auf die Trambahn umsteigen konnten, weil die ebenfalls lahmgelegt war.

Am Stachus hatte ein bekannter Rapper in einem Geschäft eine Autogrammstunde gegeben - die lief allerdings so aus dem Ruder, dass am Ende die Bayerstraße gesperrt werden musste und gut 200 Polizisten aufgebrachte Fans beruhigen mussten.

Inzwischen steht fest, dass ein Vogel der Auslöser für das beginnende Chaos am Donnerstag war: Um kurz nach 18 Uhr segelte er zwischen Tunnelausgang der Stammstrecke und Hackerbrücke in den Stromabnehmer einer S-Bahn der Linie 6. Zeugen hatten einen "großen Vogel" gesehen, der bei dem Unfall offenbar verbrannte und einen Lichtbogen an der Oberleitung sowie einen Kurzschluss in einem Stromkasten auslöste. 460 Fahrgäste aus der S 6 und der S 2, die wegen des Kurzschlusses ebenfalls liegengeblieben war, mussten von Sicherheitskräften im Gänsemarsch zu Fuß zur Hackerbrücke geleitet werden.

Die Stammstrecke war von 18.05 bis 19.15 Uhr gesperrt, anschließend mussten die S-Bahnen aber noch bis etwa 20 Uhr im Schritttempo fahren, weil ein betrunkener Wiesnbesucher auf den Gleisen unterwegs war. Bereits zwischen 16.50 und 17.50 Uhr war die Strecke der S 7 gesperrt gewesen, weil am Heimeranplatz Personen auf den Gleisen gesichtet worden waren.

Wer den Ausfall auf der Stammstrecke mit der Tram wettmachen wollte, hatte allerdings auch Pech: Wegen einer angekündigten Autogrammstunde des Rappers "Haftbefehl" war die Bayerstraße gesperrt. Über sein Handy hatte der Musiker auf "Facebook" den Signiertermin in einem Klamottenladen im Mathäser angekündigt. "Alle vorbeikommen", schrieb er.

Gut 500 Kids stürmten herbei, wegen des Massenandrangs wurde der Termin abgesagt, die Fans reagierten daraufhin wütend und warfen Flaschen und andere Gegenstände in Richtung Polizei. Auf der Bayerstraße herrschte Ausnahmezustand, die durchgehend jungen Fans blockierten Straßen und Gleise, stimmten Sprechchöre an und beleidigten die Polizisten. Ein Beamter wurde leicht verletzt. Am Ende gab es sieben Festnahmen und keinen Haftbefehl. "Die Polizei prüft, ob man dem Veranstalter den Einsatz in Rechnung stellen kann", sagte Polizeisprecher Peter Beck.

Der schwarze S-Bahn-Tag allerdings war noch nicht vorbei: Gegen 1.20 Uhr raste ein 21-jähriger Student in Ottobrunn im Rausch ungebremst durch die geschlossene Bahnschranke und gegen eine fahrende S-Bahn. Wie durch ein Wunder blieben der Student sowie seine drei Freunde unverletzt.

© SZ vom 01.10.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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