"Cavewoman" beim Tollwood-Festival::Philosophie mit Fusseln

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Zwei Einschätzungen der Komödie über den Geschlechterkampf. In einem sind sich die Autoren jedoch einig: Ramona Krönke brilliert als moderne Höhlenfrau.

Sabine Leucht und Jochen Temsch

Von Frau zu Frau - Sabine Leucht über "Cavewoman"

Also, jetzt mal so von Frau zu Frau, auch wenn das "große Ereignis" schon vor der Türe steht: Es soll ein Leben nach der Hochzeit geben - und sogar eines ganz ohne. Schau dir den Flokati aus Djerba an und deine Stereoanlage, setz' dich in die weichen Fusseln und leg' eine alte Scheibe auf, dann wirst du es sicher spüren: Der Typ, der dir das alles nehmen will und im Austausch dafür nur beim Pupsen, Streiten und Schnarchen von sich hören lässt, den schicke nach Real Madrid oder zur Mama, die waschmaschinenfeste Gummibäume verschenkt. Schade wär's nicht drum.

Ihre enorme Ehefixiertheit hat die Eine-Frau-Show "Cavewoman" mit amerikanischen Kultserien wie "Ally McBeal und "Sex and the City" gemein. Keine schlechte Gesellschaft für eine aus mitteleuropäischer Frauenperspektive leicht antiquierte Sicht aufs Leben.

Einiges an der von der südafrikanischen Autorin Emma Peirson geschriebenen und von Adriana Altaras inszenierten Antwort auf Rob Beckers "Caveman", die bis 31. Dezember im Tollwood-Wörtersee-Zelt zu sehen ist, ist allerdings richtig lustig: etwa der Sprachcomputer, der bei Gott ans Telefon geht, und die kongenial-verstrubbelte Ramona Krönke, die mit burschikoser Kamikazemimik die Figur der ganzkörperepilierten Heike subtil unterwandert. Mit Heike, die Poweryoga und Pilates für alte Griechen hält, mag man sich nicht identifizieren. Mit Ramona schon. Bei ihr wird sogar der Einkauf im Supermarkt zum sensationellen Jagderfolg. Jäger oder Sammler? Das ist für diese moderne Höhlenfrau plötzlich keine Frage mehr.

Maskulines Unverständnis - Jochen Temsch über "Cavewoman"

Hier pupst der Mann ganz ungeniert, braucht für den Obsteinkauf eine Zeichnung und will beim Sex schmutzige Dinge hören. "Küche" antwortete sie ihm dann, wickelt ihre Zellulitis in Zellophan und kauft sich ihr Hochzeitskleid selbstbetrügerische zwei Nummern zu klein. Am Ende dieses Spiels mit den Klischees der Geschlechter bleibt er der rohe Cro-Magnon-Klotz. Aber wenigstens kennt er den aufrechten Gang, im Gegensatz zu ihr. Eine Nacht vor der Heirat hat sie ihn aus der Wohnung geworfen. Sie hadert mit seiner Tumbheit, lässt kein gutes Brusthaar an ihm - will ihn aber doch nur unbedingt zurück, um ihre Kleinmädchenphantasien vom Trau-Event zu erfüllen. Das ist das Grundproblem dieser "Cavewoman": Man kann sie nicht recht verstehen.

Es ist mehr das satirische Psychogramm eines leicht überkommenen Frauentyps als die große Abrechnung mit der anderen Seite der Schöpfung. Im Unterschied zu "Caveman", der bis 31. Dezember gegenüber im Theater-Zelt läuft und im Wesentlichen deshalb so erfolgreich ist, weil er den Zuschauern Identifikation bietet und Bestätigung für alles, was man so oder so ähnlich schon immer über das andere Geschlecht mutmaßte. Und wo er stellenweise ernsthaft philosophisch wird, bleibt sein weibliches Pendant eher oberflächlich platt. Dass "Cavewoman" dennoch unterhält, liegt vor allem an Ramona Krönke. Als verknautschter Meg-Ryan-Verschnitt reißt sie den Abend mit wunderbarem mimischen Talent heraus. Und vielleicht ist "Cavewoman" sogar das mutigere Stück, gerade weil es keineswegs die Harmonie der Gegensätze beschwört.

© SZ vom 17. Dezember 2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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