Bürgerversammlung:Volles Haus

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Medizintouristen am Arabellapark, Öffnungszeiten des Deutschen Museums, Verkehrsprobleme: 350 Bogenhauser formulieren bei der Bürgerversammlung ihre Sorgen und Forderungen

Von Ulrike Steinbacher, Bogenhausen

"Was geht denn hier ab?", fragte ein Zwölfjähriger erstaunt, als er mit seinen Freunden beim Spielen am Donnerstagabend über ein Tor in den Hof der Helen-Keller-Realschule kletterte und die lange Menschenschlange vor dem Eingang zur Turnhalle sah. "Bürgerversammlung" bekam er knapp zur Antwort. Etwa 350 Bogenhauser waren gekommen, um ihre Anliegen vorzubringen, so viele wie schon seit Jahren nicht mehr. Damit dafür genug Zeit blieb, fassten die Offiziellen sich kurz: Die Bezirksausschussvorsitzende Angelika Pilz-Strasser (Grüne) berichtete von den vielen geplanten Infrastrukturprojekten im 13. Stadtbezirk; Versammlungsleiter Hans Podiuk, der Vorsitzende der CSU-Stadtratsfraktion, sah im aktuellen Haushaltsloch der Stadt "tendenziell kein Einnahme-, sondern ein Ausgabeproblem"; Stefan Möhl von der Polizeiinspektion Bogenhausen führte aus, dass Bogenhausen statistisch gesehen doppelt so sicher sei wie München, das wiederum seinerseits die sicherste Großstadt Deutschlands sei.

Ganz ohne Ärger geht es trotzdem nicht, das machten gleich die ersten zehn Antragsteller deutlich. Sie alle klagten über "massive Probleme" mit Medizintouristen aus den Golfstaaten und forderten, die Stadt müsse mehr tun, um Kurzzeit-Vermietungen zu verhindern. Der Arabellapark in unmittelbarer Nachbarschaft zum Klinikum Bogenhausen sei ein Brennpunkt des Problems; Peggy Schön sprach von 40 bis 50 Fällen in ihrer Nachbarschaft. Bisher habe die Stadt aber nur zwei Nutzungsunterlassungen ausgesprochen. Für die Vermieter sei das "Geschäftsmodell sehr lukrativ", der Stadt gehe aber Wohnraum verloren. Zudem würden die Nachbarn leiden: Oft lebten acht bis zehn Mitglieder einer arabischen Großfamilie in einer Zwei- oder Drei-Zimmer-Wohnung, die Belegschaft wechsle alle paar Wochen. Es sei sehr laut, es gebe auch Drohungen: "Wie oft haben wir die Polizei geholt." Christine Wicht forderte schnellere Verbote von Zweckentfremdung, Ingeborg Lindner und Michael Funke drängten auf schärfere Strafen. "Wir haben genügend Hotels, und diese Gäste sind zahlungsfähig", fasste Peggy Schön zusammen. Die Bürgerversammlung votierte mit großer Mehrheit für die Anträge.

Breite Zustimmung fand auch Karoline Heinrich mit ihrer Forderung, Kreißsaal-Schließungen an städtischen Kliniken zu verhindern. Andernfalls entstünden Krankenhäuser "mit Riesendurchlauf, in denen Kinder auf die Welt kommen wie beim Semmelbacken". Hans Podiuk verwies jedoch auf die schlechte Finanzsituation der städtischen Kliniken, sie seien "noch immer nicht über den Berg".

Am Geld dürfte auch scheitern, was Martin Gilbert beantragte, dieses Jahr schon zum zweiten Mal. Er will längere Öffnungszeiten des Deutschen Museums, nämlich täglich von 8 bis 18 Uhr und einmal in der Woche bis 21 Uhr. In einem der bedeutendsten Museen der Welt müsse dies möglich sein. Allerdings hatte die Museumsleitung schon 2014 mitgeteilt, dass dafür Geld und Personal fehlten. Gegenwärtig ist das Deutsche Museum täglich von 9 bis 17 Uhr geöffnet. Bessere Chancen hat Gilberts Antrag auf längere Öffnungszeiten im Kreisverwaltungsreferat: Da seien gerade 70 neue Planstellen beschlossen worden, sagte Podiuk.

Breiten Raum nahm das Thema Verkehr ein. Das Verkehrskonzept Prinz-Eugen-Park etwa, von den Stadtplanern monatelang erarbeitet, kommt bei den Nachbarn nicht gut an. Es wurde im Sommer umgesetzt, seitdem sind Wahnfriedallee, Lohengrin- und Wesendonkstraße in Einbahnstraßen umgewandelt oder für den Verkehr gesperrt. Dies soll das Wagner-Viertel vor einer Autolawine schützen, wenn die Bauarbeiten für das Wohngebiet Prinz-Eugen-Park beginnen. Doch es gibt Widerstand: Ursula Stroell und Ladislav Pely bekamen knappe Mehrheiten für ihre Anträge, die Regelungen zurückzunehmen. "Alle, die da wohnen, sind schon genug beeinträchtigt von der Straßenbahn", sagte Pely, "alle 50 Meter kommt eine rote Ampel." Dennoch fand auch die Idee von Jürgen Oberlechner Zustimmung, an allen Tram-Haltestellen bis St. Emmeram zusätzlich Auffangampeln zu installieren, um die Fußgänger besser zu schützen. Michael Winklers Antrag, einen Radweg von Daglfing nach Trudering anzulegen, bekam ebenfalls eine Mehrheit.

Umstritten bleibt, ob im nördlichen Herzogpark ein Spielplatz gebaut wird. Knapp 30 Anwohner fordern ihn seit Jahren, bei der Bürgerversammlung setzten sich jetzt aber die Gegner mit knapper Mehrheit durch. Barbara Darsow sah angesichts des Parks rundherum "keinen Bedarf", Wolfram Döring forderte den Erhalt der Wiese an der Fontanestraße, auf der er schon als Kind gespielt habe. Für das Baureferat antwortete Wolfgang Mesenich, dass die Entscheidung beim Bezirksausschuss liege: "Da halte ich mich komplett raus."

© SZ vom 24.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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