Buchtipp:Fernes Japan

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Christine Wunnicke: Nagasaki, ca. 1642 (Berenberg 2020, 112 Seiten, broschiertes Buch 14 Euro, E-Book 10,99 Euro) (Foto: N/A)

Christine Wunnickes feine Novelle "Nagasaki, ca. 1642"

Von Isabell Schirra

"Nagasaki, ca. 1642" - so klar wie der Titel von Christine Wunnickes Novelle anmutet, so unklar ist unsere Vorstellung von dieser Zeit, dieser Kultur. Muss sie auch sein, schließlich hat sich Japan im 17. Jahrhundert fast vollständig isoliert. Nur die niederländische Ostindien-Kompanie darf auf Deshima, einer Insel vor Nagasaki, Handel treiben. Aber selbst die "Orandesen" haben kein genaues Bild ihrer Handelspartner, die "Japonesen" bleiben ein Rätsel.

So wundert sich auch der junge "Dolmetsch" Abel van Rheenen, warum er mittlerweile "sechs japonesische Wörter für die Liebe" kennt und doch keines seine Beziehung zum Inspektor Seki Keijiro beschreibt. Der war einst ein berühmter Krieger, da im Land jedoch Frieden herrscht, langweilt er sich schrecklich. Also lässt er sich zum Inspektor ernennen, vor allem, weil er noch eine Rechnung mit den "Orandesen" offen hat: Yuudai, sein Mentor und Liebhaber, starb einst durch die Fehlzündung einer niederländischen Kanone. Seit fast vier Jahrzehnten will Keijiro Yuudai sich rächen. Doch weil man sich schlecht an einer Kanone rächen kann, soll Abel herhalten. Das Problem: Er mag Abel. Und Abel mag ihn. Und vielleicht ist "ich mag dich" auch nur wieder "so ein Wort für die Liebe, das zu fast keiner Sachlage passte".

Erstmals erschienen ist diese wundersame Geschichte einer schicksalhaften Begegnung 2010 in der Edition Epoca. Der Berenberg Verlag hat sie jetzt neu herausgebracht. In bunten Farben schillert das Cover: rot, rosa, violett und blau. Ein Sinnbild für eine Geschichte, die kein grau kennt, nur bunt und bunter. Einer Geschichte, die durch fein verwobene historische Details das Bild eines sehr fernen Japans entstehen lässt. Die anhand dieses ungleichen Paares die feinen Facetten von Kultur, Sprache, Liebe, Sexualität und Schuld poetisch nachzeichnet und dabei herrlich ambivalent, fast ätherisch bleibt. Christine Wunnicke hat bekanntlich ein Händchen für ungewöhnliche Erzählstoffe. Dieser hier lässt einen erfrischt und verwundert zurück.

© SZ vom 20.03.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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