Bowling:Der Ball rollt

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Der BK München kämpft um die deutsche Bowling-Meisterschaft - es fehlen nur Kapitän Tobias Börding und eine Heimbahn.

Von Sebastian Winter, München

Tobias Börding hat ein besonders starkes Verhältnis zu Bällen. Denn jene, mit denen er es zu tun hat, sind wirklich außerordentlich schwer. Sie eignen sich weder dazu, sie ins Tor zu köpfeln (sehr schmerzhaft!) noch sie am Gegner vorbei zu dribbeln. Sie mit Schlägern über ein Netz zu spielen? Unmöglich.

Börding ist Bowlingprofi, einer der besten in Deutschland, sein Arbeitsgerät wiegt satte 7,5 Kilo. An diesem Wochenende hätte er mit seinem Klub BK München eigentlich einen sehr wichtigen Einsatz in der Bundesliga, der vorletzte Spieltag einer ereignisreichen Saison steht an. Börding kann aber nicht, er tourt gerade durch die USA, am Dienstag ist er nach Las Vegas zu zwei bedeutenden Profiturnieren geflogen. Bowling ist eine Nummer in den USA, "viel größer als in Deutschland", sagt Börding. Die Turniersieger erhalten dort 60 000 Dollar Preisgeld, manch Profi ist durch seinen Sport Millionär geworden.

Börding studiert Luft- und Raumfahrttechnik. Immerhin kann er sein Studium mit Bowling finanzieren, auch international ist er auf einem guten Weg: 2017 hat er bei der Weltmeisterschaft in Las Vegas Bronze gewonnen, dazu dreimal Silber und einmal Bronze bei Europameisterschaften. Inzwischen reist Börding mit seinem Nationalmannschaftskollegen Pascal Winternheimer um die Welt, auch jetzt in die USA, um sich auf der World Series of Bowling zu etablieren. Und vom Spiel der besten Profis zu lernen.

Womöglich ist der 27-jährige Teamkapitän der Münchner auch Ende März noch nicht aus Übersee zurück, wenn sie die Saison in Stuttgart-Feuerbach beschließen. Dabei kämpfen sie noch um die deutsche Meisterschaft, es wäre ihre erste überhaupt. Börding drückt aus der Ferne seine Daumen.

Der BK München - nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen Rassehundezuchtverein - wurde am 1. Juli 2011 gegründet. Damals fusionierten der BC Bayerland, in dessen Jugend auch Tobias Börding und sein Bruder Daniel gespielt haben, und Münchner Kindl zum neuen Verein. "Das Kindl galt als etwas überaltert, Bayerland als jugendlicher, beide Klubs fanden auch deshalb den Zusammenschluss sehr sinnvoll", sagt Peter Börding, der Vater von Tobias und Daniel, der zugleich Erster Vorsitzende des BK München ist: "Die Zusammenarbeit klappt sehr gut."

Drei Frauen- und fünf Männermannschaften spielen beim BK, sie trainieren im Isar Bowling in der Nähe des Grünwalder Stadions oder im 5005-Bowling in Olching. Der Stolz des Vereins sind natürlich die Bundesliga-Herren. Sie sind dort der einzige bayerische Männer-Vertreter - und haben einen rasanten Aufstieg hinter sich: 2016 sind sie in die Bayernliga aufgestiegen, 2017 in die zweite Liga, 2018 in die erste Liga - ein glatter Durchmarsch. 2019 schafften sie den Klassenerhalt, mit dem zurückgekehrten Tobias Börding, der vorher in Regensburg und Kassel, dem einstigen FC Bayern des Bowling, schon erste Liga spielte. Nach den ersten drei Spieltagen der aktuellen Saison führte der BK München die Tabelle an. Mitte Februar, am vierten Spieltag im friesländischen Städtchen Schortens, schwächelten sie, inklusive Tobias Börding, und fielen auf Rang drei zurück, hinter dem BC Hanseat und Chemie Premnitz. Am kommenden Wochenende nun müssen die Bowling-Bälle (bloß nicht Kugel!) für die Münchner im Berliner Wedding beim fünften und vorletzten Spieltag (bei dem sich wie gewohnt alle zehn Klubs duellieren) wieder besser über den üblichen Ölfilm rutschen, damit BK noch Chancen auf den Titel hat.

Es wäre eine bowlingballdicke Überraschung, denn der Sport hat einige Tradition in München, die ganz großen Erfolge sind aber schon eine Weile her. 2003 wurde der BC Delphin München als letzter bayerischer Männer-Bundesligist deutscher Meister, bei den Frauen gelang dieses Kunststück Lucky Striker Regensburg in den Jahren 2007, 2009 und 2010. Nun kämpft nach langer Zeit wieder einmal ein Bowlingverein aus München um den DM-Titel, allerdings ohne den besten Mann.

Für Tobias Börding rückt nun Daniel nach, sein Bruder, der eigentlich im Bayernligateam spielt und lange Zeit Hüftprobleme hatte. Vor seiner Verletzung war er schon Teil der achtköpfigen Mannschaft, die zur Hälfte aus München und Umland stammt, die andere Hälfte kommt aus Regensburg, Ingolstadt, Ulm und Nürnberg. "Ich traue uns da schon noch was zu", sagt BK-Spieler Michael Eisenmann.

Schade nur für die Münchner, dass der letzte Spieltag Ende März nun in Stuttgart stattfindet, und nicht im Unterföhringer Dream Bowl Palace, Europas größtem Bowlingcenter. Streitigkeiten mit dem Dachverband Deutsche Bowling Union über die finanzielle Abrechnung der Europameisterschaft 2019 führten zum Bruch der Heimanlage des BK München mit dem Verband. Vorerst finden in Unterföhring daher keine Spitzensport-Veranstaltungen mehr statt.

Kein Saisonabschluss zu Hause, kein Kapitän an Bord: Widrige Umstände sind das für den BK. Andererseits: Für einen Klub, der vor drei Jahren noch Bayernliga spielte, ist es nicht die schlechteste Aussicht, kurz vor Schluss reelle Chancen auf den Titel zu haben.

© SZ vom 06.03.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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